Bei den Geldeintreibern nochmals Geld verlieren
Wer auf Verlustscheinen sitzt und zu seinem Geld kommen möchte, muss aufpassen: In der Inkasso-Branche tummeln sich schwarze Schafe, die aufs Geld der Gläubiger schielen.
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K-Tipp 10/2003
21.05.2003
Pirmin Schilliger - redaktion@ktipp.ch
Verlustscheine sind kein Verlust. Geldeintreiber holen ihr verlorenes Geld zurück.» Dieses Inserat stach Paul Vonlanthen aus Birsfelden BL in die Augen.
Seit einigen Jahren schuldeten ihm drei ehemalige Mieter insgesamt 16 000 Franken. Seine damaligen Bemühungen, das Geld über eine Betreibung einzufordern, fruchteten nichts. Ihm blieben Verlustscheine.
Das Inserat lockte Vonlanthen zur Agentur Adlerauge in Zürich, die vom berüchtigten Charles Vetter betrieben ...
Verlustscheine sind kein Verlust. Geldeintreiber holen ihr verlorenes Geld zurück.» Dieses Inserat stach Paul Vonlanthen aus Birsfelden BL in die Augen.
Seit einigen Jahren schuldeten ihm drei ehemalige Mieter insgesamt 16 000 Franken. Seine damaligen Bemühungen, das Geld über eine Betreibung einzufordern, fruchteten nichts. Ihm blieben Verlustscheine.
Das Inserat lockte Vonlanthen zur Agentur Adlerauge in Zürich, die vom berüchtigten Charles Vetter betrieben wird. Dessen hemdsärmelige Geschäftsmethoden wurden schon mehrmals in den Medien angeprangert.
Als Vonlanthen Vetter den Inkassoauftrag erteilte, musste er ihm gleich ein Grundhonorar von 1000 Franken zahlen. Im Erfolgsfall verlangt Vetter gemäss Vertrag zusätzlich 25 Prozent der von ihm hereingeholten Summe.
Heute zeigt sich: Die Anzahlung dürfte verloren sein. Als der K-Tipp eineinhalb Jahre nach Erteilung des Auftrags bei Vetter nachfragte, war er nicht in der Lage, die Unterlagen Vonlanthens zu finden. Auch Charles Sägesser aus Zürich hat für eine Schuldeintreibung vorausgezahlt - happige 2944 Franken an die Galvaro AG in St. Gallen. Der K-Tipp hat sich nach fünf Monaten beim betreffenden Schuldner erkundigt: Er hat in dieser Zeit nie etwas von einem Inkassobüro gehört. Bei der Galvaro heisst es dazu, man habe viermal telefonisch versucht, mit dem Schuldner in seinem Restaurant einen Termin zu bekommen; er sei aber jedesmal abwesend gewesen.
Inkasso-Büros kassieren bis zu 60 %
Hans Rudolf Thoma vom Verband Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute (VSI) warnt denn auch: «Wer versucht, sein Geld über Inserate in Gratisanzeigern einzutreiben, gerät allzu leicht an schwarze Schafe.» Und: «Ich würde ein Inkassobüro beauftragen, welches ausser einem klar fixierten Erfolgshonorar nichts weiter berechnet.»
Apropos Erfolgshonorar: Es ist happig. Der K-Tipp hat bei zehn bekannten grösseren Inkassobüros Offerten eingeholt und festgestellt, dass die professionellen Geldeintreiber dem Kunden 30 bis 60 Prozent der eingenommenen Summe abknöpfen - nach Abzug von Drittauslagen wie Spesen, Betreibungs- und Gerichtskosten.
Angesichts solcher Honorare der Inkassofirmen tun Gläubiger gut daran, es auf eigene Faust zu versuchen. Eine Möglichkeit: direkte Verhandlungen mit dem Schuldner.
Tipp: Sie können zum Beispiel auf einen Teil der Forderung verzichten oder ankündigen, dass Sie bei prompter Zahlung der Restschuld in Raten von einer Betreibung absehen.
Wählen Sie hingegen den Verfahrensweg, müssen Sie sich an das Betreibungsamt wenden. Dort erhalten Sie alle notwendigen Informationen. Gegen eine entsprechende Gebühr hilft man Ihnen, ein Betreibungsbegehren auszufüllen. Ein Zahlungsbefehl bei einer Forderungssumme zwischen 1000 und 10 000 Franken kostet zum Beispiel in Zürich 70 Franken. Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag und landet das Begehren vor Gericht, ist mit weiteren Kosten auch für den Gläubiger zu rechnen.
Je nach Verlustschein variieren die Chancen
Die Chancen auf Erfolg sind je nach Art des Verlustscheins unterschiedlich:
- Am besten sind die Aussichten bei einem Pfändungsverlustschein. Falls hier der Gäubiger wiederum nicht zahlt und es erneut zu einer Pfändung kommt, wird auf seinen Lohn und auf sein Inventar zurückgegriffen.
- Schlechter sind die Chancen bei einem Konkurs-Verlustschein, wie er bei einem Privatkonkurs ausgestellt wird. In diesem Fall muss der Gläubiger nachweisen, dass der Schuldner wieder zu Vermögen gekommen ist; das ist schwierig.
Trotzdem: Auch Konkurs-Verlustscheine sollten aufbewahrt werden. Die Verjährungsfrist beträgt nämlich 20 Jahre. Vielleicht kommt der Schuldner eines Tages unverhofft, etwa über eine Erbschaft, doch noch zu Vermögen.
- Praktisch wertlos sind Verlustscheine, wenn es sich beim Schuldner nicht um eine Privatperson, sondern um eine juristische Person handelt. Die dahinter stehende Firma wird im Handelsregister gelöscht; der Schuldner, bei dem man noch Geld eintreiben könnte, hat sich damit in Luft aufgelöst.