Stefan Meierhans ärgert sich über die Diskussionen der vergangenen Wochen zu einer möglichen Erhöhung des Generalabo-Preises. Denn diese Diskussionen würden die Sicht auf das «eigentliche Gebot der Stunde» verstellen: Tarifsenkungen. Deshalb hat er vor zwei Wochen den Bericht «Warum es Tarifsenkungen im ÖV ab 2021 geben muss» publiziert. Darin kritisiert Meierhans die hohen Gewinne, welche die SBB im Fernverkehr erzielen.
Tatsächlich steigen diese stetig an: 2014 betrug der Gewinn noch 104 Millionen Franken. 2017 waren es schon 178 Millionen Franken. Und vergangenes Jahr mit 176 Millionen Franken fast gleich viel.
Die SBB dürfen zwar laut Preisüberwachungsgesetz durchaus einen «angemessenen Gewinn» erwirtschaften. Doch in den vergangenen Jahren häuften sie laut Preisüberwacher mit den Gewinnen aus dem Fernverkehr Reserven von 1,5 Milliarden Franken an.
Meierhans findet, die Preise seien nicht nur im Fernverkehr zu hoch, sondern auch im defizitären Regionalverkehr. Doch stellte er fest: «Die Kantone bieten kaum Hand zu Tarifreduktionen.» Das zeigte sich schon, als sich die meisten Tarifverbunde weigerten, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 8 auf 7,7 Prozent weiterzugeben.
Der Preisüberwacher ortet bei diesen Verbunden ein weiteres Problem: Einst für die grossen Städte und deren Vororte gedacht, wuchern sie in alle Richtungen und überlappen sich inzwischen. So erstreckt sich der Tarifverbund Ostschweiz von Schaffhausen über den liechtensteinischen Hauptort Vaduz bis zum Urnerboden.
Tarifverbund: Nachteile für die Passagiere
Das führt dazu, dass immer mehr Zugstrecken vollständig in Tarifverbundgebieten liegen. Für Passagiere hat das zwei Nachteile:
Die Billette sind teuer. Denn sie gelten für alle Verkehrsmittel – Bahn, Bus, Schiff, Seilbahnen. Doch die meisten Leute wollen nur von Bahnhof zu Bahnhof fahren.
Sparbillette sind nicht erhältlich, wenn eine Zugstrecke vollständig in einem Tarifverbund liegt.
Angesichts der Riesengewinne im Fernverkehr und der steigenden Kostenbeteiligung der Passagiere im Regionalverkehr stellt Meierhans fest: Die letzten Tariferhöhungen seien «zu hoch dimensioniert» gewesen. Mit den Erhöhungen hätten die Kunden sogar noch «den Postautoskandal und die Rückzahlungen der BLS mitfinanziert». Für ihn ist die Zeit gekommen, «Tarifsenkungen im gesamten ÖV umzusetzen».
Einfach wird das nicht, wie eine Studie des Instituts für Wirtschafts- und Sozialforschung MIS-Trend zeigt. Das Institut befragte 1400 Normalbürger und 400 einflussreiche Leute aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft zum Preis-Leistungs-Verhältnis im öffentlichen Verkehr. Von den Normalbürgern fanden es nur 37 Prozent ausgezeichnet oder gut. Bei den einflussreichen Leuten waren doppelt so viele zufrieden. Und leider sind sie es, die über Preissenkungen entscheiden werden.
So absurd sind einige ÖV-Tarife
In seinem Bericht (siehe oben) zeigt Preisüberwacher Stefan Meierhans anhand von Beispielen, wie absurd gewisse Tarife im öffentlichen Verkehr sind.
Zone 14: Anfang Juni hat der Tarifverbund Nordwestschweiz zwischen der Stadt Basel und dem Flughafen die Zone 14 geschaffen. In der Zone 14 hat es keine einzige Haltestelle. Einziger Zweck der neuen Zone: Die Fahrt zu verteuern. So kostet ein normales Einfach-Billett neu Fr. 6.10 statt. 4.70. Aufschlag: 30 Prozent.
Eine Zone: Wer nur innerhalb einer Zone unterwegs ist, zahlt in einigen Tarifverbunden trotzdem ein Billett für zwei Zonen. Zum Beispiel im Zürcher Verkehrsverbund ZVV und im Berner Tarifverbund Libero. Zweck: Mehreinnahmen.
Halbtaxabo: Es berechtigt eigentlich zur Fahrt zum halben Preis. Doch in den Tarifverbunden gilt das nicht. Beispiel Kurzstrecke im Berner Tarifverbund Libero: Ohne Halbtax kostet das Billett Fr. 2.60, mit Halbtax Fr. 2.–. Die Reduktion beträgt nicht 50, sondern bloss 23 Prozent.
Unterschiede: Ein Billett von Uhwiesen Kapelle ZH nach Feuerthalen Stumpenboden ZH können Reisende beim Tarifverbund Ostwind oder beim ZVV kaufen. Im ersten Fall kostet das Billett Fr. 4.80, beim ZVV Fr. 4.40. Mit Halbtax ist es umgekehrt. Da ist das Ostwind-Billett günstiger.
Streckenbillette: Die Fahrt von Mühlau AG nach Sins AG dauert 4 Minuten. Mit Halbtax und A-Welle-Billett kostet sie Fr. 2.80. Die Fahrt von Mühlau über Sins hinaus bis nach Rotkreuz ZG dauert drei Mal so lange. Aber das Billett kostet nur Fr. 2.20. Denn es handelt sich nicht um ein Zonen-, sondern um ein Streckenbillett.
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So absurd sind einige ÖV-Tarife
Ein einfaches Billett Weinfelden-Flughafen, also ein Z-Pass mit den Zonen 120 121 122 163 921 922 923 924 kostet 23.60. Löse ich aber zwei einfache Billette, nämlich einen Z-Pass für die Zonen 120 121 122 163 921 und ein Ostwindbillett für die Zonen 922 923 924 so kostet dies zusammen nur CHF 21.60! Also spare ich mit zwei einzelnen Billetten 2 Franken gegenüber dem einem Billett. Aufpassen muss man in diesem Beispiel nur, dass der Zug in Frauenfeld einen fahrplanmässigen Halt hat (aber das haben alle auf der Strecke Weinfelden Flughafen).
Prüfenswertes Zonensystem Passepartout Luzern
Als Pendlerin von Hochdorf nach Emmenbrücke bezahle ich den ganzen ÖV-Service der Stadt Luzern bis weit über die Stadtgrenzen (Grosszone 10) hinaus mit obwohl ich am Rand aussteige. Dies hatte bei der Einführung im 2014 oder 2015 einen Preisanstieg von rund einem Drittel zur Folge. Auch wenn man den Service definitiv nie nutzt, zahlt man dafür, dass man ihn nutzen könnte. Das ärgert mich immer wenn ich dran denke. Nur kann man nichts dagegen unternehmen und wird nur abgewimmelt.