Zeitbomben im Wohnzimmer
Jeden Tag explodiert in der Schweiz ein TV-Gerät und gefährdet Menschen. Schuld daran ist häufig der Stand-by-Modus.
Inhalt
K-Tipp 20/2002
27.11.2002
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Über 200 Jahre lang trotzte die stattliche Postkutschen-Station Kaltenherberge in Roggwil BE Wind und Wetter. Vor zwei Wochen brannte die heute im GaultMillau mit 14 Punkten geführte Gaststätte bis auf die Grundmauern nieder. Eine junge Frau kam dabei ums Leben. Brandursache: ein Fernsehgerät.
Häufigster Grund dafür, dass in der Schweiz gemäss Brandstatistik täglich ein Fernseher in Flammen aufgeht, ist der so genannte Stand-by-Modus. Dabei bleibt der Apparat, obschon abge...
Über 200 Jahre lang trotzte die stattliche Postkutschen-Station Kaltenherberge in Roggwil BE Wind und Wetter. Vor zwei Wochen brannte die heute im GaultMillau mit 14 Punkten geführte Gaststätte bis auf die Grundmauern nieder. Eine junge Frau kam dabei ums Leben. Brandursache: ein Fernsehgerät.
Häufigster Grund dafür, dass in der Schweiz gemäss Brandstatistik täglich ein Fernseher in Flammen aufgeht, ist der so genannte Stand-by-Modus. Dabei bleibt der Apparat, obschon abgeschaltet, unter Strom, damit er bei einem erneuten Einschalten ohne lange Wartezeit ein klares Bild liefert.
Die Folgen: «Das Gerät produziert laufend Wärme. Die ständige Belastung lässt die elektrischen Bestandteile schneller altern», erklärt Heinz Stacher vom Eidgenössischen Starkstrominspektorat. «Das kann - praktisch ohne Vorwarnung - zu Kurzschlüssen und Funkenbildung führen.» Mit andern Worten: Fernseher sind Zeitbomben - je älter, desto schärfer.
Besonders fatal ist es, wenn ein Fernseher mitten in der Nacht zu brennen beginnt und sich das Feuer längere Zeit unbemerkt ausbreiten kann. Steht das Gerät gar im Schlafzimmer, haben die Bewohner kaum eine Überlebenschance.
«Das Kunststoffgehäuse eines Fernsehers entwickelt hochgiftige Gase, die schnell ein ganzes Zimmer füllen», sagt Kurt Steck von der Beratungsstelle für Brandverhütung BfB in Bern. «Da reichen ein, zwei Atemzüge - und aus dem Schlaf wird eine Ohnmacht, aus der niemand mehr erwacht.»
Mit Angstmacherei hat das nichts zu tun. Bei 80 Prozent aller Brandopfer heisst der Befund des Pathologen «Tod durch Ersticken».
Verhindern lässt sich das nur, wenn Geräte nicht nur mit der Fernsteuerung, sondern mit dem Aus-Knopf jedes Mal ganz abgeschaltet und somit vom Stromnetz getrennt werden.
Da TV-Geräte mit hoher Stromspannung arbeiten, sind sie besonders brandgefährdet. Aber auch Videos, Stereoanlagen, PCs und sogar Waschmaschinen können in Flammen aufgehen. Insgesamt verursachen elektrische Geräte gemäss den kantonalen Feuerversicherungen jährliche Brandschäden von rund 200 Millionen Franken - ganz abgesehen davon, dass sie im Stand-by-Modus für mindestens noch einmal so viel Geld Strom fressen. Pro Haushalt macht das im Jahr rund 100 Franken.
Trotzdem: Immer noch lassen die meisten Schweizer ihren Fernseher und viele andere Geräte dauernd im Stand-by-Modus laufen, wie Fachleute bedauernd feststellen. «Das hat mit Sorglosigkeit zu tun», sagt Christoph Lienert von der Gebäudeversicherung Bern. «Die Leute unterschätzen das Risiko, das von elektrischen Geräten ausgeht.»
Entwarnung dafür im Bereich der in den letzten Jahren in Mode gekommenen elektrischen Weihnachtsbeleuchtungen. Gemäss Experten haben sie bisher kaum Brände ausgelöst. Kerzen hingegen schon.
Während der Festtage rückt die Feuerwehr rund 1000-mal aus, um durch Weihnachtsbäume und Adventskränze ausgelöste Wohnungsbrände zu löschen. Lassen Sie Kerzen deshalb nie unbeaufsichtigt brennen und zünden Sie sie nach Silvester auf dem Weihnachtsbaum nicht mehr an.
Erste Hilfe beim Stubenbrand
Die Feuerwehr ist schnell. Ein Feuerlöscher oder eine Löschdecke im Haus ist aber noch schneller am Brandherd. Diese Lösch-, Alarm- und Brandverhütungsmittel machen Sinn:
- Ecoman-TV: Schaltet Fernsehgeräte im Stand-by-Modus ganz aus und per Fernsteuerung wieder ein, Fr. 36.- respektive Fr. 45.- für Satellitenanlagen.
- Feuerlöscher: Mit 6 Liter Inhalt ab Fr. 300.-. Für Mieter empfehlenswert: Feuerlöschspray, ab Fr. 21.-. Achtung: Pulverlöscher nur in Garagen und Autos einsetzen.
- Feuerlöschdecke: für Kleinbrände, ab Fr. 20.-.
- Rauchmelder: Fr. 45.-.
Brandschutzmittel sind im Fachhandel, bei der Gebäudeversicherung oder beim Hauseigentümerverband erhältlich.
Weitere Infos gibt es bei der Feuerwehr und der Beratungsstelle für Brandverhütung, Bundesgasse 20, 3001 Bern, Tel. 031 320 22 20, www.bfb-cipi.ch