Wenn die Tankfüllung zweimal berechnet wird
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K-Tipp 12/2001
20.06.2001
Visa, Eurocard und Co. machen unzulässige Nachbelastungen
Überraschung nach den Ferien: Das Hotel hat via Kreditkarte noch zwei Flaschen aus der Minibar belastet, der Autovermieter eine Tankfüllung. Der K-Tipp sagt, wie Sie sich wehren und wie Sie dem vorbeugen können.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Die Strassenblockaden der französischen Bauern hatten sämtliche Tankstellen in der Region trocken gelegt. Wie also sollten Corinne und Ronald Amac...
Visa, Eurocard und Co. machen unzulässige Nachbelastungen
Überraschung nach den Ferien: Das Hotel hat via Kreditkarte noch zwei Flaschen aus der Minibar belastet, der Autovermieter eine Tankfüllung. Der K-Tipp sagt, wie Sie sich wehren und wie Sie dem vorbeugen können.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Die Strassenblockaden der französischen Bauern hatten sämtliche Tankstellen in der Region trocken gelegt. Wie also sollten Corinne und Ronald Amacher das gemietete Avis-Auto von Les Baux zum 100 Kilometer entfernten Flughafen Marseille zurückbringen?
«Wir fragten vor Ort bei Avis an, ob wir das Auto gegen eines mit vollem Tank tauschen können», erzählt Corinne Amacher, «aber sie sagten uns, sie hätten auch kein voll getanktes Fahrzeug mehr. Schauen Sie selber!»
Wohl oder übel liess das Paar aus Zollikon ZH den Renault Safrane im Hotel stehen und nahm ein Taxi zum Flughafen. Dort informierte es die Avis-Vertretung. Das war am 8. September 2000.
Zehn Tage später folgte die Quittung in Form der Visa-Monatsrechnung der UBS. Diese enthielt eine Nachbelastung von Avis über 400 Franken, ein Viertel davon fürs Abholen des Autos im Hotel.
Ärger mit Nachbelastungen sind «daily business»
Corinne Amacher, die mit der Kreditkarte bereits im Voraus 1000 Franken für die Fahrzeugmiete bezahlt hatte, fragte sich: «Darf Visa diesen Betrag einfach belasten, obwohl ich dafür keinen Beleg unterschrieben habe?»
Probleme mit Nachbelastungen trotz fehlender Unterschrift sind bei den Kreditkartenfirmen ein Dauerbrenner. «Das ist daily business», bestätigt Felix Oeschger, Sprecher des UBS Card Centers.
Dabei geht es meist um Folgendes:
- Ein Hotel verrechnet einem Gast nach der Abreise via Kreditkarte Bezüge aus der Minibar.
- Eine Autovermietung belastet im Nachhinein Benzinkosten, weil der Mieter das Fahrzeug angeblich mit leerem Tank zurückgebracht hat. Oder sie verlangt das Geld für eine Verkehrsbusse.
Die Rechtslage ist in solchen Fällen klar: Die Nachbelastung ist unzulässig.
«Es fehlt an der so genannten Anweisung, also an der Ermächtigung des Karteninhabers an die Kartenfirma, einen bestimmten Betrag zu belasten», erklärt der Berner Rechtsprofessor Thomas Koller. «Ohne das vorgängige Einverständnis des Kartenbesitzers dürfen die Firmen nichts verrechnen.»
Die Folge: Kreditkartenorganisationen dürfen selbst dann keine nachträgliche Belastung vornehmen, wenn der Reisende tatsächlich am letzten Ferientag noch in die Minibar gegriffen oder das Mietauto mit leerem Tank zurückgegeben hat.
In diesem Fall sollten sich Konsumentinnen und Konsumenten allerdings nicht zu früh freuen. Denn Hotel oder Autovermieter können sie direkt belangen. Kreditkartenbesitzer tun deshalb gut daran, Belastungen für tatsächlich bezogene Leistungen zu begleichen.
Wer eine Nachbelastung hingegen als ungerechtfertigt erachtet - und dafür nicht unterschrieben hat -, kann die Bezahlung mit gutem Gewissen verweigern und den entsprechenden Betrag von der Rechnung abziehen.
Das ist in vielen Fällen auch nötig. Denn falsche Abrechnungen von Hotels und Mietwagenfirmen sind häufig. Und die grossen Kartenherausgeber UBS, CS, Cornèr Bank, Viseca, American Express und Diners Club setzen ihren Kunden munter Beträge auf die Rechnung, die diese nie akzeptiert haben.
«Das ist die einzig praktikable Lösung, weil es im Vergleich zum Hauptbetrag um sehr kleine Beträge geht», rechtfertigt Jean-Marc Hensch, Sprecher von Swisscard, einem Gemeinschaftsunternehmen von CS und American Express, die rechtswidrige Branchenpraxis.
Kunden haben Ärger und Umtriebe
Zwar stornieren die meisten Kartenfirmen in der Regel Nachbelastungen, wenn der Kunde innert 30 Tagen reklamiert und das Hotel oder die Autovermietung den Bezug nicht beweisen kann. Ärger und Umtriebe haben die Kunden aber trotzdem.
So müssen UBS-Kunden nicht nur reklamieren, sondern auch schriftlich bestätigen, dass sie den Whisky aus der Minibar nicht getrunken oder das Auto voll getankt zurückgebracht haben.
Viele Fälle würden sich jedoch schon vorher erledigen, beschwichtigt UBS-Sprecher Oeschger, «nämlich dann, wenn der Kunde erfährt, wofür die nachträgliche Belastung überhaupt ist. Automieter sehen dann zum Beispiel aus der vorgelegten Vertragskopie, dass sie am Ferienort noch eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen haben.»
Nicht so viel Federlesens macht da die Cornèr Bank. Nachträgliche Belastungen seien «grundsätzlich erlaubt», schreibt Bankchef Peter Brem dem K-Tipp. «Akzeptiert der Karteninhaber eine Abrechnung nicht, muss er laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Hotel oder die Autovermietung direkt kontaktieren und eine Einigung treffen.»
Im Klartext: Der Kunde soll die Kreditkartenrechnung bezahlen und versuchen, das Geld beim Hotel oder Autovermieter zurückzuholen.
Vertragsklausel gilt nicht für Nachbelastungen
Auch andere Kartengesellschaften berufen sich gern auf eine Klausel im klein Gedruckten, wonach Streitigkeiten mit dem Vertragspartner (Hotel, Autovermietung) den Kunden nicht von der vollständigen Bezahlung der Rechnung entbinden.
Bloss: Solche Klauseln sind laut Rechtsprofessor Thomas Koller auf nachträgliche Belastungen gar nicht anwendbar. «Sie kommen nur zum Zug, wenn der Kunde eine Belastungsermächtigung erteilt hat, zum Beispiel mit seiner Unterschrift auf dem Kartenabdruck oder durch Eingabe des Pin-Codes.» Das sei aber bei Nachbelastungen gerade nicht der Fall.
Trotzdem beharrte die UBS gegenüber Corinne Amacher auf der Bezahlung der Abholgebühr für das Mietauto. «Wir schlagen Ihnen vor, sich direkt mit Avis in Verbindung zu setzen», wimmelte die Bank ihre Kundin ab.
Das tat Amacher. Doch auf zwei eingeschriebene Briefe erhielt sie keine Antwort. Erst als sich nach über drei Monaten der K-Tipp einschaltete, gab der Autovermieter Gas - und schrieb die Abholkosten wieder gut.
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Ungerechtfertigte Nachbelastungen abziehen!
So vermeiden Sie, dass Sie nach den Ferien grundlos belangt werden:
Am Ferienort
- Geben Sie allfällige Minibar-Konsumationen am Abreisetag an und verlangen Sie eine detaillierte Rechnung.
- Bringen Sie einen Mietwagen immer voll getankt zurück und lassen Sie sich Benzinstand, gefahrene Kilometer, Zustand des Fahrzeugs, Datum und Uhrzeit schriftlich bestätigen.
- Kontrollieren Sie die Endabrechnung von Hotel oder Mietwagenfirma genau. Achten Sie darauf, dass im Voraus bezahlte Beträge und Gutscheine abgezogen sind.
- Wenn Sie eine Hotelreservation telefonisch absagen, verlangen Sie unbedingt eine Annullationsnummer und notieren Sie den Namen Ihres Gesprächspartners. Noch besser annullieren Sie per Fax (Sendebericht aufbewahren!).
- Bewahren Sie Kreditkartenbelege, Auto-mietverträge und Hotelrechnungen mindestens drei Monate lang auf.
Wieder zu Hause
- Vergleichen Sie die einzelnen Positionen Ihrer Kreditkartenrechnung mit den unterschriebenen Belegen. Bei Unstimmigkeiten reklamieren Sie sofort, spätestens aber innert 30 Tagen. Fragen Sie im Zweifelsfall nach, wofür eine Belastung ist.
- Weisen Sie ungerechtfertigte Nachbelastungen zurück - am besten schriftlich. Teilen Sie der Kreditkartenfirma mit, dass Sie keine Ermächtigung erteilt haben, den fraglichen Betrag zu belasten.
- Lassen Sie sich nicht an den Vertragspartner (Hotel, Autovermietung) abschieben. Für die Frage, ob eine gültige Belastungsermächtigung vorliegt oder nicht, ist allein das Kartenunternehmen zuständig.
- Ziehen Sie ungerechtfertigte Nachbelastungen von der Rechnung ab und zahlen Sie nur den unbestrittenen Teil.
- Verzichten Sie auf das so genannte Lastschriftverfahren (LSV), bei dem Sie dem Kreditkartenunternehmen im Voraus erlauben, den Rechnungsbetrag jeweils direkt Ihrem Bankkonto zu belasten.
Auto-miete - Blanko? Nein danke!
Die Praxis vieler Autovermieter, vom Kunden sicherheitshalber eine Blankounterschrift auf dem Kreditkartenabzug zu verlangen, stösst selbst bei den Kartenorganisationen auf wenig Gegenliebe.
«Ich unterschreibe nie blanko», verkündete Viseca-Chef Hans Willi schon vor drei Jahren im K-Tipp. Und auch Peter Brem, Chef der Cornèr Bank, rät, «auf keinen Fall» blanko - also ohne eingesetzten Betrag - zu unterschreiben.
Doch das ist einfacher gesagt als getan. Denn bei vielen Autovermietern gilt die Devise: Ohne Unterschrift kein Auto.
Was also tun, wenn man sich dem Autovermieter nicht vollständig ausliefern will?
- Verlangen Sie, dass der Vermieter auf dem Abdruck einen bestimmten Betrag einsetzt, der alle möglichen Kosten (Miete, Selbstbehalt der Versicherung etc.) deckt.
- Wenn der Vermieter auf einer Blankounterschrift besteht, schreiben Sie das Wort «blanko» auf den Abdruck und nehmen Sie die Kundenkopie mit, damit Sie die Blankounterschrift notfalls beweisen können. «In diesem Fall würden wir bei einem Streit nicht zu Gunsten des Autovermieters entscheiden», versichert UBS-Sprecher Felix Oeschger.
- Achten Sie darauf, dass der Abdruck mit Ihrer Blankounterschrift nach der Rückgabe des Autos vernichtet wird.