Anfang 2019 übernahm die Serafe AG die Aufgabe der viel kritisierten Billag. Serafe zieht seither die Radio- und TV-Gebühren ein. Im Oktober 2018 gab sich Serafe-VR-Präsident Werner Krauer gegenüber dem «Blick» noch selbstsicher: «Ich bin zuversichtlich, dass wir nicht zu einer der unbeliebtesten Firmen im Land werden.»
Im Januar 2019 verschickte Serafe über drei Millionen Rechnungen – doch viele Adressen waren falsch oder die verlangten Beträge stimmten nicht. Der Kundendienst wurde mit Anrufen und schriftlichen Anfragen überrannt. Im Serafe-Tätigkeitsbericht 2020 ist von 840 000 telefonischen und 420 000 Anfragen per Brief und E-Mail die Rede.
Folge: Die Firma antwortete auf schriftliche Anfragen nur noch verspätet oder gar nicht. Im gleichen Bericht versprach Serafe Besserung: «Unser Ziel ist es, die Reaktionszeiten für schriftliche Anfragen auf maximal 48 Stunden zu reduzieren.»
Der Kampf des K-Tipp-Lesers
Davon ist die Serafe noch weit entfernt. Das zeigt das Beispiel des K-Tipp-Lesers Norbert Reinhart aus Solothurn: Ende Mai 2019 starb sein 46-jähriger Sohn Patrick unerwartet an einem Herzstillstand.
25. Juni 2019: Der Vater meldet nach dem ersten Schock den Todesfall an Serafe. Per E-Mail schickte der pensionierte Heimleiter die Todesurkunde und bat, «die Gebührenerhebung zu stoppen» und die 152 Franken, die sein Sohn vorausbezahlt hatte, zurückzuerstatten. Er erhielt eine automatische Mail-Antwort mit dem Versprechen, dass sein «Anliegen raschmöglichst» bearbeitet werde. Dann geschah nichts mehr.
5. August 2019: Reinhart bittet Serafe ein zweites Mal, den Betrag zu überweisen. Keine Reaktion.
13. Januar 2020: Reinhart bittet ein drittes Mal um eine Rückerstattung der 152 Franken. Serafe reagiert wiederum nicht.
31. Juli 2020: Norbert Reinhart wendet sich ein viertes Mal an Serafe, diesmal per Einschreiben. Er droht, die zu viel bezahlten Gebühren von seiner Rechnung abzuziehen. Erneut keine Reaktion.
25. September 2020: Reinhart wendet sich an den K-Tipp. Der Rechtsberater fragt bei Serafe nach, weshalb sie auf die vier Schreiben nicht reagiert und das Geld nicht zurückgezahlt habe. Drei Tage später meldet sich Mediensprecher Erich Heynen bei Reinhart. Er entschuldigt sich bei ihm, dass er keine Antwort erhalten habe. Er verspricht, das Geld werde in den nächsten Tagen überwiesen. Er müsse nur noch eine Erbenbescheinigung schicken. Das tut Reinhart sofort. Das Geld kommt trotzdem nicht.
13. Oktober 2020: Serafe schickt Reinhart den Standardbrief «Meldung Todesfall». Darin wird ihm mitgeteilt, dass «wir das Guthaben zur Auszahlung in Auftrag geben». Das Geld trifft aber immer noch nicht ein.
22. Oktober 2020: Reinhart ruft den Kundendienst an und fragt, wann die Rückerstattung erfolge. Die Kundenberaterin sagt, dass bis jetzt nichts unternommen worden sei. Sie verlangt nochmals eine Erbenbescheinigung. Reinhart schickt sie sogleich per Mail mit seiner IBAN-Kontonummer. Das Geld erhält er weiterhin nicht.
27. November 2020: Reinhart ruft wieder den Kundendienst an. Nun sagt ihm die Kundenberaterin, die Zahlung sei an die falsche IBAN-Nummer überwiesen worden. Sie verspricht aber, dass er das Geld in zwei Wochen erhalten werde. Doch das Geld kommt nicht.
4. Januar 2021: Norbert Reinhart wendet sich nochmals an den K-Tipp. Der Rechtsberater fragt bei Serafe erneut nach, weshalb sie das Geld immer noch nicht zurückgezahlt hat.
Endlich reagiert die Firma prompt: Einen Tag später – am 5. Januar 2021 – erhält Norbert Reinhart die 152 Franken auf seinem Konto bei der Postfinance gutgeschrieben – exakt 559 Tage nach seiner ersten Anfrage.