Die Schlagzeilen der letzten Wochen klangen dramatisch: «Automarkt in der Schweiz bricht wegen Halbleitermangels ein», «Leidende Autobranche» oder «Chipmangel bremst Automarkt aus». Andreas Burgener, Direktor der Importeurvereinigung Auto Schweiz, klagte Mitte August bei Radio SRF: «Wir kämpfen mit Mangelwirtschaft, unterbrochenen Lieferketten und geschlossenen Werken.»
Dass deshalb zurzeit ein Mangel an Neuwagen besteht, ist aber nicht richtig. Nur schon in den BMW-Garagen stehen landesweit rund 1500 neue Autos, die sofort verfügbar sind. Bei Mercedes sind aktuell über 2000 Fahrzeuge auf Lager, bei Renault rund 700. Die Lieferung von nach individuellen Wünschen zusammengestellten Autos kann zwar mehrere Monate dauern. Doch das war schon vor Corona teils der Fall.
Gleiches Modell, höherer Preis
Was jedoch auffällt: Die Preise gewisser Modelle sind gestiegen. Dies zeigt ein Vergleich der Preislisten von 2021 mit denjenigen von 2020. Preisbeispiele von drei grossen Autohändlern:
Nissan: Beim Modell Juke sind die Preise für die genau gleiche Ausführung um mehrere Hundert Franken gestiegen, die Version N-Connecta ist 1600 Franken teurer.
Audi: Das Einstiegsmodell des Q5 40 TDI Quattro kostete Ende des vergangenes Jahres 56 900 Franken, jetzt sind es 1700 Franken mehr. Bei der A3-Limousine 35 TFSI S-Tronic stieg der Preis seit Frühjahr 2020 um 1100 Franken.
Mercedes: Beim Einstiegsmodell der Klasse A 160 erhöhte sich der Preis um 500 Franken auf aktuell 35 600 Franken, bei der B-Klasse 200d um 700 Franken und beim AMG-Modell A 45 4Matic+ um 1400 Franken.
Der japanische Hersteller Mitsubishi zeigt, dass es auch anders geht: Beim Modell Outlander blieben die Preise im Vergleich zu 2020 gleich. Laut Geschäftsführer Bruno Campino gilt dies für alle Modelle und Ausführungen, bei denen sich nichts verändert hat.
Die Preiserhöhungen haben nicht zwingend mit höheren Kosten zu tun, sie sollen die Gewinne noch mehr sprudeln lassen. Das Autogewerbe wies in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gigantische Gewinne aus. Volkswagen verdiente rund 11 Milliarden Euro, Mercedes 5,2 Milliarden Euro. Weltweit war die Autoindustrie damit so profitabel wie nie zuvor. Dies belegt eine aktuelle Erhebung des globalen Beratungsunternehmens Ernst & Young.
An solche Preiserhöhungen werden sich Konsumenten wohl gewöhnen müssen. So erklärte Daimler-Finanzchef Harald Wilhelm in der «Financial Times» am 12. September, wie man noch mehr Profit erzielen wolle: «Wir werden die Nachfrage bewusst unterversorgen.» BMW-Finanzchef Nicolas Peter sagt das Gleiche mit anderen Worten: Man müsse «die Art und Weise beibehalten, wie wir das Angebot verwalten, um unsere Preissetzungsmacht auf dem heutigen Niveau zu halten». BMW verknappt also das Angebot bewusst, um höhere Preise durchzusetzen.
Wie sich das für die Hersteller auszahlt, zeigen die Zahlen: BMW steigerte seine Rendite im vergangenen Quartal auf fast 16 Prozent – 2018 waren es noch 8,6 Prozent. Auch Daimler steigerte die Rendite im gleichen Zeitraum von 8,4 auf 12,2 Prozent und macht immer mehr Profit.
Preis für ein Auto ist Verhandlungssache
Widerstandslos bezahlen sollte man die Listenpreise aber nicht. Ein Rabatt lässt sich nämlich immer aushandeln. Beispiele:
Flottenrabatte: Neue Fahrzeuge können schnell bis zu einem Drittel günstiger sein, als im Katalog aufgeführt. Dies zeigen K-Tipp-Auswertungen von Spezialkonditionen für Verbände und Firmen. In der Regel gilt: Je teurer das Auto, desto höher der Rabatt. Beispiele von grosszügigen Flottenrabatten: Lehrerinnen, Gärtner oder Feuerwehrleute, die Mitglied der Gewerkschaft VPOD sind, profitieren bei Mercedes von Rabatten von bis zu 22 Prozent. Polizisten erhalten bei Volvo maximal 26 Prozent und Angestellte des Bundes, bundesnaher Betriebe und der ETH bei Citroën bis zu 32 Prozent.
Lagerfahrzeuge: Marken-Garagisten haben in der Regel eine Anzahl neuer Autos in ihren Ausstellungsräumen. Oft fahren Kunden am günstigsten mit diesen Lagermodellen, wie Brancheninsider dem K-Tipp bestätigen. Beispiel: Der Listenpreis für einen Volvo V60 T6 eAWD Inscription mit Zusatzausstattung liegt bei rund 80 000 Franken. Bei der Garage Franz in Winterthur ZH gibt es aktuell das gleiche Auto rund 25 000 Franken günstiger.
Direktimporte: Einige Händlern führen neue Autos an offiziellen Importeuren vorbei in die Schweiz ein. Ihre Angebote sind oft günstiger. Eine Übersicht ist auf Vfas.ch zu finden.
Barzahlungsrabatt: Wer sein Auto bar bezahlt, kann Preisnachlässe von mehreren Tausend Franken aushandeln, wie Stichproben von «K-Geld» gezeigt haben («K-Geld» 3/2010). Ein weiteres Plus gegenüber Leasing oder Kredit: Der Käufer kann frei entscheiden, wie er sein Auto versichern und wann er es verkaufen will.
Flexibel bleiben: Kaum Chancen auf grosse Rabatte haben Käufer, die unbedingt ein bestimmtes Modell wollen. Besser ist es, bei mehreren Marken und Modellen Offerten einzuholen und dies gegenüber den Verkäufern zu kommunizieren. Sobald eine günstigere Offerte vorliegt, spricht man bei den anderen Händlern nochmals vor und präsentiert das günstigere Angebot.