Der Immobilienmakler Betterhomes lockt Quereinsteiger mit «unbegrenzten Einkommensmöglichkeiten» im Maklerbusiness. Interessenten müssen ihre Ausbildung aber selbst finanzieren (K-Tipp 17/2016). Eine Zürcher Angestellte schilderte, dass sie für die Schulung 1870 Franken bezahlen musste und nach dreieinhalb Monaten entlassen wurde – ohne jede Entschädigung.
Verschiedene K-Tipp-Leserinnen und -Leser bestätigten die Erfahrungen der Zürcherin: Angelockte junge Quereinsteiger würden ihr Erspartes investieren, schliesslich aber scheitern, weil die Ziele nicht realistisch seien. Alle kritisieren zudem die Kosten der Ausbildung und die Arbeitsbedingungen.
Der K-Tipp hat den Arbeitsvertrag von Betterhomes dem auf Arbeitsrecht spezialisierten Zürcher Rechtsanwalt Roger Rudolph zur Beurteilung vorgelegt.
Ist eine Entlöhnung auf reiner Provisionsbasis zulässig?
Roger Rudolph: Ja. Das Gesetz verlangt aber in diesem Fall, dass der Arbeitnehmer mit den Provisionen einen angemessenen Lohn erzielen kann.
Im vorliegenden Fall arbeitete eine Frau dreieinhalb Monate nebenberuflich für Betterhomes, ohne Lohn zu erhalten.
Ein Gericht würde hier einen Lohn in branchenüblicher Höhe festlegen – anhand von Gesamtarbeitsverträgen oder Lohnstatistiken.
Gibt es dafür Beispiele aus der Praxis?
Ein in der Finanz- und Versicherungsbranche tätiger Berater war alleine auf Provisionsbasis angestellt und erzielte ein Einkommen von rund 2000 Franken monatlich. Er forderte monatlich zusätzlich 1800 Franken. Das Bundesgericht hiess die Klage gut. Er hätte wohl noch mehr verlangen können. Denn der für seine Berufsgruppe massgebliche Lohn lag gemäss Bundesamt für Statistik sogar noch rund 850 Franken höher.
Betterhomes definiert im Arbeitsvertrag, wie viel Zeit pro Kundentermin als Arbeitszeit anerkannt wird. Für eine erste Besichtigung bei einem Kunden etwa ist eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Laut Vertrag können so keine Überstunden entstehen, sie sind jedenfalls durch den Lohn vollumfänglich abgegolten. Ist das rechtlich haltbar?
Es ist möglich, im Arbeitsvertrag Überstunden als im Lohn inbegriffen zu erklären. Das ändert aber nichts daran, dass die erzielbaren Provisionen einen angemessenen Lohn ermöglichen müssen. Andernfalls kann der Arbeitnehmer die Differenz einklagen, auch wenn die Überstundenentschädigung wegbedungen ist.
Zählt der Anfahrtsweg zu den Kundenterminen zur Arbeitszeit?
Laut einem Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich ist eine Regelung, wonach sich der Arbeitsort immer am betreffenden Einsatzort beim Kunden befinde, nicht zulässig.
Ist es zulässig, im Arbeitsvertrag festzulegen, dass keine Spesen bezahlt werden, wenn jemand für Kundentermine sein Privatfahrzeug benutzt und geschäftliche Anrufe mit dem Privathandy führt?
Nein. Falls diese Auslagen für die Ausführung der Aufträge nötig waren, müssen sie vom Arbeitgeber entschädigt werden, auch wenn im Vertrag etwas anderes steht. Nach Möglichkeit müssen die Angestellten aber das Geschäftsauto benutzen.
Im Vertrag steht auch, dass Betterhomes den Angestellten bei einem verschuldeten Unfall mit dem Geschäftswagen den Selbstbehalt und den allfälligen Bonusverlust voll in Rechnung stellen kann. Ist das rechtens?
So pauschal sicher nicht. Denn Angestellte, die häufig beruflich mit dem Geschäftswagen unterwegs sind, müssen nicht in jedem Fall für den Schaden haften.
Der Arbeitsvertrag von Betterhomes sieht nach Verlassen der Stelle ein zweijähriges Berufsverbot im bisherigen Tätigkeitsgebiet vor. Hier geht es um einen Nebenerwerb, und die Angestellten haben ihre Ausbildung selber bezahlt. Würde ein Gericht diese Klausel schützen?
Konkurrenzverbote können zwar auch bei einer blossen Nebentätigkeit gültig vereinbart werden. Zwei Jahre für eine solche Aussendiensttätigkeit dürften aber von den meisten Gerichten als übermässig taxiert und daher reduziert werden.
Der Vertrag sieht eine Konventionalstrafe von einem halben Jahreslohn für jeden einzelnen Fall vor, wenn Angestellte das Konkurrenzverbot verletzen. Würde ein Gericht das gutheissen?
Nein, es sind praktisch keine Fälle bekannt, wo Gerichte mehr als eine Konventionalstrafe zugesprochen haben.