Benzinfirmen schröpfen die Kleinen
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Grosse Firmen erhalten Rabatte, falls die Mitarbeiter mit Benzinkarte tanken. «Kleine» Kunden hingegen zahlen drauf.
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K-Tipp 9/2003
07.05.2003
Pirmin Schilliger - redaktion@ktipp.ch
Peter Camenzind aus Thalwil ZH kann mit seiner Benzinkarte an sämtlichen BP-Tankstellen bargeldlos tanken. Kürzlich studierte er die monatliche Abrechnung einmal genauer - und siehe da: Neben der Jahresgebühr von 10 Franken berechnet ihm BP eine monatliche Bearbeitungsgebühr von Fr. 2.06.
Camenzind rechnete nach und kam zum Schluss: Weil er im Monat im Schnitt nur 40 bis 50 Liter tankt, bezahlt er pro Liter Benzin einen Mehrpreis von 4 bis 5 Rappen.
Dafür hat e...
Peter Camenzind aus Thalwil ZH kann mit seiner Benzinkarte an sämtlichen BP-Tankstellen bargeldlos tanken. Kürzlich studierte er die monatliche Abrechnung einmal genauer - und siehe da: Neben der Jahresgebühr von 10 Franken berechnet ihm BP eine monatliche Bearbeitungsgebühr von Fr. 2.06.
Camenzind rechnete nach und kam zum Schluss: Weil er im Monat im Schnitt nur 40 bis 50 Liter tankt, bezahlt er pro Liter Benzin einen Mehrpreis von 4 bis 5 Rappen.
Dafür hat er kein Verständnis. «Mit einer BP-Karte drückt der Automobilist gegenüber der Benzinfirma seine Kundentreue aus. Dafür sollte er belohnt und nicht bestraft werden.»
Fast alle Anbieter kassieren Gebühren
Das Gebührensystem der BP ist, wie die Nachforschungen des K-Tipp ergeben haben, in der Branche üblich. Auch Agip, Coop, Esso, Migrol und Shell verlangen Jahresgebühren von 10 Franken. Einzig Agrola und Avia geben ihre Tankkarten gratis ab.
Weitere 2 bis 3 Franken zahlen Kartenbesitzer bei allen Firmen für die Monatsabrechnung, wobei sie bei gewissen Anbietern mit dem LSV-Verfahren etwas günstiger fahren. Bei BP gibt es ein Hintertürchen, um die Zusatzkosten wieder wettzumachen: Kartenbesitzer können die Rechnung auch mit Reka-Checks bezahlen.
Benzinkarten taugen meist nur für Firmen
Mit der Rechtfertigung der Gebühren tun sich die Firmen schwer. «Die separate Abrechnung ist eine Mehrleistung für den Kunden. Zudem ist es bequem, ohne Bargeld zu tanken», argumentiert Migrol-Geschäftsleiter Daniel Hofer. «Wer auf diese Vorteile Wert legt, für den ist unsere Tankkarte ideal», wirbt BP-Sprecherin Isabelle Thommen.
Klar ist aber: Für das bargeldlose Bezahlen braucht es keine spezielle Tankkarten. «Der Privatkunde mit wenig Verbrauch tankt mit der EC-Karte oder mit der Kreditkarte günstiger», räumt Rudolf Häsler von Esso ein. Die Benzinkarten seien nur interessant für Firmen, die eine geschäftskonforme Abrechnung wünschten.
Ähnlich sieht es Rolf Hartl, Geschäftsführer der Erdölvereinigung: «Die Benzinkarte macht Sinn bei einer grösseren Fahrzeugflotte. Sie liefert eine Übersicht über die Bewegungen der Aussendienstler und die Abrechnung taugt für den Vorabzug der Mehrwertsteuer.» Für Kleinkunden hingegen gebe es kaum überzeugende Argumente, eine Tankkarte zu kaufen.
Das wird auch durch die Preispolitik bestätigt: Rabatt gewähren die Benzinfirmen nur Grosskunden nach individueller Vereinbarung.
Erste Anzeichen einer Änderung gibt es jetzt bei Tamoil. Hier erhalten TCS-Mitglieder seit kurzem gratis eine Tankkarte. Mehr noch: Sie profitieren so an 350 Tamoil-Stationen von einem zweiprozentigen Rabatt auf Treibstoff und auf sämtliche Artikel in den Tankstellenshops.
Das Vorgehen von Tamoil und TCS könnte einen Stein ins Rollen bringen. «Die ganze Branche wurde wachgerüttelt», heisst es bei Agip. Und: «Agip wird Aktionen starten, die unsere Tankkarte auch für kleine Privatkunden attraktiv macht.» Die Details würden demnächst bekannt gegeben.
Wetten, dass ähnliche Aktionen von weiteren Benzinfirmen bald folgen werden? Doch darauf will Peter Camenzind nicht warten. Er bezahlt künftig mit der Kreditkarte und verzichtet auf den Einsatz der BP-Tankkarte.