Amtl. bew. Mogelei
Die Reisebranche wirbt permanent mit geschönten Preisen. Sie verstösst damit gegen geltendes Recht - mit dem Segen der Behörden.
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K-Tipp 5/2005
09.03.2005
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Servicegebühr nennt die Swiss ihr jüngstes Geldbeschaffungsmittel. Sie wird sogar dann verlangt, wenn man per Internet den Flug selbst bucht. Doch nicht genug damit, dass die Swiss derart nicht begründete Gebühren verrechnet, sie versteckt sie in der Werbung auch noch so gut im Kleingedruckten, dass man sie - ebenso wie die Flughafentaxen und den Treibstoffzuschlag - leicht überliest.
So geschehen etwa in der Inseratekampagne zum Valentinstag. Die Swiss suggerierte darin, das...
Servicegebühr nennt die Swiss ihr jüngstes Geldbeschaffungsmittel. Sie wird sogar dann verlangt, wenn man per Internet den Flug selbst bucht. Doch nicht genug damit, dass die Swiss derart nicht begründete Gebühren verrechnet, sie versteckt sie in der Werbung auch noch so gut im Kleingedruckten, dass man sie - ebenso wie die Flughafentaxen und den Treibstoffzuschlag - leicht überliest.
So geschehen etwa in der Inseratekampagne zum Valentinstag. Die Swiss suggerierte darin, dass man für 199 Franken zum Beispiel nach Wien und zurück fliegen könne - mit Partner. In Tat und Wahrheit kostete dieses Angebot, telefonisch gebucht, 502 Franken. Das konnte indes nur erkennen, wer die winzig geschriebenen Zuschläge unten in der Anzeige entdeckte.
Für den Genfer Rechtsprofessor Bernd Stauder verstösst solche Werbung gegen die Preisbekanntgabeverordnung (PBV). Er stellt klar: Falls mit Preisen geworben wird, sind stets die tatsächlich zu bezahlenden Preise anzugeben.
Und diese müssen sämtliche vom Kunden obligatorisch zu bezahlenden Kosten enthalten - also auch Flughafen- und Sicherheitstaxen, Treibstoffzuschläge, obligatorische Versicherungen, Visakosten sowie alle Gebühren des Reiseveranstalters oder der Airline. «Werden solche Zuschläge nicht oder nur gesondert aufgeführt, ist der tatsächlich zu bezahlende Preis ja nirgendwo genannt», so Stauder.
Seco stört sich nicht an unklaren Angaben
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), dem die Oberaufsicht über die Einhaltung der PBV zukommt, scheint man sich daran nicht zu stören. Das Amt bringt in Informationsunterlagen gegenüber der Reisebranche vielmehr zum Ausdruck, dass es tolerierbar sei, in der Werbung Zuschläge gesondert anzugeben. «Verstösse gegen die Preisbekanntgabeverordnung werden damit quasi amtlich abgesegnet», moniert Stauder.
Da überrascht es nicht, dass Reisewerbung mit geschönten Preisangaben geradezu branchenüblich ist. So preist Vögele Reisen eine Woche Dominikanische Republik «ab sagenhaften 1145 Franken» an. Die Zahl springt wegen der Schriftgrösse sofort ins Auge. Dass mindestens 315 Franken für Touristenkarte, Flughafen- und Sicherheitstaxen dazukommen, merken hingegen bloss sorgfältige Leser.
Ebenso verhält es sich mit Anzeigen von Imbach Reisen für eine Wanderwoche auf der griechischen Insel Zakynthos und von Bischofberger Info-Reisen für neun Tage Jordanien. Die Liste lässt sich problemlos verlängern - etwa mit Veranstalter Nazar, der in seinem Inserat für Ferien auf Kreta, in der Südtürkei und Ägypten nicht einmal beziffert, wie hoch die obligatorischen Zuschläge sind. Wenigstens das will Nazar künftig aber tun.
Viele Reiseanbieter berufen sich zur Verteidigung ihrer fragwürdigen Werbepraxis explizit aufs Seco. Das macht auch die Swiss, die sich laut Sprecher Dominik Werner «immer an das Merkblatt des Seco hält».
Einschreiten nur bei «Aggressivwerbung»
Und was sagt das Amt dazu? Das Seco sei Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Sozialpartnern und Konsumenten, argumentiert Susanne Bühler vom Ressort Recht. Da gelte es, «die richtige Balance zu finden, ohne sich dem Vorwurf der Wirtschafts- und Wettbewerbsverhinderung auszusetzen».
Mit anderen Worten: Das Seco billigt die Aufweichung der PBV. Intervenieren will es einzig gegen besonders krasse «Aggressivwerbung» - und zwar über ein «erneutes klärendes Schreiben in dieser Sache an die Reisebranche». Das wird dort kaum jemandem den Angstschweiss auf die Stirn treiben.
Fragwürdig: Preisangabe in Euro statt Franken
Nicht nur in der Werbung nimmt die Reisebranche Vorschriften der Preisbekanntgabeverordnung (PBV) auf die leichte Schulter. Sie bringt auch Kataloge auf den Schweizer Markt, in denen alle Preise in einer Fremdwährung aufgeführt sind - und dies, obwohl die PBV Angaben in Schweizer Franken vorschreibt.
Doch auch da zeigt sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) branchenfreundlich: Solche Kataloge seien zu tolerieren, sofern eine Preisumrechnungstabelle beiliege und der verbindliche Wechselkurs aufgedruckt werde. Dem K-Tipp liegen allerdings «1-2-Fly»-Kataloge von Tui Suisse vor, die nicht einmal diese bescheidenen Seco-Auflagen erfüllen. Da sei eine Panne passiert, erklärt Tui-Sprecher Roland Schmid. Man werde das rasch korrigieren.