Wenn Rasierer die Klingen kreuzen
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K-Tipp 14/2002
04.09.2002
Mit dem Mach3 von Gillette platzierte sich der Rolls-Royce unter den Nassrasierern zwar ganz vorne. Aber der punktgleiche Wilkinson Protector kostet nur die Hälfte.
Patrick Gut pgut@ktipp.ch
Knapp einen Kilometer Barthaare schneidet sich ein Schweizer Durchschnittsmann im Laufe seines Lebens ab. Dafür wendet er mehr als 3300 Stunden auf. Gut 60 Prozent aller Männer rasieren sich lieber nass, der Rest schwört auf die Trockenrasur mit einem Rasierapparat.
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Mit dem Mach3 von Gillette platzierte sich der Rolls-Royce unter den Nassrasierern zwar ganz vorne. Aber der punktgleiche Wilkinson Protector kostet nur die Hälfte.
Patrick Gut pgut@ktipp.ch
Knapp einen Kilometer Barthaare schneidet sich ein Schweizer Durchschnittsmann im Laufe seines Lebens ab. Dafür wendet er mehr als 3300 Stunden auf. Gut 60 Prozent aller Männer rasieren sich lieber nass, der Rest schwört auf die Trockenrasur mit einem Rasierapparat.
Doch mit welcher Klinge rückt man «dem Besten im Mann» am effektivsten zu Leibe? Der K-Tipp liess 19 der meistverkauften Nassrasierer für Männer von der Innerschweizer Messerschmiede Victorinox testen.
In der Auswahl waren sowohl auswechselbare Klingen, die sich auf Halter montieren lassen, als auch Wegwerfrasierer. Die Schweizer Männer lassen sich die Nassrasur etwas kosten. Im Jahr 2001 gaben sie für Rasierklingen mehr als 50 Millionen Franken aus.
Victorinox hat die Geräte sowohl einer praktischen wie einer technischen Prüfung unterzogen. Kernstück war der Praxistest durch fünf Männer - alles Angestellte von Victorinox. Sie testeten die Rasierer im täglichen Gebrauch. Dabei konzentrierten sie sich auf vier Kriterien:
- Schneideverhalten: Wie sauber wird die Rasur? Muss man dieselbe Stelle mehrmals rasieren?
- Führung: Passt sich der Kopf des Rasierers an die Gesichtskonturen an?
- Reinigung: Kann man die Klingen im Wasser problemlos von abgeschnittenen Stoppeln befreien?
- Handlichkeit: Ist der Klingenwechsel einfach? Ist der Griff handlich?
Vier Wegwerfmodelle rasieren nicht sauber
Beim Schneideverhalten hatte der Mach3 von Gillette die Nase vorn. Dieser Rasierer ist eines von drei Geräten mit drei Klingen (neben Men's Look 3 Flex und Men's Look Top 3). Mit Fr. 2.49 für eine Ersatzklinge ist er aber das teuerste Gerät im Test.
Mit «ungenügend» schnitten in diesem Teilkriterium vier Wegwerfrasierer ab: der Doppelklingenrasierer Ultra Glide Strip von der Migros-Eigenmarke Men's Look (Hersteller: Bic), Bic Sensitive, der identische Men's Look Klingenrasierer sowie den Men's Look Top 3.
Erstaunlich war vor allem das magere Abschneiden des Top 3, zumal es sich bei diesem Gerät um einen 3-Klingen-Rasierer handelt. Mit 36 Punkten erzielte er beim Reinigen das schlechteste Teilresultat im ganzen Test. «Der Top 3 ist auf Sanftheit getrimmt», sagt der zuständige Migros-Produktmanager Marcel Frauchiger dazu. Um eine grösstmögliche Sanftheit zu gewährleisten, seien die drei Klingen sehr nahe hintereinander platziert. Das könne sich negativ auf die Reinigung auswirken.
Den Gesichtskonturen passten sich die Schwingkopfrasierer von Wilkinson am besten an. Im Kriterium «Führung» waren sie damit sogar leicht besser als das Spitzenmodell von Gillette. Ohne Chance blieben wiederum die Wegwerfrasierer. Der Blue II Plus Slalom von Gillette - einer der wenigen Wegwerfrasierer mit beweglichem Kopf - schnitt als Einziger gut ab. Knapp genügend war immerhin noch der Men's Look Top 3. Und knapp ungenügend war das dritte Wegwerfmodell mit beweglichem Kopf, der Bic Softwin.
Zum Gesamturteil für die Einklingen-Wegwerfrasierer Bic Sensitive und dem identischen Men's Look Klingenrasierer meint Verkaufs- und Marketingleiter Walter Nozza: «Dieses Urmodell des Einklingenrasierers entspricht einem Bedürfnis, sonst würden nicht 8 Millionen Stück pro Jahr über den Ladentisch gehen.»
Gillette stellt fest, dass «die K-Tipp-Testresultate nicht mit den Resultaten der eigenen Tests übereinstimmen». Bevor Gillette ein neues Modell auf den Markt bringe, müsse sich dieses in Praxistests als deutlich besser erweisen als die Vorgängermodelle aus dem eigenen Haus.
Wer sich nass rasiert, weiss: Ab und zu endet die Sache blutig. Bei den Testpersonen war das nicht anders. Auch sie haben sich geschnitten. Und zwar jeweils einmal mit den Rasierern Gillette Contour Plus, Men's Look 3 Flex, Men's Look Schwingkopfrasierer, Gillette Blue II Plus Ultra Grip, Bic Sensitive und dem identischen Men's Look Klingenrasierer.
Testleiter Markus Bürgler: «Die fünf Männer haben sich jeweils beim ersten Durchgang geschnitten.» Bürgler schätzt, dass man sich mit Einklingenrasierern eher verletzt als bei Modellen mit zwei oder drei Klingen. Aber: «Bei Einklingenrasierern passt man automatisch besser auf.»
Die technische Prüfung meisterten sämtliche Rasierer anstandslos. Hier wurden Stahlhärte und Schärfe der Klingen ermittelt. Eine Klinge darf nicht zu weich sein, weil sie sonst anfälliger ist auf Verschleiss und Deformationen. Ist der Stahl aber zu hart, kann die Klinge brüchig werden.
Zweites wichtiges Kriterium ist die Schärfe der Klinge. Um diese zu beurteilen, musste die Klinge mit einem kontinuierlichen Schnitt einen Kunststoffstreifen schneiden. Gemessen wurde der Druck, der für den Schnitt nötig war. Je mehr Druck, desto weniger scharf ist die Klinge. Ein Druck von 170 Gramm galt als «genügend»; 150 bis 160 Gramm ergaben die Note «gut»; 130 oder 140 Gramm die Note «sehr gut».
Obschon durchwegs genügend, verspielte der Gillette Mach3 in der technischen Prüfung den alleinigen Gesamtsieg. Der Wilkinson Protector und der Wilkinson Protector 3D Diamond waren härter und schärfer. So vermochten sie in der Totalpunktzahl zum Mach3 von Gillette aufzuschliessen. Mit dem Testresultat lässt sich der Preis von Fr. 2.49 für eine Ersatzklinge gegenüber Fr. 1.18 beim punktgleichen Wilkinson Protector nicht rechtfertigen.
In jedem Fall positiv fiel die Beurteilung hinsichtlich Verschleiss aus: Sämtliche Klingen wiesen ab Werk eine einwandfreie Schneidefläche auf. Die Tester fanden unter 200facher Vergrösserung keine Scharten. Und auch nach zweimaligem Gebrauch waren lediglich minime Verformungen zu erkennen.
Fazit: Die Wegwerfrasierer schneiden allesamt schlechter ab als die Konkurrenzprodukte mit den auswechselbaren Köpfen. Und: Mehr Klingen bringen nicht automatisch das bessere Resultat.
Auf den Spitzenplätzen liegen zwei Modelle mit zwei Klingen. Durchgefallen ist ein Rasierer mit drei Klingen.
Nass rasieren - aber richtig
- Trockene Barthaare können sehr zäh sein. Was ein feuchtwarmer Waschlappen bewirkt, ist dennoch erstaunlich: Lassen Sie den Barthaaren zwei Minuten Zeit, Feuchtigkeit aufzunehmen - und es braucht für das Schneiden zwei Drittel weniger Kraft.
Ausserdem öffnen sich durch diese Behandlung die Hautporen und die Haare stellen sich auf. Eine heisse Dusche bringts auch: erst duschen, dann nass rasieren.
- Bevor Sie zur Klinge greifen: Feuchten Sie das Gesicht an und seifen Sie es mit Rasierschaum oder Gel ein. Das hält die Barthaare während der Rasur feucht und weich. Ausserdem bildet der Schaum eine Gleitschicht für die Klinge.
- Rasieren Sie Wangen und Hals zuerst. Die Barthaare um Kinn und Mund sind stärker und brauchen etwas länger, um Feuchtigkeit aufzunehmen.
- Führen Sie die Klinge immer in Haarwuchsrichtung. Die Haare werden so sauberer abgeschnitten und wachsen nicht ein. Ausserdem reissen Sie die Haut weniger auf.
- Halten Sie den Rasierer sauber: Reinigen Sie das Gerät nach jeweils zwei bis drei Strichen gründlich. Schwenken Sie die Klinge in warmem Wasser. Weder mit einer Bürste noch einem Tuch oder mit den Händen reinigen. Das zerstört bloss die Klinge.
- Waschen Sie das Gesicht zum Abschluss mit kaltem Wasser, dadurch können sich die Poren wieder schliessen.
- Herkömmliche alkoholhaltige After-Shaves trocknen die Haut aus. Ein Balsam hält sie feucht.
Nass oder trocken rasieren? Das sind die Vor- und Nachteile
Für die meisten Männer ist die Wahl, sich trocken oder nass zu rasieren, Glaubenssache. Es gibt aber durchaus objektive Argumente. Der K-Tipp hat sich mit Ralph Trüeb, leitender Arzt der Dermatologischen Klinik des Unispitals Zürich, über die beiden Rasiermethode unterhalten.
Vorteile der Nassrasur
- Da immer auch die oberste Hornhautschicht entfernt wird, wirkt die Nassrasur wie ein Peeling. Die Haut fühlt sich danach glatter und sanfter an.
- Bei Neigung zu fettiger Haut kommt es weniger zu Unreinheiten, weil überschüssiger Talg gleich mitentfernt wird.
Die Nachteile
- Nassrasur trocknet die Haut eher aus.
- Man braucht mehr Zeit.
Vorteile der Trockenrasur
- Es gibt keine Schnittwunden.
- Man kann sich problemlos und schnell zwischendurch rasieren.
- Die Haut wird weniger strapaziert als beim Nassrasieren.
- Die Barthaare werden stumpf abgeschnitten. Es kommt also weniger zu eingewachsenen Barthaaren.
Nachteile der Trockenrasur
- Mangelndes Frischegefühl.
- Elektrische Rasierer sind weniger gründlich, weil sie die Haare nicht so dicht an der Haut kappen wie Nassrasierer.