Angestellte zahlen Monat für Monat Beiträge an die Pensionskasse. Beim Stellenwechsel wird ihr bis dahin gespartes Altersguthaben an die Kasse des neuen Arbeitgebers überwiesen. Das war auch nach dem Konkurs der Swissair im Jahr 2001 der Fall. Das Altersgeld der Ex-Swissair-Angestellten ging von der Allgemeinen Pensionskasse der SAirGroup (APK) an die Pensionskassen der neuen Arbeitgeber.
In solchen Fällen haben Versicherte das Recht, beim Stellenwechsel auch einen Anteil an den Reserven zur neuen Kasse zu zügeln. Doch nicht alle neuen Kassen schreiben den Übertretenden daraufhin das ganze Geld gut. Das war auch bei Markus Meier (74) aus Rorbas ZH der Fall. Meier arbeitete fast sein ganzes Berufsleben beim Swissair-Konzern. Als die Airline pleite ging, war er Personalverantwortlicher der Swissair-Tochterfirma Gate Gourmet Switzerland. Ende 2002 wechselte er mit rund 1300 anderen Angestellten in die Pensionskasse von Gate Gourmet.
Zuschlag nur teilweise überwiesen
Damals wurde berechnet, dass jeder Übertretende nicht nur Anspruch auf sein individuelles Sparschwein hat, sondern auch auf einen Zuschlag von 8,33 Prozent – also den ihm zustehenden Anteil an den Reserven. Die Nachfolgekassen verpflichteten sich, den Versicherten die ganze Übertrittsleistung gutzuschreiben. Wegen guten Geschäftsgangs erhöhte sich der Zuschlag bis 2010 auf 9,4 Prozent. Dann wurde das Geld überwiesen. Die Angestellten der Swissair-Tochterfirmen Cargologic und der EDS-Group bekamen die vollen 9,4 Prozent. Andere Nachfolgekassen legten den Zuschlag irgendwo zwischen 8,33 und 9,4 Prozent fest (K-Tipp 5/13).
Die Pensionskasse von Gate Gourmet schrieb Meier und den anderen Versicherten nur 8,33 Prozent gut. Das teilte sie ihnen im Juni 2010 in einem Schreiben mit. Die übrigen rund 2 Millionen Franken vom Guthaben der 1300 Übergetretenen wanderten in die Reserven der Gate-Gourmet-Kasse.
Dagegen beschwerte sich Meier stellvertretend für die Mitarbeiter bei der Kasse. Ohne Erfolg. Nach einiger Korrespondenz reichte er bei der Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich eine Aufsichtsbeschwerde ein. Begründung: Die 2 Millionen Franken seien entgegen dem Vertrag zwischen der alten und der neuen Pensionskasse nicht den Übertretenden gutgeschrieben worden. Das sei vertragswidrig und verletze das Gesetz.
Die Stiftungsaufsicht war anderer Meinung. Im Juli 2017 wies sie seine Beschwerde ab. Begründung: Der Stiftungsrat der Gate Gourmet habe das Geld nach seinem Ermessen verteilen dürfen. Meier zog den Entscheid weiter bis zum Bundesgericht. Im Mai dieses Jahres endete der Streit. Meier unterlag, ohne dass sich das Gericht mit der umstrittenen Verwendung der Gelder beschäftigte.
Die Begründung der Abweisung ist pikant: Meier habe mit der Aufsichtsbeschwerde an die Stiftungsaufsicht zu lange gewartet. Die Kasse habe die Versicherten Mitte Juni 2010 schriftlich über die Höhe der Gutschrift informiert. Meier habe sich aber erst Mitte November bei der Aufsichtsbehörde beschwert.
Nur: Das Gesetz erwähnt Aufsichtsbeschwerden gegen Stiftungen nicht. Und deshalb steht auch nirgends, innert welcher Frist sich Betroffene bei der Aufsichtsbehörde gegen Beschlüsse einer Pensionskasse beschweren können. Selbst das Bundesgericht wollte diese Frist im Entscheid nicht festlegen. Es erachtete jedoch die fünf Monate von der Mitteilung bis zur Beschwerde als zu lange – trotz der zwischenzeitlichen Korrespondenz Meiers mit der Pensionskasse. Das Gericht hielt Meier zwar zugute, er sei nicht Jurist und damals noch nicht anwaltlich vertreten gewesen. Als ehemaliger Stiftungsrat habe er aber über «gehörige Rechtskenntnisse» verfügt.
Meier ist verärgert: «Ich war tatsächlich Stiftungsrat. Von einer solchen Frist habe ich aber nie etwas gehört.» Auch auf dem Schreiben der Pensionskasse sei nichts von einer Frist gestanden. Es sei nicht seine Art, sofort zu einem Anwalt zu rennen. «Ich habe zuerst dem Stiftungsratspräsidenten einen Brief geschrieben.»
Beschwerde innert 30 Tagen einreichen!
Fazit des Bundesgerichtsurteils: Die Stiftungsräte müssen ihre Entscheide über die Verteilung von Vermögen nicht begründen – und den Versicherten auch nicht mitteilen, wie sie sich gegen einen Entscheid wehren können. Das Gesetz erwähnt die Möglichkeit einer Aufsichtsbeschwerde nicht – und setzt auch keine Frist. Der K-Tipp rät deshalb: Gegen problematische Beschlüsse der Pensionskasse sollte man bei der Stiftungsaufsicht unbedingt innert 30 Tagen Beschwerde einlegen. Gut zu wissen, dass es diese Möglichkeit gibt: Schliesslich verwalten die Pensionskassen ein riesieges Vermögen von knapp 1000 Milliarden Franken.
Störend im Fall Meier ist auch: Die Pensionskasse des früheren Swissair-Konzerns schwimmt heute im Geld. Die Experten, die bei der Teilliquidation berechneten, wie viel Geld in der Swissair-Kasse für die Rentner verbleiben soll, gingen von falschen Annahmen aus: einer zu hohen Lebenserwartung und einem zu tiefen Ertrag des Vermögens. Die APK hätte also viel mehr Geld an die anderen Kassen zahlen können, als sie es am Ende tat.
Folge: Die verbliebenen Rentner der Swissair-Kasse erhalten seit Jahren vier bis sechs zusätzliche Monatsrenten pro Jahr. Pech für alle Leute, die infolge des Swissair-Konkurses die Stelle und die Pensionskasse wechseln mussten.
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