Der Aargauer Kurt Jäggi (Name geändert) betreibt seit zwei Jahren eine Internetseite zu Gesundheitsthemen. Dort rezensiert er Berichte, die er seinen Lesern empfehlen möchte. Neben einem Link zum Originalbericht stellte er jeweils auch das Hauptbild des Artikels auf seine Internetseite.
Anfang Jahr erhielt Jäggi Post von der Firma Picrights Europe mit Sitz in Adliswil ZH. Im Auftrag der Bildagentur Reuters verlangte Picrights 585 Franken von Jäggi – als «Entschädigung für die unerlaubte Nutzung» eines von ihm auf der Internetseite publizierten Fotos. Darauf zu sehen ist eine Gruppe von Leuten, die Dehnübungen machen. Jäggi löschte das Bild umgehend. Damit war es aber nicht getan. Picrights verlangte weiterhin Schadenersatz. Jäggi einigte sich mit Picrights schliesslich auf eine Entschädigung von 400 Franken.
Dieses aggressive Inkasso einiger Bildagenturen geht auf eine Gesetzesänderung des vergangenen Jahres zurück. Seit dem 1. April 2020 sind in der Schweiz neu sämtliche Fotos urheberrechtlich geschützt – egal ob sie künstlerisch wertvoll sind oder ob es sich um Schnappschüsse handelt (K-Tipp 6/2020). Zuvor durfte man alltägliche Bilder auch ohne Erlaubnis des Fotografen verwenden. Das gilt weiterhin für alle belanglosen Fotos, die vor dem 1. April 2020 auf einer Internetseite platziert wurden. Jäggi hatte sein Foto 2019 ins Internet gestellt. Aber das Bild ist so individuell und künstlerisch gestaltet, dass es schon damals urheberrechtlich geschützt war.
Die Erlaubnis des Urhebers ist nötig
Seit einem Jahr darf man keinerlei neue Bilder mehr auf einer Website verwenden, für die keine Erlaubnis des Urhebers eingeholt wurde. Ausgenommen sind nur Fotos, die ausdrücklich zum freien Gebrauch zur Verfügung gestellt werden (siehe Kasten). Sonst gilt generell: Hat jemand ein Bild ohne Erlaubnis des Urhebers verwendet, muss er Schadenersatz zahlen.
Kurt Jäggi ist kein Einzelfall: Mehrere K-Tipp-Leser erhielten von Picrights hohe Forderungen. Von einem Betroffenen verlangte die Agentur für die Verwendung eines Fotos auf seiner Firmenwebsite fast 1500 Franken. Sie einigten sich auf die Hälfte.
Die Höhe des Schadenersatzes für unerlaubte Veröffentlichungen von Bildern ist nicht festgelegt. Laut dem Berner Professor Cyrill Rigamonti stellen die Gerichte bisweilen auf die Empfehlungen für Bildhonorare der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bildagenturen und -archive (SAB) ab. Verwendet jemand wie Jäggi ein Bild redaktionell auf seiner Internetseite, empfiehlt die SAB eine Entschädigung von 80 bis 120 Franken für eine Zeitdauer von fünf Jahren. Die Höhe hängt von der Anzahl Besucher auf der Website ab. Ist die Bildquelle nicht angegeben, erfolgt ein Zuschlag von 50 Prozent. Kurt Jäggi hätte also nur 80 Franken plus 40 Franken für die fehlende Quellenangabe zahlen müssen.
Kommerzielle Nutzung ist teurer
Teurer wird es, wenn man ein Foto kommerziell nutzt und es zum Beispiel für Werbung oder die Bebilderung der Firmenwebsite verwendet. Die SAB empfiehlt dann:
- 180 Franken bis zu 1 Monat Nutzungsdauer
- 230 Franken für 3 Monate
- 310 Franken für 6 Monate
- 330 Franken für 12 Monate
- 400 Franken für 24 Monate.
Auch hier erfolgt bei fehlender Quellenangabe ein Zuschlag von 50 Prozent. Bei Luftbildaufnahmen ist ein Zuschlag von 100 Prozent vorgesehen. Picrights verlangt laut Geschäftsführer Alfred Höfinger stets die Preise, welche die Agentur bei einem Verkauf der Bildrechte verlangt hätte.
Zum freien Gebrauch
Für die eigene Internetseite findet man hier kostenlose Bilder: