Alt, älter, Internet
Falsche Gebühren, zu tiefe Preise, überholte Angaben zu Invalidenrenten und Krankenkassen-Franchisen: Internetinfos sind mit Vorsicht zu geniessen.
Inhalt
K-Tipp 8/2004
21.04.2004
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Die Forscher des Zentrums für Public Health an der Universität Bremen kamen zu einem alarmierenden Resultat. Ende 2003 fanden sie heraus, dass 73 von 97 erfassten Internetseiten deutscher Gynäkologen wissenschaftlich nicht auf dem neusten Stand waren: Die Seiten enthielten keinen Hinweis auf jene Aufsehen erregende US-Studie vom Sommer 2002, wonach Hormontherapien bei Frauen in den Wechseljahren beträchtliche Gesundheitsrisiken bergen.
Gewiss: Veraltete Websites schaffen in de...
Die Forscher des Zentrums für Public Health an der Universität Bremen kamen zu einem alarmierenden Resultat. Ende 2003 fanden sie heraus, dass 73 von 97 erfassten Internetseiten deutscher Gynäkologen wissenschaftlich nicht auf dem neusten Stand waren: Die Seiten enthielten keinen Hinweis auf jene Aufsehen erregende US-Studie vom Sommer 2002, wonach Hormontherapien bei Frauen in den Wechseljahren beträchtliche Gesundheitsrisiken bergen.
Gewiss: Veraltete Websites schaffen in der Regel nicht gleich lebensgefährliche Situationen. Ärgerlich sind sie aber allemal - und offenbar weit verbreitet. Jedenfalls ist der K-Tipp in kürzester Zeit auch bei Schweizer Behörden und Institutionen gleich mehrfach fündig geworden.
So war zum Zeitpunkt der Stichprobe am 7. April auf den Websites unter anderem der AHV und des Bundesamts für Sozialversicherung zu lesen, dass behinderte Menschen je nach Invaliditätsgrad von der IV eine Viertel-, Halb- oder Vollrente erhalten. Faktisch gibt es aber seit Anfang 2004 bei einem Invaliditätsgrad zwischen 60 und 70 Prozent die neue Dreiviertelsrente - was für Betroffene erhebliche finanzielle Folgen zeitigen kann (siehe K-Tipp 19/03).
Gemeinden listen zu tiefe Gebühren auf
Auf den Internetseiten der Gemeinden Dachsen ZH, Ipsach BE, Rain LU und Tafers FR wiederum hiess es, ein Auszug aus dem Strafregister koste 15 Franken - obschon diese Gebühr vom Bund Anfang Jahr auf 20 Franken erhöht wurde. Und den Gemeinden Kaiseraugst AG und Neftenbach ZH war entgangen, dass die Dienstpflicht im Zivilschutz seit dem 1. Januar statt bis zum 50. nur noch bis zum 40. Altersjahr dauert.
Immerhin: Die Verantwortlichen all dieser Sites sicherten auf Anfrage zu, die veralteten Angaben umgehend zu aktualisieren. Dasselbe versprachen auch die Aids-Hilfe Schweiz und der Schweizer Optikverband, auf deren Internetseiten die 300 Franken betragende Krankenkassen-Minimalfranchise nach wie vor mit 230 Franken beziffert wurde.
Nichts ändern wird dagegen die Air Berlin. Sie bietet auf der Homepage die Wahl, eine Online-Buchung entweder in Euro- oder in Frankenpreisen abzuwickeln. Mit Fr. 1.37 liegt der von Air Berlin eingesetzte Eurokurs indes weit unter dem aktuellen Wert von Fr. 1.58 - eine tägliche Aktualisierung sei «EDV-technisch halt nicht möglich», behauptet Sprecher Peter Hauptvogel. Kunden aus der Schweiz sollten deshalb keinesfalls in Euro buchen, sonst werden sie auf ihrer Kreditkarten-Abrechnung einen spürbar höheren Preis als erwartet finden; das 100 Euro teure Billett kostet dann 158 statt 137 Franken.
Informationen immer überprüfen
All diese Beispiele bestätigen, was Untersuchungen schon vor Jahren bemängelt haben: Viele Anbieter vernachlässigen die Datenpflege im Internet. Besonders verdriesslich wirds, falls veraltete oder falsche Internetinformationen Schaden verursachen. Deshalb sollte man sie sorgfältig überprüfen, bevor man zu irgendwelchen Taten schreitet. Und bei Online-Geschäften empfiehlt es sich, um unbekannte Anbieter mit Sitz in entfernten Weltgegenden einen weiten Bogen zu machen.
Parlamentarier-Homepages: Nicht gerade up to date
National- und Ständeräte mögen am Puls der Zeit politisieren - auf ihren Internetseiten ist davon oft wenig zu spüren.
Gerold Bührer scheint viel Zeit zu haben. Gemäss seiner Internetagenda hatte der Schaffhauser FDP-Vertreter seinen letzten öffentlichen Termin am 13. Oktober 2003. Eine ähnlich ruhige Kugel schiebt derzeit offenbar die St. Galler CVP-Frau Lucrezia Meier-Schatz. Jedenfalls gabs ihrer Website zufolge seit dem 23. Oktober keine Gelegenheit mehr, sie zu treffen.
Bührer und Meier-Schatz sind keine «Exoten»; auch andere Parlamentarier-Websites wurden seit Oktober 2003 - und damit seit den letzten Parlamentswahlen - nicht mehr aktualisiert. Noch bis Dezember schaffte es der Aargauer SVPler Luzi Stamm, dessen letzter Eintrag in der Rubrik «News» sich mit der Abwahl von Bundesrätin Ruth Metzler befasst.
Im Vergleich dazu sind Rudolf Rechsteiner von der Basler SP und Köbi Büchler von der St. Galler CVP geradezu topaktuell; immerhin geben sie auf ihren Internetseiten ja bereits Empfehlungen für die Abstimmung vom 8. Februar 2004 ab.
Deutlich weniger weit ist die Zürcher SP-Vertreterin Barbara Marty Kälin. Sie beschäftigt sich noch immer mit den Volksinitiativen «Strom ohne Atom» und «Moratorium Plus» - die beide vor bald einem Jahr an der Urne gescheitert sind.