Besserer Schutz für Time-Sh aring-Opfer
Wer einen Time-Sharing-Vertrag innert zehn Tagen kündigt, erhält neuerdings alle Kreditkartenzahlungen zurück. Auch die Gebühren, die dubiose Vermittler wie Club Touristik und Viva Tours verlangen.
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K-Tipp 20/2002
27.11.2002
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Begonnen hatte alles ganz harmlos. Eines Tages fand Erwin Nott aus Pieterlen BE in seinem Briefkasten einen Wettbewerbstalon. Er schickte ihn ein - und erhielt zwei Wochen später einen Anruf: «Herzliche Gratulation, Sie haben zwei Wochen Gratisferien gewonnen!»
Den Gutschein per Post zustellen wollte die Anruferin allerdings nicht. Nott und seine Frau müssten ihn abholen und an einer Präsentation teilnehmen - bei der Firma Club Touristik GmbH in Olten SO.
Was N...
Begonnen hatte alles ganz harmlos. Eines Tages fand Erwin Nott aus Pieterlen BE in seinem Briefkasten einen Wettbewerbstalon. Er schickte ihn ein - und erhielt zwei Wochen später einen Anruf: «Herzliche Gratulation, Sie haben zwei Wochen Gratisferien gewonnen!»
Den Gutschein per Post zustellen wollte die Anruferin allerdings nicht. Nott und seine Frau müssten ihn abholen und an einer Präsentation teilnehmen - bei der Firma Club Touristik GmbH in Olten SO.
Was Nott in Olten erlebte, beschreibt er heute als «Gehirnwäsche» und «Psychoterror». «Ein geschliffener Verkäufer redete stundenlang auf uns ein, um uns ein Teilnutzungsrecht für eine Ferienwohnung in Spanien anzudrehen. Er schwärmte pausenlos, wie supergünstig Time-Sharing sei.»
Als Nott zwischendurch den Raum verlassen wollte, um die Parkuhr zu füttern, war die Türe abgeschlossen. «Offenbar befürchtet die Club Touristik, dass potenzielle Kunden abspringen, wenn sie sich das Angebot draussen in Ruhe überlegen können», vermutet Nott.
Nach vier Stunden doch unterschrieben
Dazu passt, dass der Verkäufer sich weigerte, dem Paar die Unterlagen und Verträge mitzugeben. «Als wir nicht unterschreiben wollten, rief er den Chef, der uns einen Rabatt und eine Bonuswoche anbot», erzählt Nott.
Nach geschlagenen vier Stunden war das Paar mürbe und unterschrieb «aus lauter Überdruss» sämtliche Verträge. Damit kaufte es von der Firma Lifetime Vacation España in Marbella (Spanien) das lebenslängliche Recht, jedes Jahr in der Vor- oder Nachsaison eine Woche Ferien in der «Urbanisation Miraflores» zu verbringen. Preis: 14 300 Franken, plus 957 Franken Vertragsgebühr, plus jährliche Unterhaltskosten von 460 Franken.
Zudem unterschrieben Notts eine Vollmacht für einen spanischen Anwalt und beauftragten das Treuhandbüro Peter Landisch in Ingolstadt (D) mit der Zahlungsabwicklung.
Mit der Club Touristik selber schloss das Ehepaar einen «Vermittlungsauftrag» ab und verpflichtete sich, für den Aufwand 2000 Franken zu zahlen. Und zwar sofort - mit Kreditkarte.
Pikantes Detail: Auf dem Kreditkarten-Beleg ist als Firmensitz nicht Olten, sondern das deutsche Waldshut-Tiengen angegeben, obwohl die Firma dort kein Büro hat. Der Grund: Die Club Touristik fand wegen ihres schlechten Rufs in der Schweiz keinen Kartenanbieter mehr.
Angesichts solcher Ungereimtheiten kündigten Notts die Verträge schon am nächsten Tag. Zudem bat Nott die Kreditkartenherausgeberin Viseca, seiner Eurocard/ Mastercard die 2000 Franken wieder gutzuschreiben.
Mit gutem Grund, denn bei den internationalen Kartenorganisationen Eurocard/ Mastercard und Visa gilt die interne Regel, dass Zahlungen an Time-Sharing-Gesellschaften zurückbelastet werden können, wenn der Kunde den Vertrag innert zehn Tagen gekündigt hat (K-Tipp 12/99).
Die Frage ist bloss: Gilt das auch für Vermittlungsgebühren?
Die Viseca sagte zuerst Nein. Ihren Kunden Erwin Nott liess sie wissen: Eine Rückbelastungsmöglichkeit bestehe nur für Anzahlungen bei Time-Sharing-Gesellschaften, nicht aber für Gebühren separater Vermittler. Abgeblitzt sind auch die Eurocard/Mastercard-Besitzer N. S. und Markus Boller aus Unterägeri ZG. Beide waren von der Club Touristik ebenfalls um 2000 Franken geprellt worden.
Den Vorwurf, mit der Unterscheidung zwischen Anzahlung und Vermittlungsgebühr die zweifelhaften Geschäftsmethoden gewisser Time-Sharing-Vermittler zu unterstützen, wiesen die Kartenherausgeber stets zurück: «Wir können nichts dafür, wenn Firmen Schlupflöcher ausnützen», sagte Viseca-Sprecher Ludovic Bauer im letzten Sommer.
Wer mit EC-Karte zahlt, hat Pech
In der Zwischenzeit hat die Viseca Erwin Nott 1000 Franken gutgeschrieben. Und UBS-Kunde Alex Heid aus Wiesendangen ZH erhielt sogar die ganzen 2000 Franken zurück, die ihm Viva Tours in Jestetten abgeknöpft hatte.
Jetzt will Eurocard/Mastercard Time-Sharing-Opfer generell besser schützen:
- Eurocard/Mastercard hat beschlossen, ihre interne Regel auf Vermittlungsgebühren auszudehnen. Das gilt zwar offiziell erst ab Frühling 2003. Die Kartenorganisation ist aber schon heute bereit, solche Gebühren zurückzubelasten.
- Visa dürfte laut Branchen-Insidern bald nachziehen. Die Praxis gegenüber Time-Sharing-Vermittlern sei aber auch ohne Regeländerung «hart und sehr zugunsten der Karteninhaber», versichert Felix Oeschger vom UBS Card Center.
- American Express und Diners Club haben keine Verträge mit Time-Sharing-Vermittlern.
- Keine Chance auf eine Gutschrift hat, wer mit der EC-Karte zahlt. So wie das Ehepaar E. aus Zürich, das sich bei Viva Tours übertölpeln liess. Da bei EC-Karten keine Rückbelastungsmöglichkeit existiert, sind ihre 2000 Franken verloren.
Time-Sharing-Verträge: Machen Sie niemals eine Zahlung vor Ort!
Dutzende Leserzuschriften belegen: Diese Time-Sharing-Vermittler sind unseriös.
«Das sind schlimme Halsabschneider», sagt Werner Steuber, Vorstand der Schutzvereinigung für Auslandsgrundbesitz im deutschen Waldshut. Er meint damit die Firmen Viva Tours im deutschen Jestetten und Club Touristik in Olten; Letztere nennt sich auch Swiss Travel Club.
Beide vermitteln mit äusserst aggressiven Methoden Teilnutzungsrechte für Ferienwohnungen im Ausland, so genanntes «Time-Sharing». K-Tipp-Anfragen beantworten sie generell nicht. Die Firmen sind personell miteinander verflochten. So taucht der Name von Viva-Tours-Geschäftsführer Bruno Monticelli auch im Zusammenhang mit der Club Touristik auf. Dass Viva Tours etwas zu verbergen hat, zeigen interne Marketingunterlagen, wonach «Rechtsanwälte» und «Journalisten» als Kunden unerwünscht sind.
Neuerdings geht auch eine Firma Holiday Touristik im deutschen Gottmadingen in der Schweiz auf Kundenfang. Einiges deutet darauf hin, dass sie mit der gleichen Masche arbeitet. Die Firma bestreitet dies.
Wer sich für Time-Sharing interessiert, sollte folgende Tipps beachten:
- Lassen Sie sich nicht durch Gewinnversprechen zu einem Vertragsabschluss verleiten.
- Verlangen Sie, dass Sie die Unterlagen und Verträge mit nach Hause nehmen dürfen.
- Lassen Sie sich ein zehntägiges Rücktrittsrecht schriftlich bestätigen.
- Leisten Sie vor Ort keine Zahlung, weder mit Kredit- noch mit EC-Karte oder per Bankauftrag.
- Haben Sie unterschrieben und wollen aussteigen, kündigen Sie alle Verträge innert zehn Tagen per Einschreiben und schicken Sie der Kreditkartenfirma Kopien sämtlicher Unterlagen und der Einschreibebestätigung. Verlangen Sie, dass die Vermittlungsgebühr storniert wird.