Bunt oder unauffällig schwarz und weiss: In vielen Städten stehen neuerdings massenweise Velos zum Ausleihen bereit. Das Prinzip nennt sich Bikesharing. Es ist einfach und nützlich: Wer schnell einkaufen muss oder eine Stadt als Tourist «erfahren» will, nimmt sich das nächste freie Velo. Die Fahrräder stehen auf öffentlichen Plätzen und können rund um die Uhr benützt werden.
Velos zufällig ausgewählt und 10 Kilometer gefahren
Die Ausleihe ist unkompliziert, es braucht dazu aber ein Handy. Dann die App des Veloverleihers herunterladen, auf der App-Karte das nächste Velo in der Umgebung aufstöbern, elektronisch entsperren – und los gehts. Die Apps sind gratis. Für die Bezahlung benötigt man eine Kreditkarte. Die Kosten bewegen sich zwischen Fr. 1.– und Fr. 7.50 pro halbe Stunde.
So weit die Theorie. Ob und wie das Bikesharing in der Praxis funktioniert, hat der K-Tipp während einer Woche in verschiedenen Städten ausprobiert, mit Velos von Limebike, Nextbike, Obike, Publibike und Smide. Mit den Velos wurden mindestens 10 Kilometer gefahren. Zudem wurden Anmeldung, Auffindbarkeit, Velozustand, Rückgabe und Tarife verglichen.
Das Resultat: Wer spontan ein Velo braucht, findet es problemlos. Es stehen genügend Velos zur Verfügung, und sie sind einfach zu finden: Jede App zeigt auf der Karte den eigenen Standort und denjenigen der nächstgelegenen Velos an.
Das elektronische Entsperren klappte in den meisten Fällen auf Anhieb – egal, ob man einen Code auf dem Velo scannen oder eine Velonummer eingeben musste. Obike-Velos hinterliessen auf den Testfahrten den schlechtesten Eindruck. Die Rahmen sind klein. Auch wenn der Sattel auf die maximale Höhe eingestellt wird, muss ein 1,75 Meer grosser Fahrer mit angezogenen Knien in die Pedalen treten. Zudem gab es Probleme mit blockierenden Bremsen.
Die besten Velos bietet Smide: Die schnellen Stromer-E-Bikes sind technisch einwandfrei und in zwei Grössen verfügbar. Jedes Velo hat zudem eine Sattelabdeckung, in der zugleich ein Helm steckt. Smide verlangt allerdings mit Fr. 7.50 pro halbe Stunde am meisten.
So vermeiden Sie unnötige Kosten
Benutzer sollten das Velo vor der Fahrt auf Schäden überprüfen. Achten Sie vor allem auf Bremsen, Licht, Schaltung und Pneus. Melden Sie Schäden sofort dem Verleiher. Sonst kann man Ihnen den Defekt belasten. Die Kunden sind beim Veloverleiher in der Regel nicht umfassend gegen Unfall, Schadenersatz oder Diebstahl versichert. Die private Haftpflichtversicherung deckt aber auch das Velo-Sharing. Eine Haftpflichtversicherung ist somit zu empfehlen. Normal ist ein Selbstbehalt von 200 Franken. Höhere und tiefere Selbstbehalte sind möglich. Ausnahme: E-Bikes, die schneller als 25 Stundenkilometer fahren können, müssen obligatorisch haftpflichtversichert sein. Die E-Bikes von Smide sind daher vom Vermieter gegen Schadenersatz versichert.
Der Anbieter verleiht E-Bikes. Sie sind mit einer Tretunterstützung von 35 km/h ausgestattet. Bei der Registrierung auf der Website ist die Kopie des Auto-Fahrausweises nötig.
Ausleihort: Zürich, 200 Velos.
So gehts: Jedes Velo hat eine Nummer. Diese muss in der Smide-App eingegeben werden, um das Velo zu entsperren.
Am Ende der Fahrt wird das Velo über die App automatisch abgeschlossen. Man kann es irgendwo in der Stadt abstellen.
Preis für 30 Minuten: Fr. 7.50. Abrechnung pro Minute: 25 Rp. Bezahlung mit Kreditkarte.
+Auffinden und Ausleihe sind einfach und schnell
+Beste Schaltung und Bremsen im Vergleich
+Sattelhöhe lässt sich hydraulisch per Hebeldruck einstellen
+Die unterschiedlichen Rahmengrössen werden schon in der App angezeigt
–Teuer
Urteil: Praktisch und schnell.
Der Veloverleiher wird in der Schweiz durch die Caritas Luzern betrieben. Arbeitslose führen Unterhalts- und Servicearbeiten aus. Vermietet werden graue Citybikes. Die älteren Modelle sind Dreigänger, die neueren Sieben- oder Achtgänger.
Ausleihorte: Luzern, Sursee LU, Kriens LU, Horw LU, Hergiswil NW, Stans und Stansstad NW. 1000 Velos.
So gehts: Entweder gibt man die Radnummer ein oder scannt den Code, der sich auf dem Gepäckträger befindet. Dann erhält man einen Code zugeschickt, mit dem man das Schloss von Hand öffnen kann. Die Velos müssen an Nextbike-Stationen zurückgegeben werden. Die App bestätigt die Rückgabe.
Preis für 30 Minuten: Fr. 2.–. Abgerechnet wird nur pro Stunde: Fr. 2.–. Für Einwohner gratis in Luzern, Sursee, Horw, Hergiswil, Stans, Stansstad.
+Stationen gut markiert
+Sehr viele Stationen
+Günstig
–Längere Steigungen trotz mehreren Gängen streng
–Schaltung funktioniert teils nur mässig
Urteil: Angenehm zu fahren; für längere Steigungen ungeeignet.
Das US-Bikesharing-Angebot kommt aus dem Silicon Valley. Vermietet werden gelb-grüne Citybikes mit drei Gängen.
Ausleihort: Zürich, 400 Velos.
So gehts: Der Nutzungs-Code befindet sich am Velo. Diesen per App einlesen, das Velo wird entsperrt. Bei der Rückgabe genügt es, das Schloss von Hand zu schliessen. Das Velo kann überall in der Stadt abgestellt werden.
Preis für 30 Minuten: Fr. 1.–.
Abrechnung pro halbe Stunde.
+Hohe Anzahl Velos und auffällig
+Sattelhöhe auch für grössere Personen (über 180 cm) gut einstellbar
+Bremsen funktionieren gut
–Leichtester Gang zu schwer für längere Steigungen
–Teils unpräzise Schaltung
Urteil: Bestes Preis-LeistungsVerhältnis; weniger gut geeignet für längere Steigungen. Verwirrendes Abrechnungssystem, einzelne Fahrten wurden nicht abgerechnet.
Die Firma ist eine Tochtergesellschaft von Postauto. Vermietet werden E-Bikes und Cityvelos.
Ausleihort: Zürich, ab April: 30 Stationen mit je 250 Velos und E-Bikes. Die Elektrovelos haben eine Tretunterstützung von 25 km/h. Die Velos müssen an den Stationen abgeholt und wieder abgestellt werden.
So gehts: Das elektronische Veloschloss befindet sich hinter dem Sattel. Auf den Knopf drücken. Das Smartphone an das Display halten. Das Schloss öffnet sich. Rückgabe: Schloss von Hand schliessen genügt.
Preis für 30 Minuten: Beim Velo Fr. 3.–, jede zusätzliche Minute 15 Rappen. Beim E-Bike
Fr. 4.50, jede zusätzliche Minute
23 Rappen.
+Auswahl zwischen zwei Velotypen
+Angenehmes Fahren, wendig
+Sehr gute Bremsen und solide Schaltung
–Verwirrend: Das vorne fest montierte Körbli dreht beim Lenken nicht mit
–Bei den E-Bikes greift die elektronische Hilfe erst ab einem bestimmten Tempo.
Urteil: Solange es geradeaus geht, genügen die vorhandenen Gänge bzw. die elektronische Hilfe. Sobald es aber länger aufwärtsgeht, wird es mühsam.
Die Firma aus Singapur betreibt Bikesharing in 15 Ländern in Asien, Australien und Europa. Vermietet werden grau-gelbe Citybikes ohne Gangschaltung.
Ausleihorte: Zürich 500 und Winterthur 150 Velos.
So gehts: Um das Velo zu entsperren, muss mit der App der auf dem Velo angebrachte Code eingelesen werden. Bei der Rückgabe genügt es, das Schloss von Hand zu schliessen. Das Velo kann überall in der Stadt abgestellt werden.
Preis für 30 Minuten: Fr. 1.50.
Abrechnung pro halbe Stunde.
+Günstig, gut sichtbar und in grosser Anzahl vorhanden
–Schwerer und kleiner Rahmen
–Nur ein Gang, schon für kurze Steigungen nicht geeignet
–Komplizierte und undurchsichtige Abrechnungsmethode, in vielen Fällen wurde die Fahrt nicht belastet
–Depot von 49 Franken, die Rückerstattung dauert bis zu drei Wochen.
Urteil: Für die Schweiz ungeeignete Velos, zum Teil unzuverlässige Rückgabe.
Wenn überhaupt, dann nur für kurze, ebene Strecken.