Zweifel an «glücklichen Kühen»
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K-Tipp 6/2001
28.03.2001
Happy-Cow-Milch Stiftung für Konsumentenschutz droht Migros mit rechtlichen Schritten
Mit dem Etikett Happy Cow verkauft die Migros Milch von «glücklichen Kühen». Doch die Up-Milch ist weder biologisch noch besonders naturnah produziert. Sie stammt von Hochleistungskühen.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Eine Kuh liegt gemütlich im Stroh und liest ein Buch; eine andere macht gerade Pédicure. So wirbt die Migros für ihre neue Happy-Cow-Milch. Di...
Happy-Cow-Milch Stiftung für Konsumentenschutz droht Migros mit rechtlichen Schritten
Mit dem Etikett Happy Cow verkauft die Migros Milch von «glücklichen Kühen». Doch die Up-Milch ist weder biologisch noch besonders naturnah produziert. Sie stammt von Hochleistungskühen.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Eine Kuh liegt gemütlich im Stroh und liest ein Buch; eine andere macht gerade Pédicure. So wirbt die Migros für ihre neue Happy-Cow-Milch. Diese Up-Milch stamme von «glücklichen Kühen», schreibt die Migros in einer Broschüre. Die Kühe seien nicht angebunden und könnten sich jederzeit frei im Stall und auf der Weide bewegen.
Wer das klein Gedruckte nicht genau liest, denkt unwillkürlich an Bio-Milch. Migros-Product-Manager Ernst Holenstein sagt zwar, die Happy-Cow-Milch sei keine Bio-Milch. Aber er erweckt in der Migros-eigenen Zeitung Brückenbauer den Eindruck, die Migros dürfe die Milch nur deshalb nicht als Bio-Milch verkaufen, weil sie uperisiert ist.
Das stimmt allerdings nicht. In der Schweiz darf Up-Milch durchaus als Bio-Milch verkauft werden. Die Bio-Verordnung listet andere Vorschriften auf: So müssen die Bio-Grundsätze für den ganzen Hof gelten und die Tiere müssen Bio-Futter erhalten.
«Tierischer Spitzensport» ist fragwürdig
Doch diese Grundsätze erfüllt die Happy-Cow-Milch nicht. Auf ihrer Internet-Seite prahlt die Migros vielmehr damit, dass ihre «glücklichen» Kühe bis zu 16 000 Liter Milch pro Jahr geben.
Christof Dietler, Bio-Suisse-Geschäftsführer, bezweifelt aber, dass «solch tierischer Spitzensport glücklich macht. Eine sehr gute Kuh, die artgerecht gefüttert wird, kann rund 7000 Liter Milch geben», sagt Dietler. «Wenn eine Kuh derart viel Kraftfutter erhält, dass sie 16 000 Liter gibt, ist das eine Riesenbelastung für den Organismus. Der Bauer überlistet das geniale Verdauungssystem der Wiederkäuer.»
Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), ärgert sich darüber, dass die Migros «die Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Produktion verwischt». Damit verstosse die Migros gegen die Bio-Verordnung, das Lebensmittelgesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Deshalb droht die SKS mit rechtlichen Schritten.
Migros-Product-Manager Ernst Holenstein versteht Bachmanns Ärger nicht. «Happy-Cow-Milch ist sicher nicht Bio-Milch», sagt er. Dennoch betont er, dass die Unterschiede zwischen Bio-Milch und Happy-Cow-Milch nicht so gross seien: «In Sachen Tierhaltung gibt es starke Berührungspunkte zwischen den Bio-Richtlinien der EU und unseren Happy-Cow-Vorschriften.»
Dafür zahlen die Konsumenten und Konsumentinnen 15 Rappen mehr als für konventionelle Up-Milch. Von diesem Mehrpreis sehen die Bauern aber nur 3 Rappen. Zwischen 5 und 10 Rappen kosten Verpackung und Recycling.
Lange Transportwege für Kunststoff-Flaschen
Die Migros verkauft die Milch nämlich in aufwändigen, lichtundurchlässigen Polyethylen-Flaschen mit Drehverschluss. Für die Migros ist das eine «ökologisch sinnvolle» Verpackung. Denn die leeren Flaschen werden nach Gebrauch weiterverwertet.
Zuvor jedoch müssen die Flaschen durch die ganze Schweiz gekarrt werden. Die Produktionsstätte steht in Aesch BL, abgefüllt werden die Flaschen in Estavayer FR, nachher gehts in Migros-Filialen in der ganzen Schweiz. Das Leergut geht in die Presse nach Aproz VS und schliesslich zum Recycling nach Weinfelden TG.
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Unklare Deklaration - SKS rügt Coop Naturaplan
Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat neben der Migros auch Coop im Visier. Mit dem Natura-Plan-Label verwirre Coop die Konsumenten, schreibt SKS-Geschäftsführerin Jacqueline Bachmann in einem Brief an den Grossverteiler. Denn: Gemüse, Früchte und Milchprodukte der Natura-Plan-Linie sind zwar Bio-Erzeugnisse, Natura-Plan-Fleisch und -Eier hingegen nicht. Die SKS droht dem Grossverteiler nun mit rechtlichen Schritten, falls dieser nicht Klarheit schaffe.
Coop-Pressesprecher Karl Weisskopf versteht die Vorwürfe nicht. «Wir haben immer gesagt, dass nur jene Natura-Plan-Produkte Bio-Erzeugnisse sind, die die Bio-Knospe tragen. Wir haben nie ein Geheimnis um den Unterschied gemacht.» Dennoch gehe man bei Coop über die Bücher. Genaues will Weisskopf noch nicht sagen. Klar ist nur, dass Coop Erzeugnisse aus biologischer Produktion und solche aus Auslaufhaltung bald farblich deutlicher kennzeichnet.