Einerseits Steuererleichterungen für die grossen Konzerne – andererseits höhere AHV-Beiträge für Angestellte und Arbeitgeber, Selbständige und Erwerbslose: Darüber stimmen die Schweizer am 19. Mai ab. Wird dieser AHV-Steuerdeal angenommen, müssen die AHV-Pflichtigen pro Jahr 1,2 Milliarden Franken mehr zahlen.
Im Januar 2015 führte die Nationalbank Negativzinsen ein für Guthaben, die Banken bei ihr deponieren. Dieser Strafzins für die Sparer beträgt 0,75 Prozent. Das heisst: Für jede bei ihr gelagerte Million verlangt die Schweizerische Nationalbank 7500 Franken.
Das betrifft auch die AHV-Reserven. Denn die AHV hat in den letzten Jahrzehnten mehr Geld eingenommen als ausgegeben. Ihr stattliches Vermögen beträgt zurzeit rund 45 Milliarden Franken (K-Tipp 1/2018). Ein grosser Teil steckt in Wertschriften, ein Teil davon ist Bargeld. Die AHV darf heute aber nur bis zu 1 Milliarde Franken zinsfrei bei der Nationalbank deponieren. Den darüber hinausgehenden Teil des Geldes platziert die AHV deshalb bei verschiedenen Banken. Diese müssen Negativzinsen zahlen, die sie der AHV weiterbelasten. Daraus entstanden dem AHV-Fonds nach eigenen Angaben seit 2015 Strafzinsen in der Höhe von rund 3 Millionen Franken.
Viel stärker von der Nationalbank bestraft werden die Pensionskassen. Sie verwalten ein gigantisches Vermögen von über 1,1 Billionen Franken («Saldo» 9/18). In der 2. Säule spart jeder Versicherte für sich selbst. Auch dieses Zwangssparen wird von der Nationalbank bestraft. Die Pensionskassen müssen einen Teil ihres Vermögens für laufende Renten zur Verfügung haben und lagern deshalb viel Geld bei Banken.
Renten könnten stabilisiert werden
Allein der Pensionskasse der SBB frassen die Negativzinsen seit 2015 fast 13 Millionen Franken weg, wie sie auf Anfrage des K-Tipp bekannt gibt. Ähnliches gilt für die Pensionskasse des Bundes, die Publica. Der Verband der Pensionskassen Asip ging 2016 von Negativzinsen in der Höhe von jährlich insgesamt rund 400 Millionen Franken aus. Eine aktuellere Schätzung machte der Verband gegenüber dem K-Tipp nicht.
Für die Schweizerische Nationalbank ist die Bestraftung der Sparer höchst lukrativ. Sie nahm von 2015 bis Mitte 2018 Negativzinsen von knapp 6 Milliarden Franken ein.
Politiker aus verschiedenen Lagern fordern, dass die Nationalbank den Ertrag aus den Negativzinsen vollumfänglich an die AHV zahlen soll. Zurzeit ist ein entsprechender Vorstoss des Zürcher SVP-Nationalrats Alfred Heer hängig. Andere Politiker wie der St. Galler Ständerat Paul Rechsteiner (SP) und der Schwyzer Ständerat Alex Kuprecht (SVP) verlangen, dass die Negativzinsen von rund 2 Milliarden Franken pro Jahr in die Pensionskassen fliessen, damit die Renten nicht weiter sinken.
Bundeskasse schuldet der AHV 8 Milliarden Franken
1993 sagte das Volk Ja zu einem Prozent mehr Mehrwertsteuer für die AHV. Dieses sogenannte Demografieprozent sollte die AHV langfristig stärken. Doch auf Antrag des damaligen Finanzministers Kaspar Villiger beschloss das Schweizer Parlament 1998, 17 Prozent dieses Mehrwertsteueraufschlags in die Bundeskasse abzuzweigen. Bis heute sind der AHV so rund 8 Milliarden Franken entgangen («Saldo» 19/2017). Die Abstimmungsvorlage vom 19. Mai sieht vor, dass das Demografieprozent künftig vollständig in die AHV fliesst – allerdings gekoppelt an die Mehrbelastung der Prämienzahler. Die bereits abgezweigten 8 Milliarden würde die Bundeskasse aber behalten.