Stickoxide sind schädlich für die Atemwege. Alle Dieselautos der allerneusten Generation müssen deshalb die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Damit sollen sie pro Kilometer nur noch 80 Milligramm (mg) Stickoxid ausstossen – 100 mg weniger als bei der Euro-5-Norm. Die Euro-6-Norm gehört zu den «strengsten auf der Welt», heisst es dazu auf einer Website des europäischen Automobilherstellerverbands.
ADAC-Messung zeigt hohe Emissionen
Im gesetzlich vorgeschriebenen Test (NEFZ) halten offiziell alle geprüften Autos problemlos den 80-mg-Grenzwert ein. Doch der NEFZ-Testzyklus ist veraltet und leicht zu überlisten: Klimaanlagen, Sitzheizungen und Navigeräte sind heute bei den meisten Autos Standard. Bei den Messungen können sie von den Herstellern ausgeschaltet werden (K-Tipp 17/2014). Nun hat der Deutsche Automobilclub (ADAC) aufgrund eigener Messungen festgestellt: Autos mit der Euro-6-Norm geben teilweise ein Mehrfaches des erlaubten Grenzwerts an Stickoxiden in die Luft ab. Die ADAC-Tester verwendeten – im Gegensatz zum NEFZ-Prüfverfahren – «realitätsnahe Belastungszyklen».
Modelle, bei denen der Stickoxid-Grenzwert am deutlichsten überschritten wurde:
- Volvo S60 D4 Summum Geartronic: 14-mal mehr
- Renault Espace Energy dCi 160 Initiale Paris EDC: 11-mal mehr
- Jeep Renegade 2.0 Multijet Limited Active Drive Low Automatik: 10-mal mehr
- Hyundai i20 1.1 CRDI Trend: 7-mal mehr
- Fiat 500X 1.6 Multijet Start&Stop Lounge 4x2: 6-mal mehr
Nur rund ein Drittel der getesteten 61 Autos blieb unter dem Grenzwert. Darunter sind zum Beispiel der BMW 218d Gran Tourer Luxury Line Steptronic und der Skoda Superb 2.0 TDI SCR Style DSG. Von den 17 getesteten Modellen aus dem VW-Konzern überschritten 12 den Grenzwert.
Schon im vergangenen Jahr hatte eine Studie der niederländischen Prüforganisation TNO ein ähnliches Ergebnis gebracht: Im Test von TNO stiessen 9 von 10 Dieselautos deutlich mehr Stickoxide aus als erlaubt (siehe «Saldo» 10/2014).
Die komplette Liste unter www.ktipp.ch/bG0b1f
VW verwirrt die Kunden
«Wir werden alles tun, um Ihr Vertrauen zurückzugewinnen», schrieb der VW-Konzern, nachdem der Diesel-Skandal aufgeflogen war. Doch die Kundeninfos sind schludrig.
Bis heute hat VW nicht mitgeteilt, bei welchen Modellen die Software manipuliert wurde. In Frage kommen nach K-Tipp-Recherchen 8 Modellreihen von Audi, je 6 von Seat und Skoda sowie 14 von VW (K-Tipp 16/2015).
Auch sonst macht der Konzern bei der Information der Kunden keine gute Figur: Unter den «News» auf www.volkswagen.ch lenkt VW mit Meldungen über eine Rallye auf Korsika, neue Stossfänger fürs Golf-Cabriolet oder den neuen Touran von dem ab, was die Kunden im Moment wirklich interessiert.
Und wenn doch eine Meldung den Diesel-Skandal betrifft, verbreitet VW Unsinn: «Die beanstandete Software beeinflusst weder Fahrverhalten, Verbrauch noch Emissionen», heisst es da. Wozu, wenn nicht zur Reduktion der Emissionen auf dem Prüfstand, hätte die manipulierte Software denn sonst dienen sollen?
Auch sonst gibt es Ungereimtheiten: Mittlerweile können VW-Besitzer im Internet eine 17-stellige Fahrzeug-Identifikationsnummer eingeben. Sie beginnt meist mit den Buchstaben «WVW». Wer irrtümlich «WWW» eingibt, bekommt nicht etwa die Meldung, dass dieses Auto nicht existiere, sondern dass es nicht manipuliert sei.