Der Einbau einer etwas grösseren Glasschiebetüre zur Terrasse wurde für Familie Lüscher (Name geändert) aus Bern zum Albtraum. Kaum war die Türöffnung herausgebrochen und die neue Schiebetüre montiert, flatterte ein Brief der Baupolizei ins Haus: Die Arbeiten seien sofort zu stoppen und eine Bewilligung einzuholen. Ein Nachbar hatte die Baupolizei auf die unerlaubten Arbeiten hingewiesen.
Die Familie reichte das Baugesuch nach, doch die Sache hatte ein Nachspiel: Lüschers mussten nicht nur das Bewilligungsverfahren in der Höhe von 1000 Franken bezahlen, sondern auch die neue Schiebetüre wieder ausbauen und eine Türe im ursprünglichen Format einsetzen. Grund: Das Haus steht zum Teil unter Schutz. Das Berner Bauamt durfte die grössere Türöffnung daher auch nachträglich nicht bewilligen.
Hätte sich die Familie vor dem Türeinbau beim örtlichen Bauamt erkundigt, wären ihr die Unannehmlichkeiten erspart geblieben. Lüschers sagen rückblickend: «Es war uns nicht bewusst, dass wir etwas Unerlaubtes tun.» Was Lüschers auch nicht wussten: Die zuständigen Amtsstellen einer Gemeinde geben kostenlos Auskunft rund um die Bewilligungspflicht von Bauarbeiten. Und: Bei Kleinprojekten genügt allenfalls ein Anzeigeverfahren. Martin Baumann, Stadtbauinspektor der Stadt Bern, sagt: «Uns kann man jederzeit um eine erste Einschätzung anfragen.»
Dachfenster: Oft genügt ein Anzeigeverfahren
Die Gesetze in den einzelnen Gemeinden sind in den Grundzügen gleich aufgebaut, unterscheiden sich jedoch in teils wichtigen Details. Was in der einen Gemeinde ohne Bewilligung erstellt werden kann, benötigt anderswo eine. In der ganzen Schweiz gilt grundsätzlich die Faustregel: Bei einer Nutzungsänderung oder wenn das Gebäude äusserlich verändert wird, braucht es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Baubewilligung.
Bei kleineren Projekten genügt aber oft das raschere und günstigere Anzeigeverfahren – zum Beispiel beim Einbau eines zusätzlichen Dachfensters. Beim Anzeigeverfahren reicht man beim Bauamt eine Skizze mit den Baumassen ein und erhält – ohne dass das Projekt öffentlich aufgelegt wird – die Bewilligung. Dadurch kann es auch keine Einsprachen geben. Das Anzeigeverfahren ist meist innert weniger Wochen erledigt und kostet nur eine Bearbeitungsgebühr.
Ist aber ein normales Bewilligungsverfahren nötig, etwa für den Ausbau des Estrichs zu Wohnräumen, muss man mehr Zeit und Geld einrechnen.
Die Gebühren orientieren sich in der Regel an der Höhe der Baukosten oder des Bauvolumens. Das Verfahren dauert mit allen Fristen mindestens drei Monate. In der Stadt Zürich zum Beispiel zahlt man für Bauvorhaben bis 120 000 Franken rund 4 Prozent Gebühren – also bis zu 4800 Franken. Ist ein Architekt ins Projekt involviert, erstellt er das Gesuch und reicht es auch ein. Plant man auf eigene Faust, lohnt es sich, mit den ersten Skizzen beim Bauamt vorbeizuschauen. Danach weiss man, ob die eigenen Ideen überhaupt bewilligungsfähig sind und welche Unterlagen eingereicht werden müssen.
Zonenpläne und Ausnutzung beachten
Den Rahmen für die Bewilligung setzen die Zonenpläne, die Ausnutzungsziffern sowie die detaillierten Regelungen im Baugesetz der Gemeinde. Im Detail bedeutet das:
- Die Zonenpläne legen fest, welche Nutzungen in welcher Zone möglich sind. So dürfen zum Beispiel Wohnungen nur gebaut werden, wenn die Zone das vorsieht (Wohnzone oder gemischte Wohn- und Gewerbezone).
- Die Ausnutzungsziffer wiederum gibt an, wie viel Wohnfläche im Verhältnis zur Grösse des Grundstücks realisiert werden kann.
Beispiel: In einer Zone mit einer Ausnutzung von 0,3 können auf einem 500 Quadratmeter grossen Grundstück 150 Quadratmeter Wohnfläche gebaut werden. Das Baugesetz hält unter anderem auch fest, wie hoch Gebäude werden dürfen, welchen Dämmwert Fassaden haben müssen und welcher Abstand zu Nachbargrundstücken einzuhalten ist.
In der Regel braucht es zur Einreichung eines Baugesuchs Grundrisspläne und Schnittzeichnungen durch das Gebäude im Massstab 1:100 in mehrfacher Ausführung sowie bestimmte Formulare des örtlichen Bauamtes.
Nach Abgabe der Unterlagen prüft das Bauamt, ob sie komplett sind, und publiziert dann das Baugesuch. Parallel zur laufenden Frist von 20 bis 30 Tagen wird das Gesuch von verschiedenen Amtsstellen geprüft, etwa vom Tief- und Hochbau-Amt sowie von der Feuerpolizei. Haben alle Stellen grünes Licht gegeben, wird die Baubewilligung erteilt – manchmal mit gewissen Auflagen. Wurde während der Auflagefrist von niemandem ein Baurechtsentscheid eingefordert, kann mit dem Bau begonnen werden. Andernfalls heissts nochmals 30 Tage warten, ob keine Einsprache eingeht.
Nach Abschluss der Arbeiten muss das Bauamt informiert werden. Es prüft dann, ob alle baulichen Massnahmen den eingereichten Plänen entsprechen.
Auch bei Lüschers kontrollierte das Amt, ob alles wieder in den Originalzustand zurückversetzt worden war. «Nächstes Mal fragen wir bei der Baupolizei nach, bevor wir uns an die Arbeit machen.» Lüschers haben ihre Lektion teuer bezahlt.
Um- und Ausbaupläne: Dafür braucht es eine Baubewilligung
Die Baugesetze unterscheiden sich von Gemeinde zu Gemeinde. In den folgenden Fällen ist die Handhabung jedoch klar.
Benötigt eine Baubewilligung oder zumindest ein Anzeigeverfahren
- Estrichausbau zu Wohnraum
- Erstellen einer einplätzigen Garage
- Tausch der Heizungsanlage
- Einbau von Dachfenstern
- Aussenisolation der Fassade
- Gartenhaus
Hier braucht es keine Baubewilligung
- Neuanstrich der Fassade in derselben Farbe
- Abbruch einer inneren Trennwand ohne Nutzungsänderung
- Aufstellen eines einzelnen Briefkastens
- Gartenzaun errichten (max. 80 cm hoch)
- Kinderschaukel
- Solaranlagen auf Gebäuden, die nicht unter Schutz stehen. Sie müssen bezüglich Einbautiefe, Position und maximaler Grösse den Vorgaben des Bauamts entsprechen.
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