Eine hochdeutsch sprechende Dame habe sich als Frau Baumann bei ihm per Telefon gemeldet, sagt Paul Jäger aus Zürich. Beim Anruf sei es um die Krankenkasse gegangen. Jäger hat deshalb am 18. August 2014 Strafanzeige eingereicht. Denn er hat einen Sterneintrag im Telefonbuch. Und Jäger weiss: Seit 1. April 2012 sind Werbeanrufe auf Nummern mit Sterneintrag strafbar.
Allerdings ist sehr fraglich, ob es aufgrund der Strafanzeige des K-Tipp-Lesers je zu einer Verurteilung kommen wird.
Dies zeigt die gleich gelagerte Strafanzeige, die im Juni 2013 bei der Zürcher Staatsanwaltschaft einging. Damals waren viele Leute mit Sterneintrag von der Nummer 044 289 60 60/ 61 angerufen worden. Die Anrufer sagten jeweils, sie seien vom «Versicherungsvergleich Schweiz». Doch eine solche Firma gab es nie.
Die Staatsanwaltschaft Zürich hat das Strafverfahren nach «umfangreichen polizeilichen Ermittlungen» eingestellt. Die Behörde kam zum Schluss, hier sei «Spoofing» betrieben worden. Das heisst: Unbekannte hatten höchstwahrscheinlich aus dem Ausland angerufen, dabei aber ihre Identität verschleiert. Denn technisch ist es kein Problem, auf dem Display der angerufenen Person jede beliebige Nummer anzeigen zu lassen. Vorzugsweise mit einer Schweizer Vorwahl wie 061 oder 044 – damit die Angerufenen meinen, der Anruf komme aus der Nachbarschaft.
Fazit der Staatsanwaltschaft: Beim «Spoofing» sei es nicht möglich, die effektiv verwendeten Telefonanschlüsse zu eruieren – zumal diese meist im Ausland lägen.
031er-Nummernblock weiterverkauft
Ebenso bedenklich ist, was die Staatsanwaltschaft in der gleichen Einstellungsverfügung über die Telefonnummer 031 508 70 30 schreibt, zu der es ebenfalls Strafanzeigen von Angerufenen gab.
Der ganze Nummernblock 031 508 xx xx ist der Netstream AG in Dübendorf ZH zugeteilt. Diese Firma wiederum vergibt daraus beliebige Nummernpakete zur Benutzung an Firmen im In- und Ausland. Gemäss Staatsanwaltschaft hat Netstream die Nummer 031 508 70 30 an eine DIDWW Ireland Ltd. im irischen Dublin vergeben, und diese wiederum hat die Nummer weiterverschachert. Aber an wen? Das lasse sich nicht mehr zurückverfolgen, resigniert die Staatsanwaltschaft. Und weitergehende Erkenntnisse «konnten diesbezüglich nicht gewonnen werden».
Netstream sagt dazu, sie habe «keinerlei Einfluss auf die Nutzung» der von ihr weitervergebenen Rufnummern.
«Polizei gab sich keine grosse Mühe»
Angesichts dieser Tatsachen erstaunt es nicht, dass Konsumentinnen und Konsumenten mit ihren Strafanzeigen ins Leere laufen. Wie zum Beispiel K-Tipp-Leserin Musa S. aus Laufen BL, der ein Anrufer drohte, er komme mit der Kalaschnikow vorbei. Sie sagt, die Polizei habe sich bei der Suche nach dem Täter «keine grosse Mühe» gegeben.
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bestätigt die Ermittlungsprobleme bei diesem Versteckspiel: «Bei internationalen Fällen können wir tatsächlich nicht in die Souveränität ausländischer Staaten eingreifen. Wenn uns betroffene Personen ihre Fälle melden, versuchen wir sie – so gut es geht – an die zuständigen ausländischen Behörden weiterzuleiten.»
Ob es bald eine technische Lösung gibt, ist zurzeit offen. Gemäss Bakom gibt es internationale Bestrebungen, Angerufene mit einem Zertifizierungssystem vor «Spoofing» zu schützen. Schweizer Kundinnen und Kunden könnten dann entscheiden, ob sie nur zertifizierte Anrufe wollen oder alle.