Vier Zimmer, 116 Quadratmeter, in Zürich-Seebach für 800'000 Franken: Dieses verlockende Wohnungsangebot fand Micha Brunner auf dem Immobilienportal Homegate.ch. Der K-Tipp-Leser sucht für seine vierköpfige Familie seit langem eine Eigentumswohnung im Raum Zürich. Zu schön, um wahr zu sein, dachte Brunner – und behielt am Ende recht.
Die Wohnung auf Homegate kostete halb so viel wie die meisten anderen Objekte, die er in Inseraten gesehen hatte. Der durchschnittliche Marktpreis für Eigentumswohnungen mit 4 oder 4,5 Zimmern in Zürich liegt laut der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner bei über 2 Millionen Franken.
20'000 Franken Vorschuss verlangt
Brunner meldete sich über die im Inserat angegebene Kontaktadresse. Daraufhin erhielt er ein E-Mail einer angeblichen Immobilienmaklerin aus London. Die Besitzerin der Wohnung lebe im Ausland, schrieb die Maklerin, und sie habe von ihr den Auftrag erhalten, die Immobilie zu verkaufen. Auf das Inserat hätten sich sehr viele Leute gemeldet. Brunner könne die Wohnung als Erster besichtigen, wenn er eine Kopie seiner ID oder seines Passes schicke und als Vorschuss 20'000 Franken überweise. Das Geld erhalte er zurück, wenn es nicht zum Kauf komme. Brunner ging nicht darauf ein. Die Maklerin brach den Kontakt ab.
Solche Inserate sind Teil einer erfolgreichen Betrugsmasche: In den Jahren 2021 und 2022 verfolgte die Polizei in der Schweiz laut der Schweizerischen Kriminalstatistik 950 solcher Fälle. Die Inserate erschienen auf grossen Immobilienportalen wie Comparis, Homegate und Immoscout.
Die Betrüger gehen professionell vor: Sie schicken einen Vertragsentwurf und verweisen für weitere Informationen auf die Internetseite einer angeblich britischen Immobilienfirma. Dort finden sich Unterlagen zur Wohnung und die Aussenaufnahme eines Gebäudes. Auf der Internetseite erscheinen auch zahlreiche angebliche Mitarbeiter mit Namen und Bild.
Adresse falsch, Firma nicht registriert
Unter der Londoner Adresse, die auf der Website angegeben ist, ist keine solche Firma registriert. Die Fotos der Mitarbeiter stammen von anderen Internetseiten. Die IP-Adresse der Website und die E-Mail-Adresse führen nach Litauen und Zypern. Die Bank, die für die Zahlungsabwicklung zuständig ist, hat ihren Sitz in Spanien.
Laut Kantonspolizei Zürich befinden sich die Urheber solcher Betrugsversuche oft im Ausland. Entsprechend ist die Aufklärungsquote mit 5,1 Prozent gering: Von den 950 Fällen, bei denen es zu einer Anzeige kam, konnten nur 50 aufgeklärt werden. 37 Beschuldigte müssen sich vor Gericht verantworten.
Homegate erklärt, nur ein «verschwindend geringer Prozentsatz» von betrügerischen Inseraten schaffe es, durch sein «umfangreiches Sicherheitsnetz zu schlüpfen».
Tipps gegen Immobilienbetrüger
- Betrüger kopieren oft Inserate von anderen Portalen. Geben Sie die Adresse der Immobilie bei Google ein. Finden Sie diese auf einer anderen Plattform mit anderem Anbieter, ist das ein Hinweis darauf, dass Betrüger am Werk sind.
- Nie im Voraus Geld überweisen, um eine Wohnung besichtigen zu dürfen.
- Auf keinen Fall eine Kopie der ID oder des Passes schicken.
- Bei Verdacht auf Betrug Kontakt zu Tätern abbrechen.
- Wer Geld überwiesen hat: sofort die Bank oder die Kreditkartenfirma kontaktieren. So ist die Zahlung vielleicht noch zu stoppen.
- Das Inserat der Polizei melden. Die Kantonspolizei Zürich nimmt unter Cybercrimepolice.ch Meldungen entgegen und bemüht sich, betrügerische Inserate und Internetseiten so schnell wie möglich zu sperren.
- Betrügerische Inserate sofort dem Immobilienportal melden.