Zu hohe Miete - wehren Sie sich!
Schamlose Vermieter machen Profit auf dem Buckel von Menschen, die es auf dem Schweizer Wohnungsmarkt schwer haben: Sie verlangen unfair hohe Mieten.
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K-Tipp 8/2006
19.04.2006
Kaputte Türrahmen, baufällige Balkone, Rattenplage im Keller - und draussen brausen jeden Tag 65 000 Autos vorbei: Die Wohnung der Sivaramakrishnans an der Zürcher Weststrasse ist alles andere als komfortabel. Trotzdem bezahlt die tamilische Familie für die drei Zimmer stolze 1740 Franken pro Monat: 1540 plus 200 Franken Nebenkosten. Das sind 480 mehr, als laut den Immobilienspezialisten von Wüest und Partner angemessen wäre. Und 90 Franken mehr, als junge Schweizer im selben Haus für exa...
Kaputte Türrahmen, baufällige Balkone, Rattenplage im Keller - und draussen brausen jeden Tag 65 000 Autos vorbei: Die Wohnung der Sivaramakrishnans an der Zürcher Weststrasse ist alles andere als komfortabel. Trotzdem bezahlt die tamilische Familie für die drei Zimmer stolze 1740 Franken pro Monat: 1540 plus 200 Franken Nebenkosten. Das sind 480 mehr, als laut den Immobilienspezialisten von Wüest und Partner angemessen wäre. Und 90 Franken mehr, als junge Schweizer im selben Haus für exakt dieselbe Wohnfläche bezahlen - in einer frisch renovierten Wohnung.
Eine Benachteiligung von Ausländern ist dies in den Augen von Vermieter Ronald Neufeld nicht: «Das sieht zwar auf den ersten Blick so aus. Aber unter dem Strich bleibt dem Vermieter weniger, denn Ausländer beanspruchen eine Wohnung stärker als Schweizer.»
Trotzdem sagt Ronald Neufeld, der die Neufeld Immobilien zusammen mit seinem Bruder vor einem Jahr übernommen hat: «Wir machen unser Möglichstes, Altlasten wie zum Beispiel ungleiche Mietzinse für gleichwertige Wohnungen auszumerzen.» Zudem würden die Wohnungen bei einem Mieterwechsel renoviert.
Tatsache ist: Laut dem Statistischen Amt der Stadt Zürich zahlen Ausländer sehr häufig mehr Miete als Schweizer. Und: Ist ihre Miete gleich hoch wie die eines Schweizers, erhalten sie weniger für ihr Geld. So bewohnt ein Schweizer laut Erhebungen des Bundesamts für Statistik im Schnitt 48 Quadratmeter Wohnfläche, ein Ausländer lebt auf 33 Quadratmetern - bei vergleichbarer Miete ist dies fast ein Drittel weniger.
Was viele nicht wissen: Gegen überrissene Anfangsmieten kann sich ein Mieter wehren, allerdings muss eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:
- Die neue Miete ist mindestens zehn Prozent höher als diejenige des Vormieters.
- Der Mietvertrag wurde unterschrieben, weil der Neumieter mangels anderer freier Wohnungen keine Alternative hatte, oder
- er war infolge einer persönlichen oder familiären Notlage (neuer Arbeitsort, Zerwürfnis in der Familie) gezwungen, den Mietvertrag abzuschliessen.
Allerdings: Der Mieter muss den Zins spätestens 30 Tage nach Übernahme der Wohnung bei der Schlichtungsbehörde anfechten. Den bisherigen Mietzins erfährt er von seinem Vorgänger oder vom Vermieter: Dieser muss darüber Auskunft geben. In einigen Kantonen muss er ihn sogar im amtlichen Formular angeben und die Mieter über Anfechtungsmöglichkeiten orientieren.
Marc Gieriet, Bennie Koprio
Weitere Infos: K-Tipp-Ratgeber «Das Mietrecht im Überblick», zu bestellen auf Seite 9 oder unter www. ktipp.ch.
Mängel an der Wohnung, unklare Neben kosten-Abrechnungen: So gehen Sie vor
Zweifelhafte Nebenkosten- und Heizabrechnungen sowie Mängel an der Wohnung gehören zu den grössten Ärgernissen für Mieter. Das kann man tun:
Nur Bagatellschäden und solche, die Sie selber verursacht haben, müssen Sie als Mieter beheben. Grössere Mängel - Faustregel: Reparaturkosten von über 100 Franken - sind Sache des Vermieters. Diese müssen Sie dem Vermieter sofort per Einschreiben melden und ihm eine angemessene Frist zur Behebung des Schadens setzen.
- Bringt das nichts, per Einschreiben erneut eine Frist setzen und ankündigen, dass Sie den Mietzins auf einem Sperrkonto hinterlegen, falls der Schaden nicht behoben werde.
- Nimmt der Vermieter auch diese Frist nicht wahr, kündigen Sie ihm nochmals an, dass der Zins nun hinterlegt werde. Miete erst dann auf ein Sperrkonto einzahlen. Dies aber nur bei einer vom Kanton genehmigten Stelle.
- Passiert noch immer nichts, machen Sie innerhalb von 30 Tagen seit Fälligkeit der hinterlegten Miete Ihre Forderung bei der Schlichtungsstelle geltend. Allenfalls haben Sie sogar eine Reduktion des Mietzinses zugut für die Zeit, in der die Wohnung Mängel aufwies. Können sich Mieter und Vermieter nicht einigen, entscheidet die Schlichtungsstelle.
- Nebenkosten müssen im Mietvertrag einzeln aufgeführt sein. Undeklarierte Posten müssen Sie nicht bezahlen. Ungültig sind Verträge mit Formulierungen wie «Nebenkosten akonto» oder «alle Betriebskosten pauschal». Nebenkosten dürfen auch nicht in einem Zusatz zum Vertrag versteckt werden.
- Neue Nebenkosten müssen auf einem amtlichen Formular mitgeteilt werden.
- Der Vermieter darf nicht alle Ausgaben auf die Mieter überwälzen. Laut Gesetz gelten als Nebenkosten nur jene Betriebskosten und öffentlichen Gebühren, die mit der Benutzung der Wohnung zusammenhängen. So darf der Vermieter die Kosten für den Hauswart verrechnen, nicht aber Ausgaben für die Reparatur oder den Ersatz alter Geräte.
Haben Sie das Gefühl, die Abrechnung sei nicht korrekt, wenden Sie sich an den Vermieter. Bleiben Zweifel, empfiehlt sich eine Rechtsberatung beim Mieterverband. Ist die Abrechnung nicht korrekt und ist der Vermieter uneinsichtig, können Sie den Fall vor die Schlichtungsstelle bringen.
(ko)