Zeit für die Familie - mehr Freude an der Arbeit
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K-Tipp 14/2001
05.09.2001
Wie sich Beruf und Familie besser unter einen Hut bring en lassen: Das Beispiel Metron AG im aargauischen Brugg
Mehr Zeit für die Kinder - das wünschen sich viele berufstätige Eltern. Unternehmen mit familienfreundlichen Strukturen sind deshalb attraktiv auf dem Arbeitsmarkt.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Die Familie steht hoch im Kurs. Parteien und Verbände überbieten sich mittlerweile fast täglich mit Vorschlägen zu Mutterschaftsurlaub und...
Wie sich Beruf und Familie besser unter einen Hut bring en lassen: Das Beispiel Metron AG im aargauischen Brugg
Mehr Zeit für die Kinder - das wünschen sich viele berufstätige Eltern. Unternehmen mit familienfreundlichen Strukturen sind deshalb attraktiv auf dem Arbeitsmarkt.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Die Familie steht hoch im Kurs. Parteien und Verbände überbieten sich mittlerweile fast täglich mit Vorschlägen zu Mutterschaftsurlaub und Familienpolitik.
Es gibt aber auch Organisationen, die sich diesen Themen bereits widmeten, als das noch nicht im Trend lag - zum Beispiel die Alliance F, wie der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen heute heisst. Mit dem Prix Alliance F zeichnet sie alle zwei Jahre eine Firma aus, die besonders familienfreundliche Strukturen aufweist.
Für Alliance-F-Präsidentin Sibylle Burger-Bono steht fest: Von familienfreundlichen Strukturen profitiert jedes Unternehmen. Grund: Die Wechsel beim Personal halten sich in Grenzen. Damit geht der Firma wenig Geschäftserfahrung verloren und sie muss auch nicht dauernd für teures Geld neue Leute rekrutieren und einarbeiten. Ausserdem nehmen Motivation und Arbeitsleistung der Angestellten zu, «weil sie sicher sind, ihre Familie und den Beruf unter einen Hut zu bringen», so Burger-Bono.
Das sieht Metron-Sprecherin Heidi Balmer auch so. Ihre Arbeitgeberin, die Metron AG im aargauischen Brugg, ist Gewinnerin des ersten Prix Alliance F. Das Dienstleistungsunternehmen für die Fachbereiche Architektur, Raumentwicklung, Verkehr, Landschaft und Umwelt hat sich gegen 30 Mitbewerber durchgesetzt.
Konkret bietet die Metron AG ihren 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Funktionen die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten und die Arbeitszeit flexibel einzuteilen. Zudem erhalten Mütter vier Monate bezahlten Mutterschaftsurlaub, Väter immerhin fünf bezahlte freie Tage; beide dürfen anschliessend bis zu acht Monate unbezahlten Urlaub beziehen.
Ferner bezahlt die Firma ergänzend zu den kantonalen Kinderzulagen ein Erziehungsgeld: Fürs erste Kind gibts 300, fürs zweite 200 und fürs dritte 100 Franken pro Monat. Allein erziehende Elternteile erhalten eine zusätzliche finanzielle Unterstützung.
Teilzeitarbeit ist begehrt bei Angestellten
Die familienfreundlichen Strukturen des Unternehmens kommen bei der Belegschaft gut an. Besonders begehrt sind Teilzeitarbeit und flexible Arbeitszeiten, wie die Alliance F mit einer Umfrage bei den Metron-Angestellten herausgefunden hat.
Das bestätigt auch Andrea Grolimund, Geschäftsleitungsmitglied im Metron-Architekturbereich. Grolimund ist selber Mutter zweier Kinder und arbeitet in einem 70-Prozent-Pensum. Sie möchte die Teilzeitarbeit sowie die Flexibilität bei der Einteilung ihrer Arbeitszeit nicht mehr missen: «So kann ich Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren.»
Gleichermassen positiv äussert sich Raumplanungs-Geschäftsleiter Daniel Kolb: «Die flexiblen Arbeitszeiten ermöglichen es mir zum Beispiel, später ins Büro zu kommen mit der Begründung, meine beiden Kinder hüten zu müssen - und das ist akzeptiert. Es braucht dazu keine aufwändigen Ausnahmeregelungen oder abenteuerlichen Rechtfertigungen.»
Kolb verhehlt aber nicht, dass die Medaille auch eine Kehrseite hat: «Familienfreundliche Strukturen sind nicht gratis.» Laut Sprecherin Heidi Balmer gibt die Metron allein für Mutterschaftsurlaub und Erziehungsgeld jährlich rund 300 000 Franken aus.
Auch die flexiblen Arbeitszeiten haben ihren Preis, wie Metron-Infrastruktur-Geschäftsleiter Constantin Zehnder ergänzt: «Sie setzen eine gute Büro-Organisation, eine klare Stellvertretungsregelung und Selbstdisziplin voraus; man muss seine Kolleginnen und Kollegen über die eigene Arbeit auf dem Laufenden halten.»
Enge Zusammenarbeit - besseres Betriebsklima
Umgekehrt trägt die enge Zusammenarbeit viel zu einem guten Betriebsklima bei, davon ist Regula Schneider, Architektin im Raumplanungsbereich, überzeugt: «Man hilft sich aus, zeigt sich flexibel und springt für- einander ein.» Auch Daniel Kolb konstatiert eine solidarische Atmosphäre: Jene Angestellten, die davon selber nicht direkt profitierten, trügen die familienfreundlichen Strukturen ebenfalls mit.
Das klingt gut. Stellt sich für alle Nicht-Metron-Angestellten bloss noch die Frage, wie man das eigene Unternehmen ebenfalls auf familienfreundlichen Kurs bringen könnte. Metron-Sprecherin Balmer empfiehlt, eine Arbeitsgruppe zu bilden, in der beide Geschlechter und möglichst viele Funktionen vertreten sein sollten. Diese Gruppe solle mittel- und langfristige Ziele punkto Familienfreundlichkeit formulieren, konkrete Umsetzungsvorschläge erarbeiten und auch die Kostenfolgen benennen.
Familienfreundliche Neuerungen sind eben auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit etwas Aufwand verbunden.
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Das zeichnet familienfreundliche Unternehmen aus
- Flexible Arbeitszeitmodelle: Teilzeitarbeit und Monats- beziehungsweise Jahresarbeitszeitmodelle erleichtern es Müttern und Vätern, Familie und Beruf gleichermassen zu pflegen. Die Familie gewinnt neue Entfaltungsmöglichkeiten, die Firma hat motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
- Lohn- und Chancengleichheit: Damit Mütter und Väter nicht unfreiwillig traditionelle familiäre Rollen übernehmen müssen, ist es unerlässlich, dass in der Firma volle Lohn- und Chancengleichheit herrscht.
- Kinderfreundliche Angebote: Für berufstätige Eltern und Alleinerziehende ist es eine grosse Entlastung, wenn die Firma zum Beispiel eine eigene Kinderkrippe führt, externe Betreuungsplätze bereitstellt oder bei der Suche aktiv mithilft. Hilfreich ist es aber auch, unbürokratisch freinehmen zu können, wenn das Kind krank ist.
- Finanzielle Hilfe: Kinder können ein Loch in die Haushaltkasse reissen. Betriebliche Beigaben (zum Beispiel ein Erziehungsgeld) als Ergänzung zu den kantonalen Kinderzulagen entschärfen den finanziellen Druck, unter den viele Eltern geraten.
- Elternurlaub: Betriebliche Regelungen, die bei der Geburt eines Kindes den Müttern mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen acht Wochen Urlaub gewähren, auch Väter mit einigen freien Tagen beglücken oder gar einen längeren unbezahlten Urlaub ermöglichen, geben Eltern Zeit, sich in der neuen Familiensituation zurechtzufinden, ohne den Job aufgeben zu müssen.
- Altersvorsorge: Teilzeit-Angestellte sind bei der Zweiten Säule benachteiligt. Wenn das Unternehmen den Pensionskassen-Koordinationsabzug vermindert, haben auch sie die Chance, ein nennenswertes Altersguthaben anzusparen.
- Tipps und Informationen zum Thema:
Alliance F, Tel. 031 318 10 60, www.bsf.ch
Der Kaufmännische Verband (SKV) vergibt einen dem Prix Alliance F vergleichbaren Preis, den Prix Egalité. Informationen: SKV, Tel. 01 283 45 77, www.skv.ch
Zusammen mit Pro Familia und Pro Juventute beschäftigt sich auch der Arbeitgeberverband neuerdings mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Praktische Hinweise unter www.familienplattform.ch und in der Broschüre «Familie, Kinder und Beruf - Tipps für Arbeitgeber», erhältlich beim Arbeitgeberverband, Tel. 01 421 17 17 oder unter www.arbeitgeber.ch