Zwei Jahre auf das Mietzinsdepot gewartet
Mieterinnen und Mieter der Aargauer Willora AG müssen sich darauf gefasst machen, jahrelang auf die Rückzahlung des Mietzinsdepots zu warten.
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K-Tipp 9/2003
07.05.2003
Georges Müller- gmueller@ktipp.ch
Der Streit mit unserem Vermieter begann, als wir uns mit einer Unterschriftensammlung gegen eine massive Mietzinserhöhung wehrten», erzählt L. F., die damals in einem Haus der Willora AG wohnte.
Der Widerstand prallte wirkungslos ab und die Mieterin zog aus. Das war im Jahr 2000. Erst im vergangenen Herbst erhielt L. F. ihr Mietzinsdepot zurück, nachdem sie mit Unterstützung ihrer Rechtsschutzversicherung die Willora AG betrieben hatte. In einem anderen Fall sei das Mietzinsd...
Der Streit mit unserem Vermieter begann, als wir uns mit einer Unterschriftensammlung gegen eine massive Mietzinserhöhung wehrten», erzählt L. F., die damals in einem Haus der Willora AG wohnte.
Der Widerstand prallte wirkungslos ab und die Mieterin zog aus. Das war im Jahr 2000. Erst im vergangenen Herbst erhielt L. F. ihr Mietzinsdepot zurück, nachdem sie mit Unterstützung ihrer Rechtsschutzversicherung die Willora AG betrieben hatte. In einem anderen Fall sei das Mietzinsdepot entgegen der gesetzlichen Vorschriften nicht auf ein Sperrkonto einbezahlt worden, weiss der Anwalt der ehemaligen Willora-Mieterin B. S. «Das scheint kein Einzelfall zu sein», vermutet er. Die Mieterin war im März 1999 ausgezogen und erhielt ihr Geld erst Ende August 2002. «Nur weil ich eine Rechtsschutzversicherung habe, konnte ich den aufwändigen Streit durchstehen», sagt sie heute.
Und als Dritter erzählt der ehemalige Willora-Mieter A. G., wie er nach seinem Auszug ebenfalls nur mit grosser zeitlicher Verzögerung endlich die Zusage erhalten habe, «in den nächsten Tagen» zu seinem Depot zu kommen. «Als nach drei Monaten das Geld immer noch nicht auf meinem Konto war, habe ich telefonisch danach gefragt. Ich wurde aber mehrmals vertröstet, es sei jetzt niemand da, der Auskunft geben könne», geht seine Geschichte weiter. Erst mit einer Betreibung kam A. G. schliesslich zu seinem Geld.
Das schweizerische Mietrecht schreibt vor, dass ein Mietzinsdepot «bei einer Bank auf einem Sparkonto oder einem Depot, das auf den Namen des Mieters lautet», zu hinterlegen sei (siehe Kasten). Trotzdem kommt es laut Niklaus Scherr vom Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband «gar nicht so selten vor», dass sich Vermieter nicht daran halten.
Ein weiterer Punkt sind die Abrechnungen für Heiz- und Nebenkosten. Die Ex-Willora-Mieter erzählen unabhängig voneinander, dass sie nur mit Mühe und nach langer Zeit die Abrechnungen erhalten haben. Abermals der erwähnte Anwalt: «Es scheint eine Taktik dieser Firma zu sein, es einem möglichst schwer zu machen, zu seinem Geld zu kommen.»
Auszüge aus dem Betreibungsregister belegen, dass auch Handwerker mit ihren Forderungen abblitzen. «Diese Firma ist sicher kein Partner, mit dem man zusammenarbeiten kann», sagt ein Liegenschaftenspezialist, der mit der Willora zu tun hatte. Willora-Verwaltungsratsmitglied Monika Müggenburg verweigerte dem K-Tipp Auskünfte zu diesem Thema: «Dazu sagen wir nichts.»
Der Vermieter darf höchstens drei Monatsmieten verlangen
Wie der Vermieter mit dem Mietzinsdepot während der Mietdauer und beim Auszug umzugehen hat, ist im schweizerischen Mietrecht geregelt. Folgende Punkte sind wichtig:
- Depots für Wohnungsmieten dürfen höchstens drei Monatszinse betragen.
- Der Vermieter muss der Mieterschaft den Namen der Bank und die genaue Bezeichnung des Kontos bekannt geben.
- Wenn der Vermieter nachträglich ein Mietzinsdepot verlangt, muss er dies mit dem offiziellen Formular für Mietzinserhöhungen fristgerecht verlangen (spätestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist). Der Mieter kann diese Forderung bei der Schlichtungsstelle als missbräuchlich anfechten.
- Umstritten ist, wann der Mieter die Zinsen erhält. Grossbanken räumen der Mieterschaft die freie Verfügung über die Zinsen ein. Verschiedene Kantonalbanken hingegen erachten auch die Zinsen als gesperrt. Der Mieter erhält sie erst bei Auflösung des Mietzinskontos.
- Der Vermieter muss das Depot sofort nach dem Auszug freigeben, wenn die Mieterschaft nicht für Schäden an der Wohnung haften muss.
- Bei Schäden, welche die Mieterschaft übernehmen muss, darf der Vermieter das Mietzinsdepot nur dann verwenden, wenn die Mieterschaft einverstanden ist.
- Hat der Vermieter innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Mietverhältnisses keine Forderung bei der Schlichtungsstelle eingereicht, ist die Bank verpflichtet, das Mietzinsdepot auch ohne Einverständnis des Vermieters an den Mieter zurückzugeben.