Abriss nach dem Hotel-Frühstück
Aggressive Time-Sharing-Verkäufer gehen in vielen Hotels ein und aus - und haben so leichten Zugang zu ihren Opfern. Vor allem in der Dominikanischen Republik.
Inhalt
K-Tipp 9/2004
05.05.2004
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Hier fühlen sich Vögele-Gäste besonders wohl!», heisst es im Prospekt von Vögele Reisen. Das Hotel sei exzellent, man werde verwöhnt, der Strand sei einer der schönsten. Und: «Eine der grössten Poollandschaften wartet auf Sie!»
Dominik Schmid (Name geändert) liess sich überzeugen und buchte. Doch im Nachhinein fühlt er sich sehr unwohl, denn er wurde nicht verwöhnt, sondern abgezockt; er geriet in die Fänge von Time-Sharing-Verkäufern und hat rund 3500 Franken in d...
Hier fühlen sich Vögele-Gäste besonders wohl!», heisst es im Prospekt von Vögele Reisen. Das Hotel sei exzellent, man werde verwöhnt, der Strand sei einer der schönsten. Und: «Eine der grössten Poollandschaften wartet auf Sie!»
Dominik Schmid (Name geändert) liess sich überzeugen und buchte. Doch im Nachhinein fühlt er sich sehr unwohl, denn er wurde nicht verwöhnt, sondern abgezockt; er geriet in die Fänge von Time-Sharing-Verkäufern und hat rund 3500 Franken in den Sand gesetzt.
Passiert ist es im Hotel Occidental Grand Flamenco in Punta Cana (Dominikanische Republik). Schmid und seine Frau wurden gleich nach dem Frühstück von einem Herrn angesprochen und mit der Aussicht auf ein Begrüssungsgeschenk in einen Raum gelockt, der einen Stock höher lag.
Nach rund vier Stunden hatten die Verkäufer ihre Opfer so weit. Schmids unterschrieben einen Kaufvertrag. Er gibt ihnen das Recht, künftig in einer Ferienanlage des «Allegro Vacation Club» jedes Jahr eine Woche zu verbringen. Das kostet insgesamt rund 15 000 Franken.
Mehrere tausend Franken verloren
Eine Anzahlung von rund 3500 Franken leistete das Paar noch vor Ort per Kreditkarte. Jetzt erwartet es ein Kind und will keine weiteren Raten mehr zahlen.
Diese Ferienform ist als Teilzeit-Wohnrecht oder Time-Sharing bekannt. Sie enthält ein ein- oder zweiwöchiges Wohnrecht, das man Jahr für Jahr (meist 50 Jahre lang) in einer Ferienanlage einlösen kann. In der übrigen Zeit wird die Wohnung von anderen Time-Sharing-Kunden genutzt. Die deutsche Verbraucherzentrale Hamburg rät: «Auf keinen Fall einen Time-Sharing-Vertrag unterzeichnen. Die Unterschrift kommt teuer, und die Spätfolgen sind unkalkulierbar».
Dass Schmids ausgerechnet in der Dominikanischen Republik in die Falle liefen, ist kein Zufall: Die Time-Sharing-Verkäufer sind dort in letzter Zeit sehr aktiv.
Davon können auch zwei Frauen aus Zürich ein Lied singen, die im letzten Herbst bei L'Tur buchten und dorthin flogen. Sie wurden im Ramada Hacienda Resort in Puerto Plata noch während des Frühstücks angesprochen und anschliessend in ein Verkaufsbüro innerhalb der Hotelanlage geführt.
Nur Hotelplan warnt seine Gäste
Nach sechs Stunden unterschrieben sie einen Time-Sharing-Vertrag mit der Firma Lifestyle Holidays Vacation Club. 10 000 Franken zahlten sie noch vor Ort. Heute bereuen sie es.
Beide Fälle zeigen: Hotels und Time-Sharing-Firmen arbeiten zusammen. Im Fall Schmid ist sonnenklar: Der «Allegro Vacation Club» gehört der spanischen Hotelgruppe Occidental.
Damit sind die Reiseveranstalter angesprochen. Der Vorwurf: Sie verfrachten Feriengäste in Time-Sharing-«verseuchte» Hotels und setzen Sie damit der Gefahr aus, viel Geld zu verlieren.
Vögele Reisen (gehört mit Imholz zu Tui Suisse) weist den Vorwurf zurück. Tui habe seit 2000 keine Rückmeldungen von Kunden wegen Time-Sharing erhalten. Und Schmids hätten die örtliche Reiseleitung nie um Rat gebeten. «Wir können keinen Kunden von jeglicher Eigenverantwortung entbinden.»
Das mag sein. Aber die Reiseveranstalter hätten es in der Hand, ihre Gäste vor der Abreise deutlich zu warnen. Doch sie tun es nur zum Teil. Kuoni etwa gibt den Ferienhungrigen keine entsprechenden Infos mit auf den Weg. Man wolle sich «nicht in Privatangelegenheiten» der Kunden einmischen und sie bei der «persönlichen Wahl ihrer Ferienform nicht bevormunden». Die Kuoni-Gruppe (mit Helvetic Tours und Reisen Netto) schickt ebenfalls Gäste ins erwähnte Occidental-Hotel.
Bei Imholz und Vögele Reisen findet sich in vor Ort verteilten Broschüren nur ein unbestimmter Hinweis auf «getarnte Verkaufsveranstaltungen». Und an gewissen Orten würden die Reiseleiterinnen auf die Time-Sharing-Gefahr aufmerksam machen.
Einzig Hotelplan (inklusive M-Travel, Easy und Esco) hat Warnblätter mit klarem Inhalt, die an die Gäste verteilt werden. Esco schickt ebenfalls Gäste in Occidental-Hotels.
«Time-Sharing ist ein Klotz am Bein, den man nicht los wird»
Aus dem Traum von günstigen Ferien kann leicht ein finanzieller Albtraum werden.
Die deutsche Verbraucherzentrale Hamburg hat im April das Beispiel einer Frau veröffentlicht, die 1991 für 15 000 Mark ein Teilzeit-Wohnrecht beim «Cordial Time-Sharing Ferienclub» gekauft hat - für 30 Jahre.
Die von ihr zusätzlich geschuldeten Betriebskosten sind mittlerweile von 152 auf 359 Euro pro Jahr gestiegen, die «Servicegebühr» von 38 auf 118 Euro.
Das Beispiel zeigt: Wer einen solchen Vertrag unterschreibt, ist Erhöhungen bei den Betriebskosten hilflos ausgeliefert - zumal das nicht die einzigen Gebühren sind, die anfallen können. Und die Anreise- und Verpflegungskosten sind damit auch noch nicht bezahlt.
Zwar betonen die Verkäufer stets, Time-Sharing sei auf die Dauer die günstigere Ferienform als vereinzelte Hotelbuchungen. Doch die deutsche Stiftung Warentest bezeichnet diese Ferienform als «nicht wirtschaftlich».
Mehr noch: Unzufriedene Besitzer können ihre Anteile praktisch nicht verkaufen. Sie seien «ein Klotz am Bein, den man nicht los wird», sagt die Verbraucherzentrale Hamburg. Die deutsche Stiftung Warentest schreibt, für den Verkauf der Wohnrechte gebe es keinen funktionierenden Zweitmarkt. Das ist besonders schlimm, wenn Käufer, etwa aus gesundheitlichen Gründen, nicht mehr reisen können: Die Verträge sind unkündbar.
Wer trotzdem verkaufen will, kann nochmals ins Messer laufen. Das deutsche Bundeskriminalamt hat Anfang Jahr vor Betrügern gewarnt, die Verkaufswillige ausnehmen. Sie gaukeln ihnen so glaubhaft vor, einen Käufer gefunden zu haben, dass die Opfer bereitwillig mehrere tausend Franken für angeblich nötige Urkunden, Eintragung ins Grundbuch oder sonstige Gebühren überweisen. Das Geld ist regelmässig verloren, weil sich die Schlawiner mit dem Geld aus dem Staub machen.
Die Tricks der Time-Sharing-Verkäufer: Getränke, Rubbellose und Gutscheine
Die Verkäufer von Teilzeit-Wohnrechten haben es vor allem auf die Anzahlung abgesehen.
Verkäufer von ein- oder zweiwöchigen Nutzungsrechten für Ferienwohnungen lauern nicht nur in Hotels, sondern auch auf der Strasse oder am Strand. Beliebt sind beispielsweise Rubbellose oder Gutscheine. Wer darauf eingeht und den Gewinn abholen will, wird in ein Taxi komplimentiert und in ein Verkaufsbüro geschleppt, wo geschulte Verkäufer warten. Die versprechen dann das Blaue vom Himmel. Weil sie alle Tricks kennen und auch Alkohol spendieren, finden sie immer wieder Opfer.
Speziell aktiv sind die Verkäufer nicht nur in der Dominikanischen Republik, sondern auch in Mexiko, auf dem spanischen Festland, den Balearen und den Kanarischen Inseln.
Die wichtigsten Tipps:
- Meiden Sie Time-Sharing-Verkäufer. In der Branche gibt es viele schwarze Schafe und Kriminelle.
- Weil Time-Sharing einen miserablen Ruf hat, meiden Verkäufer das Wort und reden von «Urlaubs-Sparprogramm», «neuer Ferienidee» oder «Clubmitgliedschaft».
- Machen Sie auf keinen Fall eine Anzahlung. Geben Sie niemandem Ihre Ausweispapiere.
- Alle Verkäufer operieren mit dem Argument, der Käufer könne sich der Immobilien-Tauschbörse RCI anschliessen. Das heisst: Man kann die «gekaufte» Woche auch gegen den Aufenthalt in einer anderen Wohnung eintauschen, wenn man nicht an seine angestammte Feriendestination fliegen will. Das kostet in der Regel zusätzlich Geld; zudem sei das Tauschangebot «oftmals ein leeres Versprechen», heisst es bei der deutschen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
- Oft wenden sich Leute an den K-Tipp, weil sie in den Ferien unterschrieben und eine Anzahlung gemacht haben und jetzt aussteigen wollen. Der K-Tipp rät jeweils, eine Kündigung zu schreiben und die folgenden Mahnungen zu ignorieren. Die Anzahlung ist dann allerdings verloren.
- Die Time-Sharing-Angebote werden auch in der Schweiz verkauft. Am bekanntesten sind die Firmen Viva Tours im deutschen Jestetten und Club Touristik GmbH (auch Swiss Travel Club) in Olten, über die der K-Tipp schon oft berichtet hat. Auch hier gilt: Hände weg! Opfer berichten, sie hätten die aggressiven Verkaufsgespräche als «Gehirnwäsche» empfunden (siehe K-Tipp 15/03).
- Leute mit italienischem Namen werden derzeit auch in der deutschen Schweiz von Italienern angerufen, die ihnen einen Gutschein für Gratisferien aushändigen wollen. Auch hier sind Time-Sharing-Verkäufer am Werk.
- Sehr gute Infos zum Thema finden Sie im Internet auf der Website der Europäischen Verbraucherzentrale www.evz.de.