Viele spüren ihn nicht, dennoch kann er gefährlich sein: hoher Blutdruck. Er belastet Herz und Kreislauf stark. Damit steigen die Risiken für einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder Nierenschäden. Bisher versuchten Ärzte, den Blutdruck von Patienten mit zu hohen Werten auf 140 zu senken. Werte darunter gelten laut Weltgesundheitsorganisation als normal.
Eine neue Studie sorgt nun für Aufregung. Denn sie kommt zum Schluss: Ärzte könnten Leben retten, wenn sie den Wert bei ihren Patienten auf 120 senken würden.
An der Studie im Auftrag der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde nahmen über 9000 Personen mit zu hohem Blutdruck teil. Die Forscher teilten sie in zwei Gruppen. Bei den einen senkten sie den Blutdruck mit Medikamenten auf 120, bei den anderen auf 140. Das Ergebnis: In der Gruppe, in der sie den Blutdruck stärker senkten, starben rund ein Viertel weniger Menschen. Zudem erlitten sie weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle.
Die Wissenschafter waren ob des Resultats so verblüfft, dass sie die Studie vorzeitig abbrachen – sie wollten die Vorteile den anderen Patienten nicht vorenthalten. Zugleich empfahlen sie, die bisher geltenden Richtlinien zu Bluthochdruck zu überprüfen. Bereits haben erste Fachgremien ihre Richtlinien angepasst.
Doch die Studie zeigte auch: Wenn man den Blutdruck stärker senkt, hat das Nebenwirkungen. Die Patienten in der Studie erlitten zum Teil Nierenschäden und entwickelten starken Schwindel oder zu niedrigen Blutdruck.
Nicht alle Patienten gleich behandeln
Kein Wunder, stösst die US-Studie auf Kritik. Thomas Lüscher, Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Zürich, sagt, dass die Studie zwar eindrücklich sei. Dennoch dürfe man nicht alle Patienten über einen Kamm scheren. «Man muss den Blutdruck nach wie vor bei jedem einzeln anpassen.» Bei Patienten über 70 sei zum Beispiel Vorsicht angebracht. Denn diesen würde bei zu tiefem Blutdruck schnell schwindlig. Stürze können die Folge sein. «Das ist gefährlich», sagt Lüscher.
Auch der Arzt Wolfgang Becker-Brüser vom deutschen Fachblatt «Arznei-Telegramm» sagt: «Die Studie lässt viele Fragen offen.» So hätten die Forscher nicht alle wesentlichen Patientengruppen miteinbezogen. Dazu gehörten Patienten mit Diabetes oder solche, die bereits einen Schlaganfall erlitten hatten. Den Blutdruck generell auf unter 120 zu senken, sei deshalb «nicht angebracht», so Becker-Brüser.
Der Arzt warnt zudem davor, dass man den Blutdruck der Patienten auch zu stark senken kann: «Wenn Patienten den Blutdruck beim Arzt messen lassen, ist dieser oft höher als zu Hause. 130 beim Arzt bedeutet zu Hause vielleicht 120.» Für Becker-Brüser ist klar, dass mit dem neuen Richtwert vor allem die Pharmaindustrie profitiert, die mehr Blutdrucksenker verkaufen kann. «Wie hoch der Nutzen für die Patienten ist, bleibt offen.»
Das können Sie gegen hohen Blutdruck tun
- Rauchen Sie nicht, trinken Sie wenig Alkohol.
- Vermeiden Sie starkes Übergewicht.
- Vermindern Sie Stress.
- Essen Sie viel Vollkorn, Haferflocken, Bananen und Nüsse.
- Getränke wie Randensaft und Hibiskustee können helfen, den Blutdruck zu senken.
- Bewegen Sie sich mindestens dreimal in der Woche eine Stunde, sodass Sie leicht ins Schwitzen kommen
- Achten Sie auf genügend Schlaf pro Nacht (7 bis 8 Stunden).