Stephanie Kunz aus Zürich hatte bei ihrer Zahnärztin die Dentalhygiene machen lassen. Als die Rechnung kam, sah sie sofort: Die Ärztin hatte ihr zusätzlich 60 Franken für einen «Vitalitätstest» verrechnet. Doch diese Prüfung der Sensibilität der Zähne hatte Stephanie Kunz nicht verlangt. Und sie muss sie deshalb auch nicht bezahlen.
Bei Zahnärzten ist die Rechnungskontrolle kein Problem, wie dieser Fall zeigt: Sie schicken ihre Rechnung in der Regel direkt dem Patienten. So kann er sofort überprüfen, ob die aufgeführten Rechnungsposten der Behandlung entsprechen.
Falsche Belastungen bleiben unentdeckt
Bei den Hausärzten und Spezialisten ist das anders. Viele von ihnen schicken die Rechnung elektronisch direkt der Krankenkasse und erhalten von dieser auch ihr Geld. Der Patient erhält von seinem Krankenversicherer nur noch eine Abrechnung zur Bezahlung der Franchise oder des Selbstbehalts. Eine Kontrolle der Arztrechnung ist so nicht möglich. Zuschriften an den K-Tipp zeigen: Das nervt viele Patienten. Und viele falsche Belastungen bleiben so unentdeckt (siehe K-Tipp 20/13)
Dabei steht im Kranken-versicherungsgesetz ausdrücklich: Erfolgt die Abrechnung direkt über die Krankenkasse, «so hat der Leistungserbringer der versicherten Person die Kopie der Rechnung zukommen zu lassen».
Doch diese sonnenklare Vorschrift ignorieren die Ärzte heute weitgehend. Denn: Für jede Rechnung bzw. Rechnungskopie, die sie dem Patienten nicht schicken, sparen sie rund Fr. 1.30. Eine durchschnittliche Arztpraxis stellt im Jahr etwa 2600 Rechnungen aus – und senkt so ihre Kosten um rund 3400 Franken.
Dafür verdienen die Firmen, die zwischen Arzt und Krankenkasse geschaltet sind. Die Markführerin auf diesem Gebiet heisst Medidata. Sie hat 2013 nach eigenen Angaben 11,3 Millionen Rechnungen von Ärzten elektronisch an die Krankenkassen übermittelt. Über 5000 Ärzte nutzen diese Dienstleistung.
Kassen nehmen die Praxis in Kauf
Die Ärzte kostet diese Übermittlung nichts (ausser einer einmaligen Anmeldegebühr bei Medidata). Die Krankenkassen hingegen zahlen für diesen Service – im Schnitt 70 Rappen pro Rechnung. Eine Umfrage des K-Tipp ergab: Viele Kassen bevorzugen den direkten elektronischen Austausch mit dem Arzt und nehmen so in Kauf, dass der Patient keine Kopie erhält. Je nach Kasse sind es 30 bis 50 Prozent der Arztrechnungen, die auf diese Weise abgewickelt werden.
Kopie ausdrücklich verlangen
Fazit: Die Patienten müssen selber aktiv werden, falls ihr Arzt direkt mit der Krankenkasse abrechnet – und jeweils eine Kopie verlangen, falls sie das wünschen.
In der Regel müssen Patienten beim ersten Besuch ein Anmeldeformular ausfüllen und unterschreiben. In kundenfreundlichen Formularen werden sie gut sichtbar gefragt und können ankreuzen, ob sie eine Kopie wünschen. Es gibt allerdings auch Formulare, die den Patienten den Verzicht auf die Kopie durchs Hintertürchen unterjubeln. Etwa wann im Kleingedruckten ganz unten, wo es niemand mehr liest, steht: «Ich bin einverstanden, dass ich nur auf Verlangen eine Kopie erhalte.»
Zu den im Gesetz erwähnten «Leistungserbringern» gehören übrigens auch Labors und Spitäler. Und auch diese foutieren sich weitgehend um die klare Gesetzesvorschrift. Auch hier deshalb der Tipp: Wer eine Kopie wünscht, um die Rechnung zu kontrollieren, muss sie ausdrücklich verlangen.