Wochenbett: Kostenfalle für Mütter
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K-Tipp 14/2000
06.09.2000
Spitalkosten für die Geburt Visana zahlte Spitalrechnung für Säugling nicht - andere Kassen sind da viel kundenfreundlicher
Frauen, die halbprivat oder privat gebären, sollten aufpassen: Wenn das Neugeborene nicht bei der gleichen Kasse wie die Mutter versichert ist, müssen viele Eltern einen Teil der Spitalrechnung selber zahlen.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Stefan war ein Wunschkind. Seine Eltern Sylvia und Christian Zaugg aus Rüders...
Spitalkosten für die Geburt Visana zahlte Spitalrechnung für Säugling nicht - andere Kassen sind da viel kundenfreundlicher
Frauen, die halbprivat oder privat gebären, sollten aufpassen: Wenn das Neugeborene nicht bei der gleichen Kasse wie die Mutter versichert ist, müssen viele Eltern einen Teil der Spitalrechnung selber zahlen.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Stefan war ein Wunschkind. Seine Eltern Sylvia und Christian Zaugg aus Rüderswil BE freuten sich sehr, als der Kleine am 15. März dieses Jahres geboren wurde.
Gar nicht wunschgemäss hingegen verlief die Art, wie ihre Krankenkasse die Geburtskosten zurückerstattete.
Zwar übernahm die Versicherung der Mutter, die Visana, alle Kosten für die eigentliche Geburt auf der halbprivaten Abteilung. Als dann aber auch noch das Spital eine Rechnung über 918 Franken für die Betreuung des Säuglings schickte - der völlig gesund zur Welt kam -, wollte die Visana von einer Rückerstattung an die Eltern nichts wissen.
Auch der Grundversicherer des Säuglings, die KPT, weigerte sich zu zahlen. Was Zauggs passierte, sei ein «ständig wiederkehrender Konflikt», schreibt Krankenversicherungs-Ombudsman Gebhard Eugster in seinem neusten Jahresbericht. Die Vertragsklauseln einiger Krankenkassen würden für Eltern «zur Kostenfalle».
Spitäler halten sich nicht an Empfehlung des BSV
Schuld am Konflikt sind einerseits die Spitäler: Die meisten halten sich nicht an eine Empfehlung des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV). Das Amt hatte 1997 geschrieben, die Spitäler «sollten» nach einer Geburt auf der halbprivaten oder privaten Abteilung für den gesunden Säugling «keine Mehrkosten in Rechnung stellen».
«Hier geht es um Zusatzversicherungen und dafür ist das BSV gar nicht zuständig», wehrt sich Spitalleiter Peter Schär vom Regionalspital Emmental in Langnau BE, wo Stefan auf die Welt kam. «Zudem haben wir diese Empfehlung gar nie erhalten.»
Es sei «in den meisten Spitälern weiterhin üblich», die umstrittene Tagespauschale für gesunde Neugeborene zu verlangen, sagt dazu die Helsana. Üblicherweise betrage die Rechnung für das Kind 800 bis 1000 Franken auf der halbprivaten und 1000 bis 2000 Franken auf der Privatabteilung.
Dem K-Tip ist aber auch ein Fall bekannt, in dem eine Privatklinik für den Aufenthalt eines gesunden Neugeborenen für fünf Tage sage und schreibe 2400 Franken verlangte.
Für Mütter lautet nun die entscheidende Frage: Zahlt die Krankenkasse diese Mehrkosten?
Visana verlangt unnötigen Zusatz fürs Kind
Bei der Visana (Werbespruch: «Das Versicherungsmodell für hohe Sicherheit») ist das höchst unsicher. Sie verlangt nämlich gemäss ihren Bedingungen, dass das Kind ebenfalls bei der Visana versichert ist - und zwar nicht nur für die obligatorische Grundversicherung, sondern auch noch für eine freiwillige Spitalzusatzversicherung. Liegt die Mutter zum Beispiel halbprivat, muss auch das Kind halbprivat versichert sein.
Mit anderen Worten: Die Visana verlangt gemäss Versicherungsbedingungen, dass eine Mutter für ihr Baby noch vor der Geburt eine Zusatzversicherung abschliesst, die für den Nachwuchs selber im Grunde gar nicht nötig ist.
Diesen Zwang hat die Visana in einer für Laien schwer verständlichen Versicherungsklausel versteckt, wonach Spitalleistungen nur «aus den je eigenen Versicherungen von Mutter und Kind erbracht» werden. Genau dieser Umstand wurde den Eltern des kleinen Stefan zum Verhängnis. Sie hatten von der gesetzlich garantierten Wahlfreiheit Gebrauch gemacht und ihr Kind bei der Krankenkasse KPT versichert - und wurden dafür von der Visana bestraft. «Die Visana hat uns nicht auf dieses Problem aufmerksam gemacht», klagen sie.
Die Visana hat sich zwar vorgenommen, die Betroffenen künftig besser zu informieren - doch von ihrer Haltung will sie nicht abrücken.
Eine Umfrage des K-Tip unter den 15 grössten Krankenkassen zeigt, dass die Visana mit ihren restriktiven Bestimmungen fast allein dasteht (die «Eidgenössische» hat nicht geantwortet):
Mütter, die bei Helsana, KPT (seit 2000), Krankenkasse SBB, Sanitas oder der kleinen Galenos versichert sind, brauchen sich keine Sorgen zu machen.
Diese kulanten Krankenkassen übernehmen die Kosten auch dann, wenn der Säugling seine obligatorische Grundversicherung nicht bei ihnen hat.
Bei Assura, CSS, Intras, Groupe Mutuel und Wincare ist für werdende Mütter Vorsicht angebracht: Diese weniger kulanten Kassen stellen die Bedingung, dass das Kind bei ihnen zumindest grundversichert sein muss.
Zu dieser Gruppe gehört laut schriftlichen Unterlagen auch die Concordia. In einem Prospekt für die werdende Mutter steht, das Kind müsse bei der Concordia grundversichert sein. Die Direktion schrieb allerdings dem K-Tip, diese Voraussetzung gelte nicht mehr.
Auch die Supra setzt gemäss Bedingungen voraus, dass das Kind bei der Supra grundversichert sein muss. Die Direktion schrieb aber dem K-Tip, diese Bestimmung werde nicht mehr angewandt.
Und dann gibt es noch Kassen, die für werdende Mütter eher nicht in Frage kommen, weil sie nicht nur voraussetzen, dass das Kind bei ihnen grundversichert ist, sondern weil diese Kassen darüber hinaus auch noch eine Zusatzversicherung für das Kind vorschreiben. Dazu zählt von den grossen 15 neben der Visana auch die ÖKK.
An die Adresse solcher Kassen hat Ombudsman Eugster in seinem letzten Jahresbericht deutliche Worte gerichtet - im Ton wie immer konziliant, in der Sache aber hart: «Wenn auch diese Versicherer für eine Praxisänderung gewonnen werden könnten, so wäre das im Interesse der Streitprophylaxe zu begrüssen.»
Immerhin: Gemäss Auskunft der Visana-Direktion genügt es - entgegen dem schriftlichen Wortlaut der Bedingungen -, dass das Kind bei ihr grundversichert ist.
Kundenfreundlich ist das immer noch nicht.
Neugeborene versichern: Das müssen Eltern wissen
- Eltern müssen ihr Kind spätestens drei Monate nach der Geburt bei einer Krankenkasse für die obligatorische Grundversicherung anmelden.
- Wenn die Mutter allgemein versichert ist und das Kind auf der allgemeinen Abteilung zur Welt bringt, gibt es keinerlei finanzielle Probleme - selbst wenn das Kind krank ist. Entweder zahlt die obligatorische Grundversicherung der Mutter oder die Grundversicherung des Kindes. Dies gilt auch dann, wenn die Eltern das Kind noch bei keiner Krankenkasse angemeldet haben.
- Liegt die Mutter eines gesunden Säuglings auf der halbprivaten oder privaten Abteilung, kann es die im Bericht geschilderten Probleme geben, weil die Kassen hier die Mehrkosten für die Betreuung des gesunden Säuglings unterschiedlich handhaben. Am besten fahren dann diejenigen Mütter, die bei einer kundenfreundlichen Kasse versichert sind. Die anderen sollten sich unbedingt vorher bei ihrem Versicherer erkundigen, welche Voraussetzungen verlangt sind, damit die Krankenkasse die Mehrkosten für die Betreuung des gesunden Säuglings übernimmt.
- Kommt das nur allgemein versicherte Kind einer Mutter auf der halbprivaten oder privaten Abteilung krank zur Welt und braucht es deshalb besondere medizinische Betreuung, so lässt sich dieses Problem ohne Kostenfolge lösen: Die Eltern müssen einverstanden sein, dass das Kind sofort auf die allgemeine Abteilung des Spitals verlegt wird (sofern vorhanden) oder auf die allgemeine Abteilung eines andern Spitals. Ist das Kind schwer krank, kommt es sowieso ins Kinderspital - und dort gibt es keine Privatabteilungen.
- Sollten die Eltern mit der Verlegung auf eine allgemeine Abteilung nicht einverstanden sein, kommen Mehrkosten auf sie zu. Die sind unter Umständen gedeckt, wenn das Kind eine bestimmte Zusatzversicherung hat - je nach Kasse. Erkundigen Sie sich vorher genau. Das Kind schon vor der Geburt halbprivat oder privat zu versichern ist bei den meisten Kassen gar nicht möglich.
- Zusatzversicherungen für das Kind sind im Grunde nicht nötig.
- Achtung: Wenn Frauen die Halbprivat- oder Privatspitaldeckung erst dann zu einer anderen Versicherung wechseln, wenn sie schon schwanger sind, ist es zu spät. In der Regel übernehmen die Krankenkassen Geburtskosten nur nach einer Wartezeit (Karenzfrist) von mindestens neun Monaten. Bei den meisten Kassen beträgt diese Karenzfrist 1 bis 2 Jahre. Das heisst: Die Frau muss die entsprechende Halbprivat- oder Privatspitaldeckung schon mindestens 1 bis 2 Jahre haben, damit die Geburt auf der Halbprivat- oder Privatabteilung versichert ist.
Jetzt kündigen!
Denken Sie daran: Wenn Sie Zusatzversicherungen der Krankenkasse kündigen wollen, sollten Sie dies im September tun. Im Oktober ist das nur noch möglich, falls diese Zusatzversicherungen teurer werden.
In der obligatorischen Grundversicherung hingegen können Sie auf jeden Fall die Prämienrunde im Oktober abwarten. Der K-Tip hält Sie auf dem Laufenden.