Rund 377 000 blinde und sehbehinderte Menschen leben in der Schweiz. Das ergab eine Studie, die der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen im vergangenen Jahr veröffentlichte. Der Verein ist die Dachorganisation des Sehbehindertenwesens mit 65 angeschlossenen Mitgliederorganisationen.
Der Zentralverein verkauft rund 600 verschiedene Hilfsmittel, die das Leben der Betroffenen erleichtern sollen – «zu fairen Preisen», wie die Blindenorganisation auf ihrer Website schreibt. Doch die Preise sind alles andere als fair. Vier typische Beispiele, mehrwertsteuerbereinigt:
• Schreibmaschine «Eurotype»
Die Blindenschreibmaschine «Eurotype» kostet beim Zentralverein 2801 Franken. K-Tipp-Recherchen zeigen: Hersteller Brailletec in Marburg (D) liefert an Privatpersonen in die Schweiz die genau gleiche Maschine für umgerechnet 1593 Franken. Schweiz-Zuschlag: 76 Prozent.
• Lasergriff für Blindenstock
Der Laserlangstock der Firma Vistac in Teltow (D) erkennt Hindernisse. Er kostet beim Zentralverein Fr. 3275.80. Der Laserstock wird in Deutschland vom Deutschen Hilfsmittelvertrieb verkauft, und zwar zum Preis von umgerechnet 1836 Franken. Schweiz-Zuschlag: 78,4 Prozent.
• Sprechende Küchen-Waage «Heidi»
Sie kostet im Vereins-Shop Fr. 145.80. Dieses Produkt wird durch die deutsche Marland vertrieben, eine Tochterfirma des Herstellers Caretec. Die Waage kostet da Fr. 74.90. Schweiz-Zuschlag: 95 Prozent.
• Farberkennungsgerät «Color Star»
Preis Zentralverein: 610 Franken. Marland.eu verlangt umgerechnet rund Fr. 462.90. Schweiz-Zuschlag: 32 Prozent.
Gut zu wissen: Schweizer können auch den Laserstockgriff, das Farberkennungsgerät und die sprechende Waage direkt in Deutschland bestellen. Die Produkte werden zu den deutlich günstigeren Preisen auch an Privatpersonen in der Schweiz geliefert. Die Invalidenversicherung (IV) vergütet laut Bundesamt für Sozialversicherungen auch direkt in Deutschland bestellte IV-Hilfsmittel.
Der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen begründet den massiven Schweiz-Zuschlag gegenüber K-Tipp so: Zu den Einkaufspreisen für die Artikel kämen noch Kosten für Importzölle, Verkaufsberatungen, Materiallager sowie für «konsequente Marktbeobachtung».
Der Zentralverein hält nach eigener Darstellung für ausländische Produkte einen Aufschlag von 110 Prozent für gerechtfertigt, und für die Produkte, welche die IV zahlt – wie etwa die Schreibmaschine und der Laserstockgriff – einen Aufschlag von rund 80 Prozent.
Die Preisaufschläge sind der IV bekannt
Weiter erklärt der Zentralverein dem K-Tipp: «Unsere Preisberechnung ist im Detail der IV bekannt und ihr gegenüber transparent offengelegt.» Für die IV ist das Bundesamt für Sozialversicherungen zuständig. Es schreibt dem K-Tipp: «Inklusive Dienstleistungen, die der Verein mit den beschriebenen IV-Hilfsmitteln erbringt, scheint uns der genannte Faktor von rund 1,8 plausibel.» Das heisst: Das Bundesamt sieht im Zuschlag von 80 Prozent kein Problem. Und zum Grossteil der überteuerten Produkte, welche die Sehbehinderten selber bezahlen müssen, erklärt es: «In diesen Bereich kann sich die IV nicht einmischen.»