Wie der Hauswart zum Facility Manager wurde
In den Stelleninseraten boomen englischsprachige Berufsbezeichnungen. Doch die Anglizismen sind oft schwer verständlich und sorgen bei Stellensuchenden für Missverständnisse.
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K-Tipp 5/2006
08.03.2006
Otto Hostettler - otto.hostettler@ktipp.ch
Der Trend ist unverkennbar: Ein Betriebsleiter wird zum Manufacturing Manager, eine Sekretärin zur Executive Assistant oder ein Hauswart zum Facility Manager. Seit 1990 haben sich die englischen Begriffe in den Stelleninseraten mehr als verdreifacht, wie Cécile Oberholzer mit einer Studie am Soziologischen Institut der Universität Zürich nachweist. Sie analysierte 26 000 Stelleninserate aus den Jahren 1950 bis 2000. «Rasant zugenommen» haben die Anglizismen vor allem seit 1994. Inzwischen ...
Der Trend ist unverkennbar: Ein Betriebsleiter wird zum Manufacturing Manager, eine Sekretärin zur Executive Assistant oder ein Hauswart zum Facility Manager. Seit 1990 haben sich die englischen Begriffe in den Stelleninseraten mehr als verdreifacht, wie Cécile Oberholzer mit einer Studie am Soziologischen Institut der Universität Zürich nachweist. Sie analysierte 26 000 Stelleninserate aus den Jahren 1950 bis 2000. «Rasant zugenommen» haben die Anglizismen vor allem seit 1994. Inzwischen bringt es jede Stellenausschreibung durchschnittlich auf drei englische Wörter, im Einzelfall sind es sogar bis zu 43.
«Stelleninserate sind pures Marketing»
Cécile Oberholzer kommt zum Schluss, dass die Zunahme nur teilweise auf Fachbegriffe und die veränderte Berufswelt (neue Technologien) zurückzuführen sei. «Vielfach besitzen Anglizismen ein höheres Prestige als deutsche Wörter.» Englisch gelte als fortschrittlich, jung und modern. Oberholzer: «Als Stilmittel sollen Anglizismen helfen, die dynamische Ausrichtung eines Unternehmens sowie die Einstellung der Mitarbeiter zu unterstreichen.»
Beim Verband der Personaldienstleister geht Geschäftsführer Georg Staub noch einen Schritt weiter: «Stelleninserate sind pures Marketing.» Die Sprache der Werbung sei nun mal Englisch. «Stelleninserate spielen mit der Eitelkeit von Stellensuchenden.» Sprich: Solange ein Titel für Stellensuchende so wichtig sei, werde es Versuche geben, damit Leute zu ködern. Staubs Erfahrung zeigt: Wer per Inserat einen «Verkaufskoordinator» sucht, erhält 30 Bewerbungen; wer einen «Sales Manager» ausschreibt, kann mit 300 Bewerbungen rechnen.
Tatsächlich wird Manager längst in Kombination mit allen erdenklichen anderen Bezeichnungen verwendet, auch wenn der Begriff wenig über das Anforderungsprofil oder die Stellung im Betrieb aussagt. Ähnlich verhält es sich mit den Zusätzen «Engineer» und «Officer». Meist sollen damit nicht nur Ingenieure, sondern auch Techniker und andere Mitarbeiter eines Entwicklungsteams angesprochen werden. Manchmal sind mit solchen Begriffen schlicht und einfach Sachbearbeiter gemeint.
Preisfrage: Was ist ein «Musketier»?
Für Stellensuchende können die trendigen Bezeichnungen aber auch unverständlich sein. Jean-Pierre Gubser, Leiter des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums St. Gallen: «Für Stellensuchende sind Fantasiebezeichnungen und unbekannte Anglizismen sehr zermürbend.» Unter den Begriffen kann man sich oft wenig bis nichts vorstellen. Noch schlimmer sind fiktive Inserate. Also Ausschreibungen für Stellen, die in dieser Form gar nicht zu besetzen sind. Gubser: «Teilweise dienen Inserate den Firmen auch nur zur Erkundung des aktuellen Angebots an Stellensuchenden.» Firmen und Personalvermittler stellen solche Praktiken aber vehement in Abrede (K-Tipp 19/2003).
Preisfrage: Was genau ist ein «Musketier»? Ein Sicherheitsbeauftragter, ein Scharfschütze? Ein Degenfechter? Ein Geheimagent? Alles falsch: Ein Aussendienstmitarbeiter von Red Bull.
Oder: Wie heissen jene Angestellte, die bei der Post für die Beförderung der Päckli zuständig sind? Pöstler? Das war einmal. Heute sucht die Post - beziehungsweise die «PostLogistics» - einen «Teamleiter Technical Logistics».
Worauf Sie bei der Jobsuche im Netz achten sollten
Das Internet ist heute erste Adresse für Stellensuchende. Aber Achtung: Bei elektronischen Bewerbungen gelten die gleichen Regeln wie bei schriftlichen.
- Stellenausschreibungen finden Sie entweder direkt auf Internetseiten von Firmen oder bei den bekannten Jobbörsen (www.jobs.ch, www.jobscout.ch, www.job winner.ch, www.stellen.ch, www.jobpilot.ch, www.job click.ch).
- Kontaktieren Sie den Anbieter rasch und direkt, ohne Umweg über einen Stellenvermittler.
- Bewerben Sie sich nur dann via E-Mail, wenn dies in der Stellenausschreibung explizit verlangt wird; informieren Sie sich allenfalls vorgängig.
- Verwenden Sie bei Online-Bewerbungen eine aussagekräftige Betreffzeile.
- Versenden Sie keine schludrigen Bewerbungen; es gelten die gleichen Grundsätze wie bei anderen Bewerbungen (fehlerfreier, sauberer und knapper Begleitbrief, lückenloser Lebenslauf, Beilagen).
- Schreiben Sie in fehlerfreiem Deutsch.
- Versenden Sie vollständige Unterlagen - das Bewerbungsdossier möglichst in einer einzigen Datei als Anhang.
- Keine Bewerbung an info@Adresse (oder webmaster@Adresse) senden, sondern nur an persönliche Mailadressen (erkundigen Sie sich allenfalls vorher telefonisch).
- Verwenden Sie als Absender auf keinen Fall die Mailadresse des aktuellen Arbeitgebers, sondern benutzen Sie Ihre private Adresse.
- Geben Sie Ihre vollständige Postadresse an.
Von Paralegas und Head Greenkeepers
Der K-Tipp bringt Licht in den Dschungel der Anglizismen und erklärt, was häufig verwendete Begriffe bedeuten:
Accountant - Mitarbeiter im Rechnungswesen
Application Engineer - Anwendungstechniker
Audit Manager/Auditor - interner oder externer Unternehmensberater
Business Unit Manager - Geschäftsführer einer selbständigen Firmeneinheit
Call Center Agent Inbound - Kundenberater im Call Center
Call Dispatcher - Telefonvermittler
Chief Engineer - leitender Ingenieur
Controller - Buchhalter (Berichtswesen, Kostenrechnung)
Customer Support - realisiert konzernweit Informatiklösungen; betreibt Informatik-Infrastruktur
Customer Service Representatives (CSR) - Kundenberater im Call Center
Director Materials and Logistics (M & L) - Leiter Materialbeschaffung/Logistik
Executive Assistant - Sekretärin
Facility Manager - Hauswart in grossen Bürogebäuden, Einkaufszentren (Technik, Unterhalt, Verwaltung)
Financial Analyst - Spezialist für Controlling, Budgetierung, Berichterstattung
Finance Director - Leiter Bereich Finanzen
Fleet Administrator - Administration der Firmenfahrzeugflotte
Gaming Shift Manager - Schichtleiter im Spielcasino
Head Greenkeeper - Chef Rasenbewirtschaftung (auf dem Golfplatz)
Human Resource Manager - Leiter Personalabteilung
Industrial Engineer - optimiert Arbeitsprozesse
Innovation Scout - Marktbeobachter (Technologie, Prozesse)
Investment Analyst - Finanzberater für Investitionen
Key Account Manager - Berater für wichtige/grosse Kunden
Location Coordinator - bürointerner Logistiker
Manager Product Development - verantwortlich für die (Weiter-)Entwicklung von Produkten
Manufacturing Manager - Betriebsleiter Produktion
Market Research Manager - erstellt Marktanalysen für Strategieplanung
Marketing Analyst - erstellt Marktanalysen, Absatzprognosen für Produktionsbetriebe
Outplacement-Berater - berät sowohl Firmen als auch entlassene Mitarbeiter
Operations Manager - verantwortlich für Direktvertriebsunternehmen (z. B. Versandhaus)
Paralegal - Anwaltssekretär/juristischer Mitarbeiter (Anwaltskanzlei, Verwaltung)
Plant Manager - Leiter Fabrik/Fertigungswerk
Product Manager - erstellt als «Betreuer» eines Produktes Marketingkonzepte
Purchasing Manager - Leiter Wareneinkauf
Quality Assurance Manager - Leiter Qualitätssicherung
Quality Control Manager - Leiter Qualitätskontrolle
Sales Engineer - Vertriebstechniker
Sales Manager - Leitung der Verkaufsaktivitäten
Sales Manager Fixed Income - Verkaufsberater für festverzinsliche Anlagen
Sales Representative - Kundenbetreuer/Verkauf
Strategic Planning Manager - Leiter neue Märkte
Strategy Consultant Partner - Unternehmensberater
Technical Services Manager - vermittelt Kunden technisches Know-how (Verfahrensentwickung; Industrie)
Training Manager - betreut Mitarbeitende; bietet systematische Hilfe beim Erlernen und Erarbeiten von Know-how (Teil der Personalabteilung)
Treasurer - Finanzspezialist; stellt sicher, dass der Kapitalbedarf gedeckt ist
Troubleshooter - Projektmanager, löst kurzfristig auftretende Probleme