Am Himmel tummeln sich viele Lockvögel
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Für wenig Geld in den sonnigen Süden düsen - die Fluggesellschaften wecken bei Ferienhungrigen Hoffnungen, denen sie in der Praxis nicht gerecht werden.
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K-Tipp 11/2003
04.06.2003
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Die Günstig-Fluggesellschaften führen die Verbraucher mit Lockvogelangeboten an der Nase herum», kritisierte der deutsche Verbraucherzentrale-Bundesverband VZBV.
Er hat gegen mehrere solcher Airlines Verfahren wegen irreführender Werbung eingeleitet. Die marktschreierisch angepriesenen Niedrigtarife gebe es pro Flug in der Regel nur für wenige Sitze, und das werde in der Werbung bewusst verschwiegen.
Tatsächlich sind Günstig-Airlines nicht eben auskunftsfreud...
Die Günstig-Fluggesellschaften führen die Verbraucher mit Lockvogelangeboten an der Nase herum», kritisierte der deutsche Verbraucherzentrale-Bundesverband VZBV.
Er hat gegen mehrere solcher Airlines Verfahren wegen irreführender Werbung eingeleitet. Die marktschreierisch angepriesenen Niedrigtarife gebe es pro Flug in der Regel nur für wenige Sitze, und das werde in der Werbung bewusst verschwiegen.
Tatsächlich sind Günstig-Airlines nicht eben auskunftsfreudig, was die Zahl der offerierten Tiefstpreis-plätze pro Flug betrifft. In einer Umfrage des K-Tipp bezifferten Easyjet, Ryanair, Germanwings und Co. deren Anteil vage auf 10 bis 30 Prozent. Zudem habe man bei reger Nachfrage weniger, bei schwacher Nachfrage mehr Tiefstpreis-Tickets im Angebot. Allerdings: Das ist bei etablierten Fluggesellschaften seit Jahren nicht anders. Auch sie haben in der Economy Class bis zu einem Dutzend verschiedene Tarifklassen im Angebot.
Nonstop-Ferienflüge: Nur kleine Auswahl
Swiss etwa bietet seit 3. Juni Billigflüge für 17 neue Destinationen an. Genaueres aber ist nicht zu erfahren: Die Zahl der Plätze, die zu Tiefstpreisen verkauft werden, «ist völlig unterschiedlich», erklärt Swiss-Pressesprecher Manfred Winkler dem K-Tipp.
Der K-Tipp hat jetzt in einer Stichprobe durchexerziert, ob es möglich ist, Ende Juli mit Günstig-Airlines zu Tiefsttarifen für eine Woche in die Ferien zu fliegen, wenn man sich rund zwei Monate im Voraus um die Buchung kümmert. Zwar ist die Anzahl Nonstop-Flüge in sonnige Gegenden Europas ab Schweizer Airports begrenzt. Nimmt man indes einen Umsteigehalt in Kauf, steigt das Angebot der Airlines beträchtlich. Zudem präsentieren sich auch manche Umsteigeflüge preislich attraktiv. So kostet bei Germanwings die Reise von Zürich via Köln nach Nizza, Rom, Wien oder Barcelona und zurück nur 112 Franken, falls man auf jeder Teilstrecke zum Tiefsttarif fliegen kann. Unter derselben Bedingung zahlt man bei Air Berlin 176 Franken für die Verbindung Zürich-Wien retour (via Mönchengladbach) und bei Easyjet 218 Franken für Zürich/Genf-Palma de Mallorca retour (via London). Das Problem ist bloss: Bei den Airlines sind Flüge zu Tiefsttarifen nicht leicht zu haben. In der K-Tipp-Stichprobe waren sie nur für 7 der total 29 Verbindungen erhältlich (siehe Tabellen).
Kommt hinzu, dass 5 dieser 7 Angebote aufs Konto der Germania Express gehen. Und diese Airline, die seit wenigen Tagen auch ab Schweizer Flughäfen fliegt, operiert ausschliesslich mit Fixpreisen: Unabhängig vom Buchungszeitpunkt zahlen alle Passagiere auf derselben Strecke den gleichen Tarif.
Absolute «Hammerpreise» lässt dieses Modell nicht zu, da eben auch kompensierende Hochtarife ausgeschlossen sind. Zumindest auf Nonstop-Flügen aber ist Germania Express mit ihrer Strategie durchaus konkurrenzfähig, wie das Beispiel Palma de Mallorca zeigt.
Wer die Balearen-Insel ab Zürich oder Basel mit Germania Express anfliegt, bezahlt für Hin- und Rückflug je Fr. 116.50. Andere Neulinge haben da zwar günstigere Tickets im Angebot - aber eben auch wesentlich teurere. Denn letztlich müssen sie ebenfalls im Schnitt zwischen 100 und 200 Franken pro Sitzplatz und Flug kassieren, um über die Runden zu kommen. Unter dem Strich sind die Billigflieger also gar nicht so billig, wie sie selber gerne den Anschein erwecken. Sogar die etablierten Airlines können tariflich oft durchaus mithalten.
Lange Wartezeiten und grosse Umwege
Bei der Swiss etwa gab es zum Zeitpunkt der Stichprobe den Flug Zürich-Wien retour bereits für 351 Franken; er kostete damit 83 Franken weniger als bei Intersky (ab Bern).
Alitalia wiederum offerierte die Reise Genf-Rom retour zu konkurrenzfähigen 392 Franken.
Und Iberia hatte für die Verbindung Genf-Barcelona retour gar Schleuderpreis-Tickets zu 130 Franken im Angebot. Die spanische Fluggesellschaft egalisierte damit den Europe Savers-Tarif von Swiss - und stellte wie die Schweizer Airline das Angebot von Hauptkonkurrentin Easyjet klar in den Schatten.
Doch selbst wenn es gelingen sollte, bei Günstig-Airlines zu Tiefsttarifen zu buchen - richtig freuen darf sich nur, wer nonstop von A nach B fliegen kann. Sobald man umsteigen muss, drohen nämlich weite Umwege und lange Wartezeiten.
Das macht manche Reise nicht nur ökologisch höchst fragwürdig, sondern auch nervenaufreibend. Für Ferienflüge aus der Schweiz sind viele Günstig-Airlines so gesehen nicht sonderlich geeignet. Es sei denn, man könne zum Beispiel auf dem Weg von Zürich nach Rom einen achteinhalbstündigen Aufenthalt in Köln mit stoischer Ruhe ertragen.
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