Einen einsamen Rekord dürfte K-Tipp-Leser Peter Nöthiger aus Birrwil AG halten: Nicht weniger als 21 Spendenaufrufe trudelten in den vergangenen Wochen bei ihm ein. Nicht alles passt ins Altpapier. Hilfswerke legen gerne kleine Geschenke bei, um Herz und Portemonnaie von potenziellen Spendern zu öffnen.
Das Kinderspital Zürich zum Beispiel schickt einen als Spritze getarnten Kugelschreiber aus Plastik. Swissaid offeriert eine Miniseife und die Krebsliga Büroklammern mit Glöckchen. Bei den Empfängern wächst der Berg von Krimskrams – und das schlechte Gewissen. Katharina Becker, Verhaltenspsychologin an der Universität Zürich, sagt: «Als Empfänger einer Gefälligkeit steht man unter Druck, diese zu erwidern. Und dabei überschreitet man in aller Regel den Wert der Gefälligkeit. Man spendet also mehr, als das Geschenk wert ist.»
Das Kinderspital Zürich zahlte pro Kugelschreiber gemäss eigenen Angaben 19,5 Rappen und zählt auf die Neugierde. «Wenn man merkt, dass etwas in einem Brief ist, öffnet man ihn vielleicht eher», sagt ein Sprecher. «Das vergrössert die Chance, dass unsere Botschaft gelesen wird» – und eine Spende auslöst.
Geschenke versetzen in Spendierlaune
Helvetas investierte dieses Jahr 40 000 Franken in 80 000 Taschenmesserchen. Das Stück kostete im Einkauf 50 Rappen. Ein geringer Einsatz, der aber die Spendenhöhe verdopple, sagt Helvetas.
Pro Infirmis verschickte in diesem Jahr unter anderem kleine Notizblöcke mit Kugelschreibern. Der Spendenrücklauf betrage bei Briefen ohne Geschenk 2 Prozent, mit Geschenk 10 Prozent.
Was aber sollen die Empfänger mit dem mehr oder weniger nützlichen Krimskrams tun? K-Tipp-Leser Nöthiger berücksichtigt stets die gleichen vier Organisationen und schickt den Rest zurück, zusammen mit einem handgeschriebenen Begleitbrief. Andere machen sich weniger Mühe. Sie schreiben einfach den Vermerk «Refusé» oder «Annahme verweigert» auf den ungeöffneten Umschlag und werfen ihn in den nächsten Briefkasten.
Bettelbriefflut lässt sich kaum stoppen
Swissaid beziffert die Retouren auf 5 Prozent und empfiehlt eine andere Methode: «Wer nicht spenden will, soll das Geschenk einfach behalten und möglichst lange Freude daran haben.»
Die Flut an Bettelbriefen lässt sich kaum eindämmen. Denn wer einmal gespendet hat, bleibt jahrelang auf der Versandliste. Ein Anruf oder ein E-Mail genügt nach Angaben der Hilfswerke aber, um aus der Adesskartei gestrichen zu werden.
Das nützt allerdings nichts bei Institutionen, die ihre Spendenaufrufe unadressiert versenden. Die Behindertenstiftung Denk an mich oder Terre des Hommes etwa kleben ihre Aufrufe jetzt auf ein Stück Karton und lassen sie in alle Briefkästen verteilen. Immerhin lassen sich diese Sendungen einfach mit der Kartonsammlung entsorgen. Ganz ohne schlechtes Gewissen.