Wenns brennt, wird die Disco zur Todesfalle
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K-Tipp 11/2000
31.05.2000
Brandschutz: Partygänger riskieren in Bars, Discos und Szene-Lokalen ihr Leben - und kaum jemand schreitet ein.
Zu enge Fluchtwege und verschlossene Notausgänge: Viele Betreiber von Lokalen kümmern sich kaum um die Sicherheit ihrer Gäste. In Bern hat die Feuerpolizei "praktisch überall" Mängel festgestellt.
Für Brandschutz-Experte Jörg Bischoff steht fest: "In der Schweiz haben wir bisher Glück gehabt." Denn: "Ein Discobrand mit 60 Toten wie vor zwei Jahren in G...
Brandschutz: Partygänger riskieren in Bars, Discos und Szene-Lokalen ihr Leben - und kaum jemand schreitet ein.
Zu enge Fluchtwege und verschlossene Notausgänge: Viele Betreiber von Lokalen kümmern sich kaum um die Sicherheit ihrer Gäste. In Bern hat die Feuerpolizei "praktisch überall" Mängel festgestellt.
Für Brandschutz-Experte Jörg Bischoff steht fest: "In der Schweiz haben wir bisher Glück gehabt." Denn: "Ein Discobrand mit 60 Toten wie vor zwei Jahren in Göteborg kann auch bei uns passieren. Jeden Tag."
Bischoff weiss, wovon er spricht. Im Auftrag der Gebäudeversicherung hat er mit andern Fachleuten in den letzten drei Monaten gezielt über 100 Restaurants, Bars, Discos und In-Lokale der Stadt Bern auf ihre Sicherheit geprüft und "praktisch überall Mängel festgestellt" (siehe Kasten).
Das ist schlimm, denn einige der Mängel wiegen schwer - im Ernstfall könnten sie dutzende von Menschenleben kosten. Insbesondere betrifft das schlecht signalisierte, zu enge oder mit Material verstellte Fluchtwege und verschlossene Notausgänge. Bischoff: "Wenn ein solches Lokal mit Gästen voll gestopft ist, wenn Feuer und dann auch noch eine Panik ausbricht, kommt dort kaum jemand mehr heil heraus."
Besonders erschreckend: Auch in St. Gallen, Basel, Luzern, Aarau, Winterthur und Zürich ist die Situation nicht besser. Bei Kontrollen stossen Feuerpolizisten immer wieder auf Todsünden im Sicherheitsbereich. Im Falle eines Feuers riskieren Partygänger in vielen Bars und Discos ihr Leben - und nicht wenigen Betreibern von gut besuchten In-Lokalen ist das egal.
"Das Portemonnaie ist ihnen halt näher als die Sicherheit ihrer Gäste", bedauert Bruno Hinnen von der Stadtzürcher Feuerpolizei. Der Grund: Guter Brandschutz kostet viel Geld. Kein Wunder, funktioniere das vom Gesetz vorgesehene "Prinzip der Selbstverantwortung" mehr schlecht als recht, meint er.
Dagegen helfen auch die regelmässigen Kontrollen der Feuerpolizei in einschlägigen Etablissements oft so gut wie nichts. "Wir kontrollieren, wir reklamieren - und kaum sind wir draussen, haben die Wirte alles wieder vergessen", klagt Brandschützer Hans Schneeberger vom Aargauer Versicherungsamt. "Sie glauben fest daran, dass bei ihnen nie etwas passieren wird."
Zumindest die Statistik gibt ihnen Recht. Alle Brände in Schweizer Vergnügungslokalen sind bisher glimpflich verlaufen. Doch Feuer ist ein heimtückischer Dämon. Er hat Geduld und kann die Menschen lange Zeit in Sicherheit wiegen, bevor er zuschlägt. Und: "Es muss kein Feuer sein", sagt Peter Zgraggen, einziger Feuerpolizist der Stadt Luzern. "Es genügen Tränengas, falscher Alarm oder Stromausfall - und die Gäste geraten in Panik." Sind die Notausgänge dann nicht frei, ist die Katastrophe vorprogrammiert. "Menschen in Todesangst werden zu Tieren."
Wie einige seiner Kollegen aus andern Städten lässt Zgraggen durchblicken, dass er mit den Vollzugsbehörden wie der Gewerbepolizei nicht immer glücklich ist: "Sie tun sich schwer damit, Lokale mit groben Sicherheitsmängeln zu schliessen."
In Bern soll das anders werden. Die beanstandeten Lokale müssen ihre Sicherheitslücken in den kommenden Monaten schliessen. Nachkontrollen sind angesagt. Pasquino Bevilacqua, Chef der Berner Gewerbepolizei: "Wer unsere Auflagen nicht erfüllt, wird die Konsequenzen tragen müssen."
Ganz besonders treffe das die in Mode gekommenen illegalen Bars und Discos. "Wenns schlimm ist, schliessen wir sie während unserer Kontrollen noch an Ort und Stelle."
Kasten: Gefahrenquellen
Berner Beizen: Fast überall gibt es Sicherheitsmängel
In deutlich mehr als der Hälfte von über 100 Stadtberner Restaurants, Bars, Discos und In-Lokalen ist es im Brandfall um die Sicherheit der Gäste schlecht bestellt. Das ist das Ergebnis einer genauen Untersuchung der Feuer- und Gewerbepolizei. Die Mängel müssen - sofern baulich möglich - in den nächsten Monaten behoben werden.
Die Prozentzahl zeigt, in wie vielen der getesteten Lokale die beanstandete Gefahrenquelle vorhanden ist.
Sicherheits- und Fluchtwegbeleuchtung: Fehlend, defekt oder - wo vorgeschrieben -