Auf der Verpackung der «Rana Tortelloni Funghi Porcini» sind acht grosse Steinpilze abgebildet. Eine 250-Gramm-Packung kostet bei Coop Fr. 5.95. Steinpilze hats trotzdem nur wenig drin: Die Tortelloni bestehen zu 53 Prozent aus einer Füllung, die nur 15 Prozent Steinpilze enthält. Im Endprodukt hat es also nur knapp 8 Prozent Steinpilze.
Solche täuschenden Verpackungen gibt es in den Läden zuhauf. Das zeigt eine Stichprobe des K-Tipp bei den Grossverteilern und Detailhändlern. Einige Beispiele:
«Sélection Tagliatelle al tartufo» (Migros): Die Verpackung zeigt mehrere Scheiben Trüffel – das Produkt enthält aber nur 1,1 Prozent Sommertrüffel.
«Farmer Soft Milch & Erdbeer» (Migros): Die Verpackung zeigt zweieinhalb Erdbeeren – das Produkt enthält nur 1,7 Prozent getrocknete Erdbeeren.
«Bon Chef Fideli mit Huhn» (Migros): Die Verpackung zeigt ein ganzes Poulet – das Produkt enthält nur 2 Prozent Pouletfett und Pouletfleisch.
«Frisco Café Glace» (Coop und weitere Detailhändler): Im Produkt hats 0,7 Prozent Kaffee-Extrakt.
«Knorr Stocki Snack Broccoli mit Crème fraîche» (Coop und weitere Detailhändler): Die Verpackung zeigt fünf Broccoli-Röschen – das Produkt enthält nur 1 Prozent Broccoli.
Lebensmittelgesetz ist viel zu vage
Die Händler und Hersteller verteidigen die irreführenden Verpackungen: Die Fotos würden die Art der Zutaten charakterisieren und seien wichtig für die Unterscheidung der Produkte sowie «die Kundenorientierung am Regal». Sie würden sich nicht auf die verwendete Menge der Zutaten beziehen.
Das Lebensmittelgesetz lässt solche bewusste Irreführung der Konsumenten zu. Es definiert keine Mindestmenge für Zutaten, die auf dem Produkt beworben werden. Die enthaltene Menge muss lediglich auf der Zutatenliste in Prozenten aufgeführt sein (siehe Box). Ausnahme: Trüffelprodukte müssen mindestens 1 Prozent Trüffel enthalten, damit sie mit Bildern des Pilzes beworben werden dürfen.
Allerdings steht im Lebensmittelgesetz auch, die Verpackung dürfe «die Konsumenten nicht täuschen». Doch die Lebensmittelindustrie hat von den Behörden nichts zu befürchten. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit findet zwar die Aufmachung des «Stocki Snack» mit Broccoli an der «Grenze des Täuschungspotenzials». Man sei jedoch nicht zuständig für die Beurteilung von Etiketten. Die Kontrolle obliege den Kantonen.
Kantonschemiker blockt ab
Auch die Kantone wollen zu den Beispielen des K-Tipp nicht Stellung nehmen. Otmar Deflorin, Präsident der Kantonschemiker: «Angaben auf Etiketten beurteilen wir nicht gegenüber Dritten oder Medien, sondern nur gegenüber dem zuständigen Betrieb.» Wie oft die Kantonschemiker solche Verpackungen beanstanden, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Deflorin: «Wir führen keine Einzelstatistik über diese Art von Beanstandungen.»
So liest man die Zutatenliste
Die Zutatenliste auf der Verpackung gibt Aufschluss über die Zusammensetzung der Produkte. Die einzelnen Bestandteile müssen gemäss Gesetz in mengenmässig absteigender Reihenfolge aufgeführt sein. Das heisst: Je weiter hinten eine Zutat erscheint, desto weniger ist davon im Produkt enthalten.