Viele Swisscom-Kunden sind verunsichert: In den letzten Wochen flat­terte ein neuer Vertrag ins Haus – inklusive Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und Datenschutz­erklärung. 

Das ganze Werk umfasst acht kleinstgeschriebene Seiten. K-Tipp-Leser Franz Imark aus Basel sagt: «Ich kann das nicht alles lesen und bin total überfordert.» Ein Anwalt aus dem Zürcher Oberland mit jahrzehntelanger Berufserfahrung schreibt: «Einen solchen Vertrag, der nicht unterschrieben werden muss und kein wesentliches Vertragselement enthält, habe ich bisher noch nicht gesehen.»

Neu 30 Franken Mahn­gebühr

Tatsächlich steht auf dem als «Vertrag» überschriebenen Blatt der Swisscom ­ausser der Adresse und dem Geburtsdatum des Kunden nichts Konkretes. Unter «Angebote und Preise» wird auf die Website von Swisscom verwiesen. Das Gleiche gilt für die «Vertrags­bestandteile» und die Kündigungsmodalitäten. 

Der unterschrifts­lose «Ver­trag» gilt für Festnetz-Telefonie, Internet- und Fernseh-­Abos. Der K-Tipp hat die seiten­langen AGB studiert. Die grössten Nachteile ­gegenüber den bisherigen ­Regelungen sind: 

Inkassokosten: Die Mahngebühr wird von 20 auf 30 Franken erhöht. Und: Falls die Swisscom ­ein Inkassobüro einschaltet, soll neu der Kunde dafür zahlen.

Allerdings: Ein Verzugsschaden muss gemäss Gerichtspraxis nur bezahlt werden, wenn er höher ist als der Verzugszins des Rechnungsbetrags (K-Tipp 2/2016). Das ist praktisch nie der Fall.

Swisscom-Sprecherin Sabrina Hubacher verspricht auf Fragen des K-Tipp: «Swisscom verzichtet auf ­die ­erste Mahngebühr, wenn ein Kunde ­innert der Nachfrist zahlt.» Die AGB seien meist ­strenger formuliert, als die Swisscom dies in der Praxis handhabe.

Vertragsänderung per E-Mail: Die Swisscom nimmt sich in den AGB ­das Recht dazu, Änderungen des Vertrags «auf die letzte angegebene E-Mail-Adresse» oder über «andere elektronische Informationskanäle rechtsgültig zuzustellen». Swisscom-Sprecherin ­An­nina Merk beschwichtigt: «Die Kunden können weiterhin angeben, ob sie ihre Unterlagen lieber per Post erhalten möchten.» Der Wechsel vom Briefverkehr zu elektronischen Kanälen sei ein langfristiger Prozess. Die AGB böten bloss eine mögliche Grundlage, um künftig Vertragsänderungen überhaupt per E-Mail senden zu dürfen.

Raubzug auf Kundendaten: Die Swisscom will unter anderem Daten über Geschlecht, Alter, Wohnort, TV-Gewohnheiten und Surfverhalten im Internet sammeln. Diese Kundendaten will sie anonymisiert für Werbezwecke an an­dere Firmen verkaufen. ­Das ist unter anderem die Werbevermarktungsfirma Admeira, die den drei Unter­nehmen Swisscom, Ringier und SRG gehört. 

Ihr Ziel ist es, auf Swiss­com-­TV und im Internet personalisierte Werbung zu schalten. Beispiel: Wer viel auf Sportseiten surft, soll im Fernsehen und im Internet vermehrt Sportwerbung erhalten. Wer Kleinkinder hat, wird mit entsprechenden TV-Spots versorgt («Saldo» 5/2017). 

Dies und viel mehr erlauben die Swisscom-Kunden ausdrücklich mit der Annahme der «Datenschutzerklärung», die dem Vertrag beigelegt wurde. Wer nicht will, dass die Swisscom mehr persönliche Daten speichert, als für die be­stellte Dienstleistung nötig ist, sollte dies durch einen eingeschriebenen Brief mitteilen (siehe Kasten «So bestimmen Sie, was gilt»).

Auch die AGB-Ände­rungen der Swisscom muss man nicht akzeptieren. Der bisherige Vertrag läuft dann weiter, bis ihn eine Partei kündigt. 

«Klausel für Kunden unverbindlich»

Doch die Swisscom will den neuen Vertrag allen Kunden aufdrängen: «Wer nicht mit den neuen AGB einverstanden ist, hat ein Kündigungsrecht. Ein Verbleib bei den alten AGB ist nicht möglich.»

Thomas Probst, Professor für Privatrecht an der Universität Freiburg, ist damit gestützt auf ­die Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht einverstanden: «Eine Klausel in den AGB, die dem Unternehmen das Recht einräumt, den Vertragsinhalt nachträglich ­einseitig abzuändern, ist für den Kunden zum Vorn­herein unverbindlich, wenn die Klausel nicht konkret angibt, wann und inwieweit die spätere Vertragsanpassung erfolgen wird.» Diesen Anforderungen genügen die bisherigen AGB ­der Swisscom aus dem Jahr 2012 nicht.

Auch laut Thomas Geiser, Zivilrechtsprofessor an der Universität St. Gallen, gilt der alte Vertrag der Swisscom weiter, wenn ein Kunde explizit widerspricht. «Allenfalls kann die Swisscom den alten Vertrag dann kündigen.» 

Swisscom muss alle Kunden akzeptieren

Die Swisscom erklärt auf Anfrage des K-Tipp: «Lehnt ein Kunde die neuen Bedingungen ab, suchen wir zuerst das Gespräch. Hält er am alten Vertrag fest, würde die Swisscom diesen voraussichtlich kündigen.»

Bezüglich Festnetz-Telefon und Internetanschlüssen haben die Kunden allerdings einen Anspruch auf einen Vertrag mit der Swisscom. Denn die Swisscom hat vom Bund eine Konzession für die Grundversorgung der Bevölkerung. 

Caroline Sauser, Sprecherin des dafür zuständigen Bundesamts für Kommunikation: «Lehnt ein ­Kunde die neuen Swisscom-AGB ab, rechnen wir nicht mit einer Änderung des Dienstleistungsangebots.»

So bestimmen Sie, was gilt

Wenn Sie nichts tun, gilt automatisch der neue Vertrag ab dem von der Swisscom mitgeteilten Datum.

Wollen Sie den bisherigen Vertrag beibehalten und Ihre Daten schützen, können Sie den K-Tipp-­Musterbrief «Ablehnung der Vertragsänderung» verwenden (siehe Musterbrief). Schicken Sie der Swisscom den eingeschriebenen Musterbrief möglichst innert 30 Tagen seit Erhalt des Vertrags. Behalten Sie eine ­Kopie als Beweis. 

Wer einzelne oder alle Leistungen der Swisscom (Festnetz, Internet, TV) kündigen will, kann dies ohne Einhaltung der bisher anwendbaren zweimonatigen Frist tun.

Wer den neuen Swisscom-Vertrag akzeptiert und nur seine persönlichen Daten schützen will, kann dies mit dem Musterbrief «Datenschutz» machen.

Die erwähnten Musterbriefe finden Sie im Internet unter www.ktipp.ch ! Service ! Musterbriefe.