Anfang 2013 behandelte der Zahnarzt Erwin Gerber (Name geändert) aus der Nordwestschweiz einen Patienten. «Der Eingriff verlief optimal», sagt Gerber. Der Patient aber war nicht zufrieden und weigerte sich, die Rechnung von Fr. 2182.20 zu zahlen. Nach zwei Mahnungen leitete Gerber gegen ihn die Betreibung ein. Der Patient erhob dagegen Rechtsvorschlag. Damit stoppte er die Betreibung. Gerber verfolgte die Sache nicht weiter. Er hatte keine Zeit, weil die Praxis renoviert wurde.
Gegenbetreibung als Druckmittel
Im Mai 2016 meldete sich der Patient mit einem Brief beim Zahnarzt. Gerber solle die Betreibung sofort löschen lassen, sonst werde er eine Gegenbetreibung einleiten. Gerber reagierte nicht. Im Juli erhielt er einen Zahlungsbefehl über Fr. 2182.20 – den gleichen Betrag, den ihm sein Patient schuldete. Das war eine typische Schikanebetreibung, die den Zahnarzt dazu bringen sollte, die Betreibung zurückzuziehen. Denn ein Eintrag im Betreibungsregister bleibt fünf Jahre lang für jedermann sichtbar – egal, ob die Forderung begründet ist oder nicht. Das kann zum Beispiel bei der Wohnungssuche Probleme geben.
Mit einer Feststellungsklage hätte der Zahnarzt den Mann dazu zwingen können, die Betreibung zu löschen. Das wäre jedoch mit hohen Kosten und Risiken verbunden gewesen (siehe unten). Also verzichtete der Zahnarzt auf eine Klage. Er war bereit, die fünf Jahre abzuwarten, bis der Eintrag nicht mehr im Betreibungsauszug erscheint.
Neue Regeln für alle Beteiligten
Die Warterei hat nun ein vorzeitiges Ende. Auf Anfang Januar wurde das Gesetz geändert. Betriebene können sich neu einfacher gegen unbegründete Registereinträge wehren. Die neue Regel gilt für alle Betreibungen – auch für solche, die bereits jetzt hängig sind. So funktionierts:
Wer eine Betreibung bekommt, muss innert zehn Tagen Rechtsvorschlag erheben. Danach wartet man drei Monate.
Anschliessend verlangt der Betriebene vom Betreibungsamt, dass es die Betreibung Dritten nicht mehr bekannt gibt. Das ist nur möglich, wenn der Gläubiger die Betreibung in der Zwischenzeit nicht ans Gericht weitergezogen hat. Für das Gesuch gibt es ein Formular, das man beim Betreibungsamt beziehen kann.
Der Betriebene muss die Kosten des Verfahrens übernehmen, eine Pauschalgebühr von 40 Franken. Diese muss man beim Betreibungsamt einzahlen.
Das Betreibungsamt fordert den Gläubiger daraufhin auf zu beweisen, dass er ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet hat. Dazu hat er 20 Tage Zeit.
Reicht der Gläubiger keine Beweise ein, gibt das Betreibungsamt die Betreibung Dritten nicht mehr bekannt. Sie erscheint nicht mehr im Betreibungsregisterauszug.
Falls der Gläubiger später doch noch ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags einleitet, erscheint die Betreibung wieder im Auszug und wird wieder Dritten bekannt gegeben.
Weitere Informationen liefert die Website des Bundesamtes für Justiz:
So gehen Sie bei einer Betreibung vor
Rechtsvorschlag und Beweismittel: Eine Betreibung stoppen Sie mit einem Rechtsvorschlag. Sie können jederzeit verlangen, dass der Gläubiger die Beweismittel für seine Forderung beim Betreibungsamt zur Einsicht auflegt. So können Sie die Forderung prüfen. Tut der Gläubiger das nicht, kann ihm das Gericht in einem späteren Verfahren die Kosten auferlegen – sogar wenn er das Verfahren gewinnt.
Bezahlen und Rückzug der Betreibung: Ist die Forderung berechtigt, schlagen Sie dem Gläubiger vor, dass Sie sofort zahlen (inklusive Verzugszins und Betreibungskosten). Im Gegenzug zieht der Gläubiger die Betreibung zurück. Ist er dazu bereit, lassen Sie sich das von ihm schriftlich bestätigen. Die Betreibung erscheint nicht mehr in Ihrem Betreibungsregisterauszug.
Feststellungsklage: Ist die Forderung nicht berechtigt, verlangen Sie vom Gläubiger, dass er die Betreibung zurückzieht. Weigert er sich, können Sie beim Gericht mit einer Klage feststellen lassen, dass die Schuld nicht besteht. Bei Erfolg können Sie die Betreibung löschen lassen. Für dieses Verfahren müssen Sie die Gerichtskosten vorschiessen. Der Vorschuss wird später mit den Gerichtskosten verrechnet, sogar wenn Sie den Prozess gewinnen. Sie müssen die Kosten aber später selber beim unterlegenen Beklagten einfordern.