Nach der AKW-Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 entschied sich der Bundesrat für einen schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie. Strom sollte fortan aus erneuerbarer Energie wie Wasser, Wind und Sonne fliessen.
Beim Wind zeigt sich, dass die gesetzten Ziele unrealistisch sind. Das räumt auch das Bundesamt für Energie ein. Laut Plan müssten die Windanlagen nächstes Jahr 660 Gigawattstunden Strom produzieren. 2017 waren es erst 132 Gigawattstunden. Zum Vergleich: Alle Solaranlagen zusammen produzierten 1700 Gigawattstunden.
Bis ins Jahr 2050 erachtet der Bundesrat den Bau von rund 800 Windanlagen als notwendig. Gebaut sind heute 37 Anlagen. 452 Windanlagen sind in Planung. Seit 2014 wurden nur bestehende Windparks erweitert, aber keine Anlagen an neuen Standorten gebaut.
Bevölkerung und Naturschützer wehren sich erfolgreich
Der Widerstand in der Bevölkerung ist gross. Jüngstes Beispiel: das Windparkprojekt in der Linthebene bei Bilten GL. Nach heftigem Widerstand verzichtete das Glarner Kantonsparlament im April auf das Projekt. Die Sorgen der lokalen Bevölkerung müssten ernst genommen werden, lautete der Tenor im Rat. Geplant waren vier bis fünf Windräder, die Strom für 5800 bis 7300 Haushalte geliefert hätten. Der Verein «Linth Gegenwind» bekämpfte das Projekt: «Die Anlage hätte die Landschaft verschandelt und wäre zu nahe bei Siedlungen gestanden», sagt Siegfried Hettegger vom Verein.
Unterstützung erhält die Bevölkerung von Natur- und Landschaftsschützern. Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz befürwortet zwar einen Ausbau der Windenergie. «Natur- und landschaftsverträglich ist das aber nur in einem viel kleineren Umfang möglich, als dies die Strategie des Bundes vorsieht.» Die Schweiz sei kein Windenergieland.
Manchmal führt der lokale Widerstand auch dazu, dass Unternehmen selbst die Reissleine ziehen. So geschehen in der Luzerner Gemeinde Triengen. Als die Stimmbürger einen Mindestabstand von 700 Metern zwischen dem Windrad und Wohnbauten festlegten, liessen die Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) das Projekt fallen.
Auch der Energieversorger Primeo Energie entschied vor einem Jahr, sein Windparkprojekt in der Baselbieter Gemeinde Liesberg auf Eis zu legen. Es liesse sich «nicht wirtschaftlich betreiben». Bereits 379 Anlagen stehen auf der Warteliste für Bundesgelder. Deshalb ist es ungewiss, ob neue Projekte noch in den Genuss von Subventionen kommen.
Ins Gewicht fallen aber auch die unsicheren Windprognosen. Die Voraussagen waren nicht verlässlich. Das zeigt der Windatlas des Bundes (www.windatlas.ch). Dort schätzt der Bund das Potenzial der Windenergie. Noch 2016 waren viele Gebiete von der West- bis in die Ostschweiz dunkelblau bis violett eingefärbt. Das bedeutete hohe Windgeschwindigkeiten zwischen 5,5 und 6,5 Metern pro Sekunde. In der aktuellen Ausgabe sind sie deutlich tiefer.
Der Bund begründet das mit genaueren Messdaten. Allerdings hält er die Standorte unter Verschluss, weil die Messdaten von privaten Firmen zur Verfügung gestellt werden. Andernfalls könne jeder die exakten Messwerte für einzelne Standorte ableiten.