Achtung, Falschwäger!
Bei abgepackter Ware zahlt der Kunde die Verpackung oft mit. Ertappte Verkäufer müssen mit einer Verwarnung rechnen. Aber selbst Wiederholungstäter bekommen milde Strafen.
Inhalt
K-Tipp 15/2005
21.09.2005
Stephan Dietrich - stephan.dietrich@ktipp.ch
Samstagsmarkt in Luzern: Der K-Tipp begleitet den kantonalen Eichmeister Hans Furrer auf seiner Kontrolltour. Zusammen mit drei Kollegen überprüft er regelmässig, ob die Waagen ordnungsgemäss geeicht sind und ob vorverpackte Ware richtig abgewogen wird.
Gerade bei Vorverpacktem läuft vieles schief und Furrer wird schnell fündig: Bei einem teuren, abgepackten Fischfilet ist zwar der Preis angegeben, doch nicht das Gewicht. Bei einem anderen Stand mit exklusivem Olivenöl such...
Samstagsmarkt in Luzern: Der K-Tipp begleitet den kantonalen Eichmeister Hans Furrer auf seiner Kontrolltour. Zusammen mit drei Kollegen überprüft er regelmässig, ob die Waagen ordnungsgemäss geeicht sind und ob vorverpackte Ware richtig abgewogen wird.
Gerade bei Vorverpacktem läuft vieles schief und Furrer wird schnell fündig: Bei einem teuren, abgepackten Fischfilet ist zwar der Preis angegeben, doch nicht das Gewicht. Bei einem anderen Stand mit exklusivem Olivenöl sucht er vergeblich nach Volumenangaben. Weil es sich um den jeweils ersten Verstoss handelt, bleibt es bei mündlichen Ermahnungen.
Anders bei einem Bauernbetrieb, der sein Fleisch direkt vermarktet. Bei einer früheren Kontrolle wurde festgestellt, dass die Ware nicht austariert wurde, die Verpackung also nicht vom Gesamtgewicht abgezogen wurde. Furrer nimmt einige Fleischpackungen aus der Vitrine und legt sie auf die elektronische Waage. Das Ergebnis ist eindeutig: Das Gesamtgewicht ist identisch mit dem angeblichen Warengewicht. «Brutto für netto» nennen das die Fachleute, und das ist per Gesetz verboten, denn die Konsumenten sollen und wollen nicht die Verpackung, sondern nur den Inhalt bezahlen. Der überführte Bauer erhält dafür eine «kostenpflichtige Verwarnung» - eine bescheidene Busse von 60 Franken. Das nächste Mal drohe eine Anzeige mit einer Busse von maximal 20 000 Franken.
Auch vier weitere Fleischverkäufer bieten ihre Ware auf dem Luzerner Markt «brutto für netto» an. Eigentlich hätte er alle büssen können, doch er belässt es bei einer mündlichen Ermahnung. «Wir wollen nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen», begründet er seine Nachsicht.
Nur jeder dritte Betrieb wurde geprüft
Eichmeister in anderen Kantonen machen häufig die gleiche Erfahrung wie Furrer. «Manchmal handelt es sich um Nachlässigkeit, andere machen es mit Absicht. Oft fehlt auch das Unrechtsbewusstsein», beobachtet der Solothurner Eichmeister David Straumann. Die Ausrede, sie müssten schliesslich auch die Verpackung bezahlen, gehört zu den Standardantworten von ertappten Falschwägern.
Klartext redet die Jahresstatistik des Schweizerischen Eichdienstes: Von 4650 geprüften Packungen mussten letztes Jahr 807 oder über 17 Prozent beanstandet werden. Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Anzahl der Beanstandungen mehr als verdoppelt.
Eigentlich müssten die Kantone jedes Jahr sämtliche Abpack- und Importbetriebe unter die Lupe nehmen, tatsächlich traf es 2004 nur gerade jeden dritten, gibt Jean-Georges Ulrich vom Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung (Metas) zu.
Der Vollzug ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt. In knapp der Hälfte der Kantone wird die Kontrolle von Privaten ausgeübt. Gerade dort stehe es mit der Kontrollhäufigkeit oft nicht zum Besten, konstatiert Ulrich.
Zurück auf den Luzerner Markt: Eichmeister Hans Furrer überprüft auch die Genauigkeit der Waagen. Auf seinem Kontrollgang zieht er einen Koffer mit geeichten Gewichtssteinen mit und legt sie auf die Waagschale der Händler. Bei mehreren Waagen stimmt die Anzeige nicht mit dem Gewicht der Steine überein, allerdings stets zu Ungunsten des Verkäufers. Mechanische und elektronische Waagen haben die Tendenz, mit der Zeit «nachzugehen», weiss Furrer. Bei altmodischen Waagen mit Gewichtssteinen gibt es dieses Problem hingegen nicht.
Im Maximum drei Prozent Verpackungsgewicht
Der Preis von Lebensmitteln muss sich nach der Nettomenge richten. Das schreibt das Gesetz ganz klar vor. Ausnahmen gibt es nur im Offenverkauf, wo das Verpackungsmaterial maximal drei Prozent des Gesamtgewichts ausmachen darf. Vor allem bei relativ schweren Verpackungen wie Plastikschalen muss deren Gewicht vorher abgezogen werden. Bei Waagen in Selbstbedienung müssen die Konsumenten diese Möglichkeit ebenfalls haben. Dort darf das Verpackungsgewicht maximal zwei Gramm oder ein Prozent des Gesamtgewichts betragen.
Ist die Verpackung schwerer, wie etwa die Schalen bei einer Traiteur-Selbstbedienung, muss man das Gewicht abziehen können. Meist sind die Waagen schon entsprechend eingestellt.
Ein Gratis-Faltblatt über die genauen Bestimmungen ist erhältlich bei: Metas, Lindenweg 50, 3003 Bern, www.metas.ch.