Wer am 4. September die Amavita-Apotheke im St. Galler Gallusmarkt besuchte, konnte die Werbung für Perskindol kaum übersehen. Das Mittel gegen Gelenk- und Muskelschmerzen war sehr prominent im Eingangsbereich ausgestellt – nebst diversen Schüssler-Salzen. Letztere waren direkt auf einem Verkaufstisch aufgestapelt. Gegen Krämpfe empfahl die Mitarbeiterin nebst der Anwendung von Perskindol auch gleich die Einnahme von Magnesium von der Herstellerfirma Dr. Schlüssler. Alternativprodukte wurden erst auf Nachfrage hervorgeholt.
Nach einem ähnlichen Muster lief es in der Feelgoods-Apotheke St. Jakob in St. Gallen ab: Auch dort wurde Perskindol im Schaufenster grossflächig beworben. Selbst auf ausdrückliche Nachfrage hin nannte die Verkäuferin kein vergleichbares Produkt. Ihre Begründung: «Perskindol ist das beste.»
Welche rezeptfreien Artikel die Apotheken besonders auffällig präsentieren, ist kein Zufall. Denn Pharmafirmen bezahlen die Unternehmensgruppe Galenica AG dafür. Der Galenica sind die Apothekenketten Amavita, Feelgoods, Sun-Store und als Joint-Venture Coop-Vitality angeschlossen.
Bis zu 55 000 Franken für «Star des Monats»
Und so funktioniert die Vermarktung: Galenica bietet den Medikamentenherstellern eine Produktplatzierung an bester Lage an. Anders gesagt, gut sichtbar für Kundinnen und Kunden der Apotheke.
Das hat seinen Preis: So zahlen die Pharmafirmen der Galenica bis zu 55 000 Franken für den «Star des Monats» in einer Amavita-Filiale. In diesem Preis inbegriffen ist die Präsentation der Produkte in zwei gut sichtbaren Verkaufsregalen, in Inseraten, im Amavita-Kundenmagazin und in Videopräsentationen in den Filialen.
Diese Art Vermarktung nährt den Verdacht, dass die gegen Bezahlung prominent beworbenen Produkte in den Apotheken auch gezielt verkauft werden. Der K-Tipp machte deshalb eine Stichprobe in den Städten Bern, St. Gallen und Zürich. Der Besuch in 20 Apotheken von Amavita, Feelgoods, Sun Store und Coop Vitality bestätigt den Verdacht:
Bei 17 der 20 besuchten Apotheken
- wurden entweder nur die beworbenen Produkte empfohlen, ohne auf allenfalls günstigere Alternativen hinzuweisen
- oder zuerst die beworbenen Produkte auf den Tresen gelegt
- oder nur teurere Alternativen empfohlen
- oder nur Eigenprodukte der Galenica-Gruppe empfohlen
Nur drei Apotheken empfahlen ein günstigeres Produkt: Amavita RailCity und Spitalgasse in Bern sowie Coop-Vitality an der Birmensdorferstrasse in Zürich.
Der K-Tipp bat die besuchten Apotheken um eine Stellungnahme. Die Antworten übernahm Galenica. Die Firma bestreitet, dass die Vermarktung die Beratung in den Apotheken beeinflusst: Galenica würde gegenüber der Pharmaindustrie festhalten, dass «Massnahmen zur Verkaufsförderung keinerlei Einfluss auf das Beratungsverhalten» der Mitarbeitenden habe.