Inhalt
K-Tipp 14/2000
06.09.2000
Energieabgaben Haushalte können profitieren, indem sie mit Energie rationeller umgehen
Für die Gegner steht fest: Bei einem Ja zu den Energieabgaben müssen Privathaushalte tiefer als bisher in die Kasse greifen. Das trifft zu - aber nur für jene, die Energie partout nicht rationeller nutzen wollen.
Gery Schwager gschwager@k-tip.ch
Es ist logisch: Eine Abgabe auf Heizöl, Benzin, Diesel, Erdgas, Kohle und Atomstrom macht diese umweltbelastenden En...
Energieabgaben Haushalte können profitieren, indem sie mit Energie rationeller umgehen
Für die Gegner steht fest: Bei einem Ja zu den Energieabgaben müssen Privathaushalte tiefer als bisher in die Kasse greifen. Das trifft zu - aber nur für jene, die Energie partout nicht rationeller nutzen wollen.
Gery Schwager gschwager@k-tip.ch
Es ist logisch: Eine Abgabe auf Heizöl, Benzin, Diesel, Erdgas, Kohle und Atomstrom macht diese umweltbelastenden Energien teurer. So weit sind sich Gegner und Befürworter der Energieabgaben, die am 24. September zur Abstimmung gelangen, einig.
Uneinig sind sie sich über die Kompensationsmöglichkeiten und damit über die finanziellen Folgen für die Konsumentinnen und Konsumenten. Das «3 x Nein»-Komitee vertritt die Auffassung, dass sich die Abgabenlast nur in einem Fall nicht voll im Haushaltsbudget niederschlägt: bei der Grundnorm, dank der die AHV-Beiträge sinken werden.
Doch Pascal Previdoli, Leiter der Sektion Energiepolitik im Bundesamt für Energie (BFE), widerspricht: «Mit den Energieabgaben fahren die meisten Haushalte unter dem Strich kostenmässig besser als heute, sofern sie bescheidene Sparanstrengungen unternehmen.»
Tatsächlich resultiert nach dem Berechnungsmodell des BFE für den Durchschnittshaushalt zum Beispiel bei der Grundnorm ein positiver Saldo von rund 315 Franken pro Jahr. Der typische Singlehaushalt gewänne jährlich gut 185 und der Zweierhaushalt über 490 Franken.
Eine Komforteinschränkung ist dazu nicht nötig. Um den Verbrauch an Benzin, Heizöl und Strom um je rund zehn Prozent zu senken, genügt es laut Previdoli in den meisten Fällen bereits, «einen sanften Fahrstil zu pflegen, zu Hause vernünftiger zu lüften und zu heizen sowie beim Kauf neuer Elektrogeräte energieeffiziente Modelle zu wählen».
Die Motivation zum Energiesparen wächst
Die Energiebeauftragte der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Helena Ineichen, sieht das auch so. Und sie ergänzt: «Der Clou bei den Energieabgaben ist, dass wir alle für Energiesparmassnahmen mit einer Senkung der Energiekosten belohnt werden.» Das Interesse an diesen Kosten werde wachsen - und damit auch die Motivation, trotz höherer Anfangs-Investitionen beispielsweise eine Stromsparlampe statt einer Glühbirne anzuschaffen (siehe auch K-Tip 8/00).
BFE-Vertreter Previdoli mahnt schliesslich dazu, in Anbetracht all dieser Berechnungen die Hauptziele der Energieabgaben nicht aus den Augen zu verlieren. Diese wollen im Kern nichts weniger, als eine ökologische Reform einleiten nach dem Motto «Energie statt Arbeit besteuern» und die Umweltbelastung verringern. «Vor allem soll der Ausstoss an Kohlendioxid (CO2) und anderen Luftschadstoffen abnehmen», so Previdoli. Das verbessere die Gesundheit und hebe die Lebensqualität, was letztlich der ganzen Bevölkerung zugute komme.
Den Gegnern der Energieabgaben geht das zu weit. Ihnen genügt das bereits beschlossene, nicht sonderlich griffige CO2-Gesetz, das bescheidenere Ziele formuliert. Ferner stossen sie sich daran, dass das BFE bei seinen Berechnungen auch eine Reduktion des Strompreises um 3 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) einkalkuliert. Das Bundesamt bezeichnet diese Preissenkung als absehbare Folge der Strommarktöffnung, die in engem Zusammenhang zumindest zur Förderabgabe stehe.
Gegner der Vorlagen zweifeln am Sparwillen
Nach Auffassung der Berner FDP-Nationalrätin Käthi Bangerter, Kopräsidentin des «3 x Nein»-Komitees, haben «die Energieabgaben mit der Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes direkt nichts zu tun». Die Öffnung des Strommarkts sei so oder so unausweichlich. Es wäre aber nicht sehr konsumentenfreundlich, eine allfällige Strompreisreduktion durch neue Abgaben gleich wieder zunichte zu machen, findet Bangerter.
Der zentrale Einwand der Gegner richtet sich jedoch gegen einen anderen Punkt. Für sie ist es laut Bangerter schlicht «illusorisch», dass die Haushalte so viel Energie sparen, wie das BFE annimmt. Oder, wie es Pierre Triponez, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands und Mitglied im «3 x Nein»-Komitee, formuliert: «So wie die Abgaben jetzt zur Abstimmung gelangen, würden sie kaum sehr viele Leute dazu bringen, weniger Auto zu fahren oder abends das Licht früher zu löschen.»
Bloss: Das ist nach den Berechnungen des BFE auch gar nicht nötig. Der Energieverbrauch lässt sich ohne Komforteinbusse senken; was es braucht, ist die Bereitschaft, die Energie effizienter zu nutzen, wie die Fachleute Previdoli und Ineichen unterstreichen.
Im Übrigen bestreitet das BFE keineswegs, dass zur Kasse gebeten wird, wer weiterhin umweltbelastende Energie verschwendet. «Belohnt wird, wer Energie spart», sagt BFE-Mann Previdoli. Genau darin bestehe ja das Ziel von Lenkungsabgaben.
So einfach ist das.
Abstimmung - Die drei Vorlagen
Am 24. September können Sie über drei Energievorlagen entscheiden:
- Solar-Initiative: Sie verlangt auf den Verbrauch nicht erneuerbarer Energien (Heizöl, Benzin, Diesel, Erdgas, Kohle und Atomstrom) eine Abgabe von 0,5 Rappen pro Kilowattstunde (kWh). Während maximal 20 Jahren könnten so rund 750 Millionen Franken pro Jahr in die Förderung erneuerbarer Energien wie Solar-, Holz- und Windenergie sowie in Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz fliessen.
- Förderabgabe: Der parlamentarische Gegenvorschlag zur Solar-Initiative sieht vor, den Verbrauch nicht erneuerbarer Energie während maximal 15 Jahren mit einer Abgabe von 0,3 Rappen pro kWh zu belasten. Mit dem Ertrag von jährlich rund 450 Millionen Franken würde der Bund erneuerbare Energien und eine rationelle Energienutzung unterstützen. Daneben sollen aber explizit auch Schweizer Wasserkraftwerke, die im freien Strommarkt finanziell unter Druck geraten, Beiträge erhalten.
- Grundnorm: Sie verlangt die schrittweise Einführung einer Abgabe auf nicht erneuerbarer Energie von maximal 2 Rappen pro kWh. Nach Berechnungen des Bundes ergäbe dies bei Erreichen des Höchstsatzes rund 3 Milliarden Franken pro Jahr. Diese Summe wäre vollumfänglich zur Senkung der Lohnnebenkosten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu verwenden. Deren AHV-Beiträge liessen sich damit um je 0,65 Prozent reduzieren.
- Sagt der Souverän dreimal Ja, tritt zunächst nur die Solar- oder die Förderabgabe (je nach Resultat der Stichfrage auf dem Stimmzettel) in Kraft. Diese Abgabe geht später in der Grundnorm auf, die frühestens 2004 zu laufen beginnt. Die Abgabenhöhe steigt somit nicht über 2 Rappen pro kWh.
Internet-adressen
- www.admin.ch/bfe/zukunft
- www.oebu.ch
- www.solarinitiative.ch
- www.energiesteuern-nein.ch