Ein Geschäftsleitungsmitglied der Berghilfe verdiente im Jahr 2019 nicht weniger als 170 000 Franken (K-Tipp 20/2020). Das stiess bei vielen K-Tipp-Lesern auf Unverständnis: Das seien «unverschämte Löhne unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit», schrieben etwa Elsbeth und Edi Sallenbach aus Ebmatingen ZH.
Gemeinnützige Organisationen leben von Spenden, erhalten teilweise Unterstützung vom Staat und zahlen keine Steuern. Deshalb erwarten viele Spender, dass die Löhne – speziell des Kaders – moderater sind als in der übrigen Wirtschaft. Professor Daniel Zöbeli, Experte für gemeinnützige Organisationen, stellt fest: «Es besteht ein gesellschaftspolitischer Konsens, dass bei solchen Löhnen Zurückhaltung geübt werden sollte.» Kaderlöhne seien auch gegenüber Spendern zu rechtfertigen.
Grössere Hilfswerke orientieren sich dennoch lieber am Lohnniveau von Wirtschaftsverbänden oder staatlichen Institutionen. Das zeigen die Jahresberichte sowie die Angaben der Organisationen gegenüber dem K-Tipp. So bezog der Geschäftsführer des Schweizerischen Roten Kreuzes 2019 über 250 000 Franken (Tabelle im PDF). Die Mitglieder der Geschäftsleitung erhielten im Durchschnitt 169 000 Franken – je auf 100 Stellenprozente gerechnet. Pro Senectute zahlte Mitgliedern der Geschäftsleitung im Durchschnitt 210 000 Franken, die Krebsliga und Pro Juventute knapp 190 000 Franken.
Beim Lohn hört die Transparenz auf
Die K-Tipp-Umfrage zeigt, dass es an Transparenz mangelt: Oft geben Hilfswerke in den Jahresberichten nur die Lohnsumme der gesamten Geschäftsleitung an – der Lohn des Geschäftsführers ist nicht separat erwähnt. Mit dieser Gesamtsumme kann ein Spender wenig anfangen. Doch sie reicht aus, um dem Standard der Zertifizierungsstelle Zewo zu genügen. Von ihr lassen sich viele Hilfswerke ein Zertifikat ausstellen – laut Zewo-Eigenwerbung ein Gütesiegel, dass Spendengelder in guten Händen seien.
Erstaunlich: Nicht einmal zu dieser minimalen Transparenz sind alle Organisationen bereit. So verschweigt die Aidshilfe die Lohnsumme ihrer zwei Geschäftsleitungsmitglieder. Aufgeschreckt durch die Recherchen des K-Tipp, schreibt die Zewo, sie überprüfe gerade die Rezertifizierung der Organisation. Zeige sich eine «Abweichung» von den Standards, erhalte die Aidshilfe eine Frist, dies zu beheben.
Das Blaue Kreuz, die Fachorganisation für Alkohol- und Suchtfragen, beweist, dass es auch transparenter geht: Das Hilfswerk weist gegenüber dem K-Tipp sowohl das Jahreshonorar des Geschäftsführers von 126 000 Franken wie auch das der übrigen Geschäftsmitglieder mit je 114 000 offen aus.