Der Internet-Versandhändler Amazon verkauft retournierte Produkte häufig noch einmal – und zwar im sogenannten Amazon-Warehouse. Laut den Angaben auf Amazon.de sind die dort angebotenen Artikel «geprüft und stark reduziert». Der Händler beschreibt jeweils die Mängel des Produkts und stuft seinen Zustand ein. Die Skala reicht von «wie neu» über «sehr gut» und «gut» bis hin zu «akzeptabel». Bei Ware mit dem Prädikat «wie neu» ist oft nur die Originalverpackung beschädigt.
Der Link zum Warehouse ist auf der Amazon-Website links unten im Kleingedruckten zu finden. Amazon verkauft dort auch Restposten.
Gebrauchte Artikel nicht immer günstiger
In einer Stichprobe erhob der K-Tipp Ende März sowie Anfang April die Preise von 50 Occasionsartikeln im Amazon-Warehouse aus den Bereichen Elektronik, Fitness, Garten, Haushalt und Möbel. Sie wurden mit den Preisen der neuen gleichen Produkte bei anderen Internethändlern verglichen (alle Preise inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten, ohne Verzollung, Wechselkurs: 1 Euro = Fr. 1.10). Die wichtigsten Ergebnisse:
Amazon liefert 33 der 50 heruntergesetzten Artikel nicht in die Schweiz. Alle 17 lieferbaren Artikel stammten von unabhängigen Händlern, die Amazon als Verkaufsplattform benutzen.
Bei den lieferbaren Artikeln lässt sich oft Geld sparen. Drei Beispiele:
Das Heimtrainer-Gerät Cardiostrong wurde im Amazon-Warehouse von Bastelexpress als «gebraucht – wie neu» für rund 315 Franken angeboten. Zum Vergleich: Sport-Tiedje.ch verlangt für das gleiche Modell 939 Franken.
Die Kopfhörer Bowers & Wilkins P9 Signature werden ebenfalls als «gebraucht – wie neu» angeboten. Händlerpreis bei Amazon: rund 375 Franken. In der Schweiz kosten die Kopfhörer neu im günstigsten Fall Fr. 648.95 (bei Highdefinition.ch).
Der Mähroboter Wolf-Garten Loopo M1000 kostet über Amazon-Warehouse rund 600 Franken. Bei Conrad.ch ist das gleiche Modell mit 1200 Franken doppelt so teuer.
Gebrauchte Artikel sind aber nicht immer günstiger: So kostete zum Beispiel die gebrauchte Festnetztelefon-Kombination Gigaset C430 HX Duo bei Amazon 105 Franken – bei Digitec.ch zahlt man Fr. 65.70 für ein neues Modell. Die Küchenmaschine Cuisinart CH4DCE mit Gebrauchsspuren kostet bei Amazon rund 87 Franken. Bei Nettoshop.ch gibt es das neue Modell für 75 Franken.
Preisfalle Amazon-Marketplace
Für Verwirrung sorgt auf Amazon.de auch, dass einerseits Amazon direkt Ware verkauft, andererseits unabhängige Händler ihre Produkte anbieten. Die Kunden zahlen zwar auch in diesem Fall über Amazon, die Ware wird aber vom unabhängigen Händler verschickt. Das nennt sich Marketplace.
Das Problem: Verkauft Amazon selber Ware, ist die Schweizer Mehrwertsteuer im Kaufpreis bereits eingerechnet. Wenn dagegen ein unabhängiger Händler Ware verkauft, verlangt der Pöstler bei der Paketübergabe Gebühren und Mehrwertsteuer.
Der Preisunterschied zwischen Amazon und Marketplace kann erheblich sein. Beispiel: der Kauf der Laufschuhe Asics 2000 über die beiden Wege. Ein Paar für 100 Euro kostet einmal Fr. 99.55, ein anderes Mal Fr. 144.15. Konkret:
Beim Kauf über Amazon zieht der Internethändler vom Preis von 100 Euro die deutsche Mehrwertsteuer ab und schlägt die Schweizer Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent drauf. Der Versand ist gratis. Es resultiert ein Preis von umgerechnet Fr. 99.55.
Beim Kauf über Amazon-Marketplace zieht der Verkäufer die deutsche Mehrwertsteuer nicht ab und verlangt keine Schweizer Mehrwertsteuer. Hingegen Versandkosten von 8 Euro. Das macht total 108 Euro oder umgerechnet Fr. 118.80. Der Schweizer Pöstler verlangt für die Verzollung zusätzlich Fr. 25.35 an Gebühren und Mehrwertsteuer. Die Laufschuhe kosten so letztlich Fr. 144.15.
Auf «Versand durch Amazon» achten
Tipp: Ist das gewünschte Produkt bei verschiedenen Verkäufern erhältlich, sollte man darauf achten, dass dort steht: «Versand durch Amazon». Dann kann man sicher sein, dass die Mehrwertsteuer im Kaufbetrag inbegriffen ist.
Ungerechtfertigte Rechnung erhalten
Viele Amazon-Kunden erhielten in den vergangenen Wochen eine Zahlungserinnerung der Firma Arvato Payment Solutions. Sie treibt im Auftrag von Amazon Geld ein. Die Kunden haben im Januar angeblich Waren auf Rechnung bestellt, aber noch nicht bezahlt. Das Problem: Die Rechnungen sind häufig falsch. So erhielt ein K-Tipp-Leser eine Zahlungserinnerung in der Höhe von rund 80 Franken. Was er genau bestellt haben soll, ging aus dem Schreiben nicht hervor. Gegenüber dem K-Tipp sagt der Amazon-Kunde: «Ich hatte weder etwas im Januar bestellt noch jemals die Option Monatsrechnung verwendet.»
Im Internet beklagen sich Hunderte von Amazon-Kunden über falsch ausgestellte Rechnungen. Auf Anfrage beim Amazon-Kundenservice hiess es zunächst, es liege ein Fehler vor. Doch rund eine Woche später trafen die Mahnungen erneut ein – samt einer Verzugspauschale von 20 Franken. Nach einem erneuten Anruf beim Kundenservice sowie einem E-Mail an die Rechnungsabteilung gab Amazon den Fehler zu.
Tipp: Bei falsch ausgestellten Rechnungen beim Amazon-Kunden-dienst reklamieren – telefonisch unter Tel. 0800 740 020 und per E-Mail an monatsabrechnung@amazon.de.