Der AHV gehts so gut wie noch nie. Das zeigen die rekordhohen Reserven (Kasten unten). Und jedes Jahr wächst das Kapital mindestens vorläufig noch weiter. Selbst nach dem pessimistischen Szenario der Bundesverwaltung würde das Geld bis ins Jahr 2030 reichen.
Auch den Pensionskassen geht es blendend: Sie verfügen über Reserven wie noch nie. Trotzdem versuchten sie vor fünf Jahren, die Renten zu kürzen. Die Stimmbürger sagten dazu im März 2010 aber klar nein.
Ungeachtet des Volkswillens hat der Ständerat letzte Woche einen weiteren Anlauf zur Kürzung der Renten genommen. Unter dem Titel «Altersvorsorge 2020» soll der Umwandlungsatz noch weiter gesenkt werden – dazu sollen die Lohnabzüge steigen. Als Zückerchen geben die Befürworter der Reform eine leichte Erhöhung der AHV-Renten dazu. Dafür steigen auch hier die Lohnabzüge – und die Mehrwertsteuer.
Die Bevölkerung zahlt drauf
Der K-Tipp hat ausgerechnet, wer gewinnt und wer verliert, wenn es nach dem Willen des Ständerates geht. Zusammengefasst: Die Versicherungen und die Pensionskassen profitieren, die ganze Bevölkerung zahlt drauf. Das sind die Zahlen im Einzelnen:
- Künftige Rentner sollen pro Jahr 840 Franken mehr aus der AHV erhalten – ein Plus von 3 Prozent. Ehepaare erhalten sogar bis 2712 Franken mehr.
- Doch gleichzeitig soll der Rentenumwandlungssatz der zweiten Säule von heute 6,8 auf 6 Prozent reduziert werden. Das heisst: Aus dem gesparten Alterskapital resultiert eine um 12 Prozent kleinere Rente als bisher. Gerechnet auf das schweizerische Durchschnittseinkommen von 6118 Franken pro Monat, spart man in der 2. Säule bis zur Pensionierung schätzungsweise 400 000 Franken. Künftig ergibt das statt 27 200 Franken nur noch 24 000 Franken Rente pro Jahr. Differenz: 3200 Franken.
- Weil Frauen künftig erst ab 65 Jahren pensioniert werden, fällt ihnen ein ganzes Jahr Rente weg. Das macht bei der AHV durchschnittlich 22 400 Franken aus.
- Gleichzeitig steigen die Lohnabzüge für die AHV, die Pensionskasse und die Mehrwertsteuer. Aktuell zahlen Angestellte und Arbeitgeber je 4,2 Prozent des Bruttolohnes an die AHV. Künftig soll dieser Prozentsatz für beide Seiten auf 4,35 steigen. Bei einem Schweizer Durchschnittslohn von 73 400 Franken brutto sind dies pro Jahr 110 Franken höhere Abzüge für die Angestellten. Oder bis zur Pensionierung rund 5000 Franken.
- Bei der Pensionskasse steigen die Lohnabzüge im Laufe des Erwerbslebens noch mehr. Die Beiträge an die Pensionskassen werden für fast alle Altersklassen erhöht. Ausserdem sinkt der sogenannte Koordinationsabzug. Das heisst gemäss Haushaltsbudget-Erhebung des Bundesamts für Statistik: Aktive zahlen je nach Alter bis 850 Franken mehr pro Jahr. Hochgerechnet bis zur Pension, sind dies je nach Alter und Einkommen bis 23 000 Franken. Ganz besonders schlecht sieht es für die Jungen aus: Sie sollen neu bereits ab 21 statt wie bisher ab 25 Jahren Sparbeiträge einzahlen. Bei einem Durchschnittslohn dieser Generation von 52 600 Franken pro Jahr sind das knapp 1600 Franken an zusätzlichen Lohnabzügen in dieser Periode.
- Die Mehrwertsteuer steigt um einen Prozentpunkt. Waren, Dienstleistungen und Gebühren kosten somit für die ganze Bevölkerung mehr – also auch für die heutigen Rentner, deren AHV nicht erhöht wird. Gemäss Bundesstatistik gaben Pensionierte im Jahr 2011 für mehrwertsteuerpflichtige Waren und Dienstleistungen rund 24 000 Franken pro Jahr aus. Ein Prozentpunkt mehr kostet sie also zusätzlich 250 Franken. Die erwerbstätige Bevölkerung zahlt pro Jahr plus 200 bis 280 Franken. In den 45 Jahren bis zur Pensionierung sind das über 12 000 Franken zusätzlich.
AHV-Erhöhung bringt EL-Bezügern nichts
Besonders stossend an der AHV-Revision: Zurzeit beziehen die ärmsten 200 000 Pensionierten Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV. Steigt ihre AHV-Rente um 70 Franken im Monat, sinken die Ergänzungsleistungen im gleichen Umfang. Sie haben also unter dem Strich nichts von der AHV-Erhöhung. Wegen der höheren Mehrwertsteuer steigen aber die Preise. Die EL-Bezüger müssten sich also künftig einschränken. Das bestätigt das Bundesamt für Sozialversicherungen.
Gleich geht es den 2,2 Millionen Rentnerinnen und Rentnern, die heute AHV beziehen. Ihre Rente wird nämlich nicht erhöht. Aber auch sie zahlen pro Jahr rund 250 Franken mehr an Mehrwertsteuern.
Der AHV gehts so gut wie noch nie
Nach der Pensionierung zahlt die AHV eine Rente zwischen 1175 und 2350 Franken pro Monat. Sie ist abhängig vom durchschnittlichen Jahreseinkommen und der Anzahl der Beitragsjahre.
Die Einnahmen und Erträge der AHV waren bisher stets höher als die Ausgaben. Deshalb hat sich bis 2014 eine Kapitalreserve von 44,7 Milliarden Franken angesammelt (Vorjahr 43 Milliarden). 1990 waren es noch 18,1 Milliarden Franken. Das geht aus der Statistik des Bundesamtes für Sozialversicherung hervor.
So gut gehts den Pensionskassen
Die Pensionskassen und Versicherungen verwalten in der 2. Säule ein Vermögen von Aktiven und Rentnern von insgesamt rund 870 Milliarden Franken.
2014 war für die Pensionskassen ein erfreuliches Jahr. Laut der neuen Studie der unabhängigen Beratungsfirma Complementa Investment-Controlling AG erzielten die Vorsorgeeinrichtungen eine «erfreulich hohe» Rendite von durchschnittlich 7,2 Prozent. Die Studie hält fest: «Trotz rekordtiefer Zinsen war das bereits das dritte, sehr gute Anlagejahr in Folge.»
Die Folge dieser sehr guten Jahre: Der durchschnittliche Deckungsgrad der Pensions- kassen ist gestiegen und lag Ende 2014 bei 105,6 Prozent (Vorjahr 102,3 Prozent). Sprich: Den Kassen geht es so gut wie noch nie. Sie könnten sämtliche Renten auf einen Schlag zahlen und hätten noch Milliarden an Reserven zu verteilen.
Unabhängige Experten schätzen, dass sich die verwalteten Pensionskassenguthaben der Erwerbstätigen auf 450 Milliarden Franken belaufen. Bei einer Rendite von 7,2 Prozent ergibt das einen Ertrag von 32 Milliarden Franken im letzten Jahr. Verzinst haben die Pensionskassen das Guthaben laut der Complementa-Studie jedoch nur mit durchschnittlich 2,3 Prozent – das gibt 10 Milliarden für die Versicherten. Den Pensionskassen blieben also 22 Milliarden Franken.
Immerhin: Gemäss der Studie verzinsten sechs von zehn Kassen über dem gesetzlichen Mindestzins von 1,75 Prozent. Doch es gab auch krasse Gegenbeispiele: Bei 5 Prozent der Pensionskassen kam es zu einer Minderverzinsung.
Auch das Guthaben der Rentner, das Experten auf 420 Milliarden schätzen, war für die Pensionskassen lukrativ. Gemäss Complementa wurde es mit einem technischen Zinsfuss von durchschnittlich 3 Prozent verzinst – bleibt bei einer Rendite von 7,2 Prozent ein Überschuss von fast 18 Milliarden Franken.
Den Pensionskassen blieb also allein letztes Jahr rechnerisch ein Überschuss von fast 40 Milliarden Franken.
Markus Fehlmann
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