Angestellte sind obligatorisch gegen Betriebsunfälle versichert. Ab acht Stunden Arbeitszeit pro Woche gilt das auch für Unfälle in der Freizeit. Die 19-jährige Tochter von Susan Junker (Name geändert) aus Breitenbach SO absolvierte in einem Altersheim ein Praktikum. Dabei zog sie sich beim Anheben eines Geschirrkorbs am Handgelenk einen Bänderriss zu.
Susan Junker meldete den Vorfall der Unfallversicherung des Arbeitgebers, den Elips Versicherungen mit Sitz im liechtensteinischen Triesen. Doch diese beschied ihr, es läge «kein Unfall im Rechtssinne vor». Es fehle «ein ungewöhnlicher äusserer Faktor» (siehe unten). Die Versicherung lehnte deshalb Leistungen für die Arztrechnungen ab.
Junker erkundigte sich bei der K-Tipp-Rechtsberatung, ob die Weigerung korrekt sei. Das war nicht der Fall. Denn ein Bänderriss ist laut Unfallversicherungsgesetz so zu beurteilen wie ein Unfall. Susan Junker teilte dies der Unfallversicherung ihrer Tochter mit. Daraufhin anerkannte diese ihre Leistungspflicht.
Weder Selbstbehalt noch Franchise
Bei einer Verletzung kann die Unterscheidung zwischen Unfall und Krankheit folgenschwer sein: Die Unfallversicherung des Betriebs erbringt nämlich bessere Leistungen als die Krankenkasse: Verunfallte Angestellte müssen für die ärztlichen Leistungen weder Selbstbehalt noch Franchise zahlen. Zudem zahlt die betriebliche Unfallversicherung den Arbeitsunfähigen ab dem dritten Tag 80 Prozent des versicherten Lohns – bis sie wieder arbeitsfähig sind oder eine Rente erhalten.
Beweislast ist bei der Unfallversicherung
Bänderrisse sind nicht die einzigen unfallähnlichen Körperschädigungen, für welche die Unfallversicherung des Betriebs aufkommen muss. In die gleiche Kategorie gehören:
- Knochenbrüche
- Verrenkungen von Gelenken
- Meniskus-, Muskel- sowie Sehnenrisse
- Muskelzerrungen
- Verletzungen des Trommelfells.
Führt eine körperliche Betätigung – auch ohne ungewöhnliche äusserliche Einwirkung – zu einer dieser Verletzungen, muss grundsätzlich die Unfallversicherung zahlen. Die Körperschädigung darf allerdings nicht überwiegend auf eine Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sein. «Wenn die Unfallversicherung das behauptet, muss sie aber den Beweis dafür erbringen», sagt Ueli Kieser, Professor für Sozialversicherungsrecht an der Uni St. Gallen. Im Zweifelsfall müsse die Unfallversicherung die Leistungen bei unfallähnlichen Körperschädigungen übernehmen.
Unfall detailliert schildern!
Das Gesetz beschreibt den Unfall als «die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat». Oft gibt es Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein ungewöhnlicher äusserer Faktor auf den Körper eingewirkt hat.
Tipp: Beim Ausfüllen des Unfallprotokolls sollte man den Unfall so detailliert wie möglich schildern – denn die Gerichte stellen vorwiegend auf die «Aussagen der ersten Stunde» ab.