Ärzte warnen: Wir essen viel zu viel Jod!
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Gesundheitstipp 5/2002
01.05.2002
Nach Puls-Tipp-Artikel: Ärzte und Jod-Allergiker fordern eine sofortige Deklaration
Vor einem Monat berichtete der Puls-Tipp über Menschen, die allergisch auf Jod reagieren. Der Grund: jodiertes Salz in Nahrungsmitteln. Jetzt fordern Ärzte einen Stopp der behördlich verordneten Aktion. «So viel Jod ist nicht mehr vertretbar», sagt Naturheilexperte Jürg Hess.
Thomas Grether thgrether@pulstipp.ch
Brot, Milch, Butter, Wurst und Käse, aber auch B...
Nach Puls-Tipp-Artikel: Ärzte und Jod-Allergiker fordern eine sofortige Deklaration
Vor einem Monat berichtete der Puls-Tipp über Menschen, die allergisch auf Jod reagieren. Der Grund: jodiertes Salz in Nahrungsmitteln. Jetzt fordern Ärzte einen Stopp der behördlich verordneten Aktion. «So viel Jod ist nicht mehr vertretbar», sagt Naturheilexperte Jürg Hess.
Thomas Grether thgrether@pulstipp.ch
Brot, Milch, Butter, Wurst und Käse, aber auch Büchsen-Ravioli oder Tiefkühl-Lasagne: Fast alle Lebensmittel sind künstlich jodiert. Die Konsumenten werden von den Behörden gezwungen, viel mehr Jod zu essen, als gesund ist - und werden krank. Dies berichtete der Puls-Tipp in der letzten Ausgabe.
Die Jodierung ist von oberster Stelle verordnet und hat Tradition. Deshalb gab es kaum je kritische Stimmen zum Thema Jod. Jetzt treten erstmals Schweizer Ärzte an die Öffentlichkeit und warnen vor massiven gesundheitlichen Problemen.
«Jodiertes Speisesalz ist mit Vorsicht zu geniessen», sagt etwa Jürg Hess. Der Allgemeinmediziner arbeitet seit Jahren auch als Homöopath, bildet Naturheilpraktiker aus und ist Gesundheitsexperte bei der Zeitschrift «Beobachter». Die masslose Jodierung verursache verschiedenste Krankheiten, sagt Hess. «Die Anzahl von Patienten mit Schilddrüsenproblemen hat deutlich zugenommen. Viele Überfunktionen stehen in direktem Zusammenhang mit Jod.» Typische Symptome seien nächtliches Herzrasen, Unruhe, Zittern und Schwitzen. Jod könne aber auch Depressionen oder Infekte auslösen, etwa eine ständig verstopfte Nase, hartnäckigen Husten und Katarrh.
Trotz dieser Beschwerden hätten es Betroffene schwer, eine richtige Diagnose zu bekommen. «Die Jodierung und ihre negativen Folgen sind bei uns leider kein Thema», sagt Hess. Ärzten seien die Symptome einer Jod-Vergiftung oft unbekannt. «Die Urin- und Blutwerte von jodkranken Patienten weichen nicht gross von Normalwerten ab. Deshalb halten Ärzte solche Patienten für gesund, obwohl sie massiv leiden.»
Auch in Deutschland mischen die Behörden künstliches Jod ins Essen. Und auch dort leidet die Bevölkerung. Professor Jürgen Hengstmann, Schilddrüsenspezialist der Berliner Klinik am Urban warnt: «Täglich etwa 300 Mikrogramm Jod über die Nahrung eingenommen, reichen, um eine Überfunktion der Schilddrüse auszulösen.»
Eine Berechnung des Puls-Tipp zeigt: Kinder nehmen unter Umständen sogar über 500 Mikrogramm Jod täglich zu sich - statt der empfohlenen 50 bis 100 Mikrogramm. «Dies kann bei Pubertierenden die Struktur der Schilddrüse verändern und spätere Krankheiten an diesem Organ begünstigen», befürchtet Hengstmann.
Jod in diesen Mengen greife ins Immunsystem ein und schwäche es, erklärt Jürg Hess. Überdosiert sei Jod weitaus gefährlicher als Vitamine. «Es hat eine massive, zentrale Wirkung auf hormonelle Abläufe im Körper.»
Jod könnte Hyperaktivität bei Kindern mitverursachen
Trotzdem behauptet Professor Hans Bürgi, der für das Bundesamt für Gesundheit bei der Jodierung die Fäden seit Jahrzehnten in der Hand hält: «Schilddrüsenkrankheiten haben nicht zugenommen. Die Jodierung ist nicht masslos, sondern sehr genau bemessen und nur knapp genügend. Eine Überdosierung durch Salz ist ausgeschlossen.»
Jürg Hess dagegen hält es sogar für möglich, dass Jod die zunehmende Hyperaktivität bei Kindern mitverursacht. Insgesamt, so schätzt er, seien 15 bis 25 Prozent seiner Patienten wegen der übermässigen Jodierung krank. Auch viele Fälle von Akne sind auf Jod zurückzuführen.
«Ich bekomme Pickel, wenn ich etwas esse, das künstliches Jod enthält», sagt Franziska Senn (34) aus Lausanne. Sie habe deswegen auch Ekzeme hinter den Ohren, um die Nase, auf der Kopfhaut und an den Genitalien. «Ich konnte gar nicht glauben, dass Jod dies verursacht.» Erst als sie jodierte Nahrungsmittel konsequent wegliess, verschwanden Akne und Ekzeme weitgehend.
Die meisten Ernährungsberaterinnen und Hautärzte aber beruhigen ihre Patienten mit dem Hinweis, Jod sei überaus wichtig und gesund. Höchstens hoch dosiertes Jod in Medikamenten könne Akne auslösen. Diese Behauptung verbreitet auch der Jod-Befürworter Hans Bürgi. Er wirft jodkranken Patienten vor, sie seien «unglaubwürdig». Begründung: Jod in so geringen Mengen verursache keine Beschwerden.
Das stimmt nicht. Wer auf jodierte Speisen mit einem Hautausschlag reagiert, leidet an Morbus Duhring, einer Autoimmunkrankheit der Haut. Dabei treten auf geröteter Haut Bläschen auf, die mit Flüssigkeit gefüllt sind, schnell aufplatzen und blutige Krusten zurücklassen. Professor Brunello Wüthrich, Leiter der Allergiestation des Universitätsspitals Zürich, bestätigt dies: «Solche Patienten müssen Jod in Nahrungsmitteln unbedingt meiden.» Wüthrich gibt Merkblätter ab, die Patienten vor jodierten Nahrungsmitteln warnen. Ungeeignet sei - und dies ist auf Wüthrichs Liste ganz oben vermerkt - jodiertes Kochsalz.
Ärzte wie die Homöopathin Elisabetha Weigelt von der Universitätsfrauenklinik Heidelberg fordern einen sofortigen Stopp der Jodierung: «Bei Jod handelt es sich um einen Wirkstoff, der unter die Kontrolle von Ärzten und Apothekern gehört - und nicht willkürlich in Lebensmittel.» Eine Jodierung in diesem Mass sei «nicht mehr vertretbar», sagt auch Naturheilexperte Jürg Hess. Die Jod-Selbsthilfe-Gruppe, aber auch Ärzte wie Professor Hengstmann fordern einstimmig eine sofortige Deklaration von jodierten Lebensmitteln, damit allergische Patienten ihnen ausweichen können.
Ausweichen auf unjodierte Nahrung ist schwierig
Allein ein Liter Milch kann über das künstlich jodierte Tierfutter bis zu 250 Mikrogramm Jod enthalten - auf Milchtüten steht dies allerdings nirgends. Die Deklaration von Jod ist nur beim Speisesalz vorgeschrieben, das es auch unjodiert gibt - um den Konsumenten freie Wahl zu lassen.
Bei Betroffenen wie Franziska Senn löst bereits ein Ei oder mit jodiertem Pökelsalz hergestellte Wurst Herzprobleme und Akne aus. Sie sei von Ärzten als psychisch krank abgestempelt worden, habe Beruhigungsmittel erhalten. «Jod hat mir mehrere Jahre meiner Existenz kaputt gemacht», sagt sie.
Die individuell benötigte Jodmenge ist völlig unterschiedlich. Trotzdem hat das Bundesamt für Gesundheit 1998 die Menge nochmals erhöht und verabreicht über das Speisesalz rücksichtslos der gesamten Bevölkerung gleich viel Jod.
Dies sei «ein Eingriff in die persönlichen Rechte jedes freien Bürgers» und letztlich «eine gefährliche Zwangsmedikation», kritisiert Dagmar Braunschweig-Pauli von der deutschen Jod-Selbsthilfegruppe. Die Kritikerin hat ein Buch zum Thema geschrieben.
Ausweichen auf unjodierte Nahrung ist schwierig. Denn sogar viele Hersteller von Bio-Produkten würzen mit Jod-Salz. Das ist bei der bekannten Bio-Marke Demeter zwar verboten. Doch manche Eier, Milch und Fleisch sind auch bei Demeter künstlich jodiert - weil viele Kühe, Schweine und Hühner jodierte Nährsalze fressen - amtlich verordnet.
Jod-Allergie - mit Tests nachweisbar
Laut Professor Brunello Wüthrich, Leiter der Allergiestation des Universitätsspitals Zürich, unterscheidet man zwischen zwei Allergien auf Jod: Bei der einen reagiert man auf Jod im Speisesalz, bei der anderen auf jodhaltige Verbindungen in Medikamenten. Die Allergien lassen sich mit folgenden Tests nachweisen:
- Patch-Test: Nachweis einer Allergie auf jodiertes Speisesalz oder auf jodhaltige Desinfektionsmittel. Eine Art Pflaster wird zusammen mit Jod-Salz 48 Stunden auf der Haut gelassen. Reaktion: Ekzem mit Rötung, Knötchen und Bläschen.
- Prick-Test: Nachweis einer Allergie zum Beispiel auf jodhaltige Medikamente. Ein jodhaltiges Kontrastmittel wird in die Haut gespritzt. Bei positiver Reaktion entwickelt sich nach etwa 20 Minuten eine Quaddel.
Diese Tests lassen sich bei Allergologen sowie auf den Allergiestationen von Spitälern durchführen.
Folgende Medikamente enthalten viel Jod. Wer allergisch reagiert, sollte vorsichtig sein:
- Desinfektionsmittel wie Betadine, Jodoplex oder Braunoderm
- Diätmittel wie Minvitin oder Modifast
- Herz- und Augenmedikamente wie Cordarone oder Vitreolent
- Hustenmittel wie Perpector
- Multivitamin-Präparate wie Supradyn Vital + 50, Materna Nova, Peditrace, Jemalt
- Cremes wie Betnovate C und Quadriderm zur Behandlung von Hautkrankheiten
- Der Zusatzstoff E-127 in Beruhigungs- und Schlafmitteln und in Lebensmitteln
Buch-Tipp: «Jod-Krank», Dagmar Braunschweig-Pauli, Verlag Dingfelder, Fr. 37.90
Adressen: Selbsthilfegruppe «Krank durch Jod», Tel. 061 721 10 89
Internet: www.jod-kritik.de und www.jodkrank.de