Beitragszahler sind den Kassen ausgeliefert

Eine Kürzung des Umwandlungssatzes wäre weniger einschneidend, wenn die Versicherten die Wahl zwischen Kapital und Rente hätten. Doch diese Freiheit wird ihnen oft verwehrt.

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K-Tipp 03/2010

06.02.2010

Letzte Aktualisierung:
09.02.2010

Gery Schwager

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Viele Angestellte dürfen vor der Pensionierung wählen: Sie können sich das angesparte Alterskapital auszahlen lassen oder sich für eine lebenslange Rente entscheiden. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Welcher Weg letztlich der sinnvollste ist, hängt stark von den persönlichen Familien- und Vermögensverhältnissen ab. Viele Versicherte können aber bei der Frage «Rente oder Kapital?» nicht gross mitreden.

Es bleibt ihnen verwehrt, ihr obligatorisch angespartes Altersguthaben vollumfänglich als Kapital zu beziehen, wenn ihre Pensionskasse das nicht zulässt. Denn das Gesetz schreibt den Kassen nur vor, dass sie auf Antrag des Versicherten mindestens ein Viertel des Altersguthabens auszahlen müssen. Versicherte werden also auch dann zu Rentenbezügern, wenn sie das gar nicht wollen – und müssen damit leben, dass ihr Einkommen direkt an den Umwandlungssatz gekoppelt ist.

Immerhin können sie mit einem Nein an der Abstimmung vom 7. März dafür sorgen, dass der Umwandlungssatz und damit die Pensionskassenrenten nicht schon wieder gekürzt werden (siehe unten und Abstimmungsbeilage im K-Tipp 1/2010). An ihrer Abhängigkeit vom Umwandlungssatz ändert das aber nichts. Schuld daran sind Bundesrat und Parlament. Sie haben es bei der ersten Revision des Pensionskassengesetzes von 2003 versäumt, die Versicherten stets frei zwischen Rente, teilweiser und voller Kapitalauszahlung wählen zu lassen.

Volle Wahlfreiheit: Im Parlament kein Thema

Dabei spreche «nichts gegen eine 100-prozentige Kapitalbezugsoption», sagt Stefan Thurnherr, Versicherungsexperte beim VZ Vermögenszentrum. Die Frage des Umwandlungssatzes würde damit entschärft – und die Auffassung unterstrichen, dass der Versicherte «mündig ist und frei über sein selber angespartes Vermögen verfügen kann».

Doch im Parlament mochte sich niemand für die volle Wahlfreiheit einsetzen. Und der Bundesrat verwarf sie mit Verweis auf «das Risiko, dass die Abfindung nicht für Vorsorgezwecke verwendet wird». Für besonders mündig hielt er die Bürger offenbar nicht.

Heute klagen einige Pensionskassen und Versicherungen, der geltende Umwandlungssatz sei zu hoch. Bei einem Kapitalbezug würde sich dieses Problem nicht stellen. Doch der Schweizerische Pensionskassenverband Asip ist gegen die gesetzliche Einführung der vollen Wahlfreiheit zwischen Kapital und Rente. Ihm genügt, dass «die Führungsorgane der Vorsorgeeinrichtungen schon heute die Möglichkeit haben, die Kapitaloption einzuräumen».

Mehr Wettbewerb unter Pensionskassen

Ebenfalls noch nie diskutiert wurde der Vorschlag, den Umwandlungssatz nicht mehr gesetzlich festzulegen und den Versicherten im Gegenzug die Freiheit zu geben, bei der Pensionierung mit einer Kasse ihrer Wahl einen Rentenvertrag abzuschliessen. Herbert Brändli, Pensionskassenexperte und Geschäftsleiter der B+B Vorsorge AG, unterstützt diese Idee: «Dadurch würde unter den Pensionskassen eine Art Wettbewerb ausgelöst.» Konkret könnten Pensionskassen Umwandlungssätze bestimmen, die auf die individuellen Lebensumstände der Versicherten eingehen.

Ein Uni-Professor zum Beispiel müsste dann wegen seiner hö-heren Lebenserwartung wohl mit einem tieferen Umwandlungssatz vorliebnehmen als ein Bauarbeiter. Die Versicherten hätten dafür die Möglichkeit, ihr angespartes Altersguthaben bei der Pensionierung bei jener Kasse zu platzieren, die ihnen die attraktivsten Rentenleistungen offeriert.

Kassenwechsel: Ein heisses Eisen

Dass der Pensionskassenverband Asip erfreut wäre, wenn die gesetzliche Regulierung des Umwandlungssatzes abgeschafft würde, ist kein Geheimnis. Die Versicherten bei der Pensionierung aber zu einer Kasse ihrer Wahl wechseln zu lassen, lehnt er ab: «Eine solche Lösung würde den Charakter der Solidargemeinschaft untergraben.» Und was meint der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) zu all dem? Immerhin verwalten die Lebensversicherer rund 120 Milliarden Franken an angespartem Kapital der beruflichen Vorsorge. Der SVV wollte dem K-Tipp keine Auskunft geben.

Abstimmungsbeilage gratis bestellen: Damit möglichst viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Argumente gegen die geplante Rentenkürzung kennen, hat der K-Tipp eine Abstimmungsbeilage zusammengestellt. Im Hinblick auf die Abstimmung vom 7. März können Sie Gratis-Exemplare hier herunterladen.

Tipp: Kapital oder Rente? Infos dazu finden Sie unter: www.ktipp.ch und im K-Tipp-Ratgeber «Pensionierung richtig planen», hier bestellen.

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