Das Bankgeheimnis verbietet Banken, Angaben über Kunden an Dritte weiterzugeben. Also etwa an die Polizei, Steuerbehörden oder das Betreibungsamt. Geschützt sind sämtliche Informationen, die das Geldinstitut im Rahmen seiner bankgeschäftlichen Beziehungen über seinen Kunden erfährt. Eine Bank, die Daten weitergibt, macht sich gemäss Artikel 47 des Bankengesetzes strafbar. Es drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe – es sei denn, der Kunde verzichtet explizit auf das Bankgeheimnis.
Kurzfristig über Änderung informiert
Zu einem solchen Verzicht versuchte die Aargauer Kantonalbank (AKB) einen K-Tipp-Leser aus Möriken-Wildegg AG zu bewegen. Er hat ein Seniorensparkonto bei der AKB. Am 31. Dezember 2017 erhielt er ein Informationsschreiben der Bank. Darin wurde er über die Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen per 1. Januar 2018 informiert. In der neuen Ziffer 21 heisst es: «Der Kunde verzichtet auf das Bankkundengeheimnis bei Transaktionen und Dienstleistungen, welche die Bank für den Kunden erbringt, insbesondere auch, wenn diese einen Auslandbezug aufweisen.» Der Leser erschrak: «Diese Änderung führt zur Aufhebung des Bankgeheimnisses!»
Die Bank droht mit einer Kündigung
Laut Ursula Diebold, Sprecherin der Aargauer Kantonalbank, geht es bei der Klausel nicht um die Aufhebung des Bankkundengeheimnisses. Sondern darum, «dass der Kunde die Bank zur Offenlegung von Informationen berechtigt, die für die Abwicklung von Dienstleistungen nötig sind.» Dabei handelt es sich um Kontoeröffnungen, Zahlungen und Anlageberatungen.
Die Passage im Kleingedruckten der Bank ist zu unklar formuliert. Der St. Galler Professor Markus Müller-Chen bezweifelt, dass die allgemeine Formulierung in den Geschäftsbedingungen der Bank überhaupt rechtsgültig ist. Andere Banken würden «die Offenbarung der Bankkundendaten auf bestimmte Sachverhalte begrenzen». Stefan Maeder, Assistenzprofessor für Strafrecht an der Universität Luzern, gibt ihm recht: «Der Kunde, der der Aufhebung zustimmt, muss die Tragweite der Einwilligung überblicken.» Das scheine im vorliegenden Fall angesichts der sehr offenen Formulierung nicht so zu sein.
Rechtlich sind die Kunden der Bank nicht verpflichtet, der neuen Klausel zuzustimmen. Die Bank müsste sich dann weiterhin an das Bankgeheimnis halten – allerdings könnte sie dem Kunden kündigen. Von diesem Recht will die Aargauer Kantonalbank laut Sprecherin Diebold Gebrauch machen. Das Konto des Kunden werde aufgelöst. Der K-Tipp-Leser kam dem zuvor: Er wechselte in der Zwischenzeit zur MigrosBank.
Einwilligung müsste schriftlich erfolgen
Auch andere Banken schränken das inländische Bankgeheimnis im Kleingedruckten ein. Die WIR-Bank zum Beispiel verlangte bereits 2016 von ihren Kunden, darauf zu verzichten (
«Saldo» 19/2016). In den Geschäftsbedingungen heisst es: «Der Kunde verzichtet in vollem Umfang auf den Schutz des Bankkundengeheimnisses.» Damit erteilt der Kunde der Bank einen Blankoscheck für die Weitergabe von Daten. Gegenüber dem K-Tipp wollte das Geldinstitut zur Passage keine Stellung nehmen.
Weitere Banken, die das Bankgeheimnis einschränken, sind die Berner Kantonalbank, Credit Suisse, die Luzerner Kantonalbank, Postfinance, Raiffeisen, die St. Galler Kantonalbank, Valiant und die Zürcher Kantonalbank. Sie sagen in ihren AGB, wann das der Fall ist. Die Einschränkungen würden gelten, «soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen der Bank notwendig ist» – beispielsweise bei rechtlichen Schritten des Kunden gegen die Bank oder zur Sicherung der Ansprüche der Bank. Das heisst: Die Bank schützt das Bankkundengeheimnis nur so weit, wie sie will. Berechtigte Interessen können aus Sicht der Bank nämlich auch dann vorliegen, wenn sie Kundendaten an andere Staaten weitergibt, falls diese mit Sanktionen drohen.
Die Banken betrachten neu versandte Geschäftsbedingungen als genehmigt, wenn die Kunden nicht innert eines Monats widersprechen. Mehrere vom K-Tipp angefragte Rechtsprofessoren sehen das anders: Bei der Einwilligung zur Aufhebung des Bankgeheimnisses gehe es um eine strafrechtlich relevante Einwilligung. Diese müsse ausdrücklich erfolgen. Das heisst: Die Kunden müssen schriftlich bestätigen, dass sie mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses einverstanden sind, damit diese zulässig ist.
Unstrittig ist: Ein Verzicht auf das Bankgeheimnis hat für die Kunden nur Nachteile. Sie geben die Kontrolle über ihre Daten aus der Hand und wissen nicht, wer über ihre Konten im Bilde ist.
Tipp: Verlangen Sie von Ihrer Bank, gestützt auf das Datenschutzgesetz, Auskunft darüber, welche Daten bereits an Dritte und konkret an wen übergeben wurden. Neuen Geschäftsbedingungen können Sie widersprechen: Schreiben Sie Ihrer Bank, dass Sie diese nicht akzeptieren und am bisherigen Vertrag festhalten (
einen Musterbrief finden Sie hier). In diesem Fall gelten die bisherigen Bedingungen weiterhin bis zu einer Kündigung des Vertrages.
Konten im Ausland sind nicht mehr geheim
Das Bankgeheimnis gilt praktisch nur noch im Inland.
Immer mehr Staaten tauschen untereinander Informationen über die Vermögen ihrer Einwohner aus. Seit Anfang 2017 macht auch die Schweiz mit – aufgrund massiven Drucks aus dem Ausland. An diesem Termin trat das «Gesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch (AIA) in Steuersachen» in Kraft. Die Schweizer Steuerbehörden geben ihren Kollegen im Ausland unaufgefordert die Daten von Leuten weiter, die in der Schweiz ein Konto haben, aber im Ausland wohnen. Umgekehrt liefern ausländische Steuerämter den Schweizer Behörden Informationen von Schweizern, die im Ausland ein Konto haben. Aktuell setzt die Schweiz das AIA mit 76 Staaten um.