14 Tage Menorca zum halben Preis
Wer Badeferien in Deutschland bucht, fährt oft viel günstiger. Jetzt treten Schweizer Reisebüros die Flucht nach vorn an und verkaufen auch ausländische Arrangements.
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K-Tipp 9/2003
07.05.2003
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Doris Hobi bringts auf den Punkt. «Im Internet-Zeitalter haben die Leute gelernt zu vergleichen», konstatiert die Leiterin des Reisebüros IT Reisen in Haag SG. «Sie wissen sehr genau, ob ein deutscher oder österreichischer Veranstalter ihre Wunschferien weit günstiger anbietet als seine Schweizer Konkurrenz.»
Hanspeter Pfändler, Geschäftsführer von Hampis Travel Service in Horn TG, sieht das ebenso. «Schweizerinnen und Schweizer pilgern heute fast scharenweise ins benac...
Doris Hobi bringts auf den Punkt. «Im Internet-Zeitalter haben die Leute gelernt zu vergleichen», konstatiert die Leiterin des Reisebüros IT Reisen in Haag SG. «Sie wissen sehr genau, ob ein deutscher oder österreichischer Veranstalter ihre Wunschferien weit günstiger anbietet als seine Schweizer Konkurrenz.»
Hanspeter Pfändler, Geschäftsführer von Hampis Travel Service in Horn TG, sieht das ebenso. «Schweizerinnen und Schweizer pilgern heute fast scharenweise ins benachbarte Ausland, um ihre Ferien zu buchen», beschreibt er die Folgen des neuen Preisbewusstseins.
Tatsächlich reist teils massiv günstiger, wer bei ausländischen Veranstaltern bucht. Das zeigt eine Stichprobe des K-Tipp, die fünf Badeferien-Arrangements des deutschen Reisegiganten Neckermann mit nahezu identischen Angeboten der Schweizer Veranstalter Kuoni, Helvetic Tours, Imholz, Hotelplan und M-travel vergleicht (siehe Tabelle).
Schweizer Anbieter durchwegs teurer
So spart eine vierköpfige Familie über 3400 Franken, wenn sie ihre zweiwöchigen Herbstferien auf Menorca bei Neckermann statt Helvetic Tours bucht. Einziger Unterschied: Neckermann fliegt am Sonntag mit Hapag-Lloyd ab Basel, Helvetic Tours am Samstag mit Edelweiss Air ab Zürich.
Ibiza-Ferien wiederum kosten die Familie bei Neckermann rund 2100 Franken weniger als bei Imholz. Und in diesem Fall stimmen nicht nur Unterkunft und Aufenthaltsdauer, sondern auch Hin- und Rückreisetag, Flughafen und Airline überein. Über die gesamte Stichprobe hinweg sind die Schweizer Veranstalter je nach Destination zwischen 17 und 95 Prozent teurer als Neckermann.
«Solche Preisdifferenzen entscheiden bei mancher Familie, ob Ferien überhaupt gebucht werden können», weiss Doris Hobi. Das Reisebüro IT Reisen hat deshalb vor etwa einem halben Jahr begonnen, Arrangements ausländischer Veranstalter wie Gulet Touristik aus Österreich oder eben Neckermann zu verkaufen. Hobi: «Unter dem Strich lohnt sich das für uns - auch wenn wir eine etwas geringere Kommission als bei Schweizer Veranstaltern erhalten.»
IT Reisen ist übrigens kein Einzelfall. Laut Karin Bruhin von der Schweizer Neckermann-Vertretung in Pfäffikon SZ gibts gerade im Raum Bodensee inzwischen mehrere Schweizer Reisebüros, die mit dem deutschen Reiseriesen zusammenarbeiten.
Einen anderen Weg beschreitet Hampis Travel Service. Geschäftsführer Pfändler: «Wenn Kunden uns von einem günstigen Ferienangebot jenseits der Grenze berichten, offerieren wir ihnen, dieses Angebot für sie zu buchen.»
Gute Umsätze dank günstigen Angeboten
Pfändler kann dazu auf die Dienste befreundeter deutscher Buchungsstellen zurückgreifen. Und er ist überzeugt, dass mit dieser Verkaufsstrategie «auch andere Schweizer Reisebüros in der gegenwärtigen Krise besser bestehen könnten». Wie IT Reisen vermeldet nämlich auch Hampis Travel Service trotz Wirtschaftsflaute, Irak-Krieg und Sars gute Umsätze. «Mein Geschäft läuft ganz sicher nicht schlechter als im Vorjahr», freut sich Hanspeter Pfändler.
Helvetische Reisebüros, die mit ausländischen Anbietern geschäften - schwimmen den Schweizer Veranstaltern jetzt die Felle davon?
Kuoni, Imholz, Hotelplan und Co. winken ab und behaupten, preislich gar nicht so schlecht dazustehen. Die grossen Unterschiede in der K-Tipp-Stichprobe seien vorab darauf zurückzuführen, dass die erste Oktoberhälfte in der Schweiz ferienbedingt zur Hochsaison, in Deutschland aber zur Nebensaison gehöre. Allerdings: Vergleicht man die Beispiele in der Stichprobe ausschliesslich zu Hochsaisontarifen, bezahlt die vierköpfige Familie für zwei Wochen Ferien bei den Schweizer Veranstaltern je nach Destination noch immer zwischen 11 und 51 Prozent mehr als bei Neckermann.
Und selbst während der deutschen Pfingstferien Anfang Juni, die in die Schweizer Vorsaison fallen, ist Neckermann bloss bei zwei der fünf Destinationen teurer als die Schweizer Konkurrenz.
Wie viel Spielraum steckt im Preis?
«Ich habe zuweilen den Eindruck, dass Reiseveranstalter und Fluggesellschaften in der Schweiz ihre Preise ziemlich willkürlich festsetzen», meint Reisebüro-Mann Hanspeter Pfändler. Kuoni, Imholz und Hotelplan bestreiten das allerdings vehement.
Und sie verwahren sich auch - hauptsächlich mit dem Argument der höheren Kosten in der Schweiz - nachdrücklich gegen den Vorwurf, fette Margen einzustreichen. Doch Doris Hobi von IT Reisen vermutet trotzdem: «In den Preisen der Schweizer Veranstalter ist noch unheimlich viel Luft drin. Da bestünde sicher Spielraum für Reduktionen.»