Brockhaus tritt mit hartnäckigen Verkäufern auf

Verkäufer des deutschen Brockhaus-Verlags versuchen, Schweizer Kunden teure Buchverträge anzudrehen – mit raffinierten Tricks und falschen Behauptungen.

Inhalt

K-Tipp 04/2011

20.02.2011

Letzte Aktualisierung:
22.02.2011

Daniel Jaggi

Kostenpflichtiger Artikel

Melden Sie sich bitte an oder wählen Sie eines unserer Print- oder Online-Abos mit kostenloser Rechtsberatung und vielen weiteren Vorteilen.

Abo ab 8 Franken

Anmelden

Der Name Brockhaus steht für qualitativ hochstechende Lexika und für detailgetreue Nachdrucke einzigartiger Bücher, sogenannte Faksimile. Seit mehreren Monaten fällt der Verlag aber vor allem mit zweifelhaften Verkaufsmethoden auf.

Das Ziel: den Schweizer Kunden teure Buchverträge aufzuschwatzen. Dem K-Tipp sind mehrere Fälle bekannt. Das Vertrauen der Kunden erschlichen sich die deutschen Verkäufer mit einem Trick: Am Telefon behaupteten sie, es stünde ein Geschenk bereit.

Dieses würden sie in den nächsten Tagen persönlich übergeben. Einmal in der Wohnung, werden die Kunden dann in ein raffiniertes Verkaufsgespräch verwickelt.

Teure Lexikareihe aufgeschwatzt

Susanna Geisseler aus Zürich zum Beispiel unterschrieb am Schluss eines solchen Verkäuferbesuchs einen Abzahlungsvertrag für eine zwölfteilige Brockhaus-Lexikareihe für 4103 Franken. Weil Geisseler in Raten zahlen wollte, stieg der Gesamtpreis schliesslich auf 4875 Franken.

Zwei Stunden lang sei sie vom Verkäufer bearbeitet worden, erinnert sie sich. «Dabei behauptete er immer wieder, mit meiner vor Jahren gemachten Unterschrift für eine andere Lexikareihe hätte ich mich verpflichtet, auch alle neuen Bände zu kaufen.»

Das stimmt nicht, wie der Blick in den alten Vertrag zeigt. Geisseler wusste das nicht und befürchtete rechtliche Konsequenzen.

Falsche Angaben der Verkäufer

Rudolf Lanner (Name geändert) aus Neuenhof AG unterschrieb sogar einen Abzahlungsvertrag über 15 303 Franken. «Die beiden deutschen Verkäufer behaupteten, ich müsse die Grosse Brockhaus-Chronik kaufen, sonst sei mein vor zwei Jahren beim gleichen Verlag für 5400 Franken gekauftes Stundenbuch wertlos.»

Auch das ist falsch: Die Chronik steht in keinem Zusammenhang mit dem Stundenbuch. Bei Brockhaus ist man überrascht von diesem Sachverhalt. Der Verlagssprecher Gernot Wolf sagt: «Diese Verhaltensweise widerspricht unseren Verhaltensstandards grundlegend.»

Er versichert, die Vorwürfe «umgehend zu prüfen» und allenfalls «entsprechende Konsequenzen» zu ziehen. Auf Antrag von Geisseler und Lanner hat sich der Verlag denn auch bereit erklärt, die Verträge aufzulösen.

Übrigens: Das versprochene Geschenk war lediglich ein mit «Zertifikat» überschriebener A4-Zettel. Es bestätigt einzig, dass die bislang gekauften Bücher nur bei Brockhaus erhältlich seien. Der Kommentar von Susanna Geisseler: «Völlig wertlos!»

Abzahlungsverträge: Das müssen Sie wissen

Zahlt man in Raten mehr als bei Barzahlung, kommt das Konsumkreditgesetz zum Tragen. Grundsätzlich gilt:

Der Verkäufer muss belegen, dass er vor Abschluss des Vertrages die Kreditfähigkeit des Kunden überprüft hat. Jemand gilt als kreditfähig, wenn er die gesamte Summe innert 36 Monaten bezahlen könnte, ohne dabei sein betreibungsrechtliches Existenzminimum anzugreifen.
Der Verkäufer muss bei Ratenzahlung zudem gewisse Formvorschriften einhalten. Im schriftlichen Vertrag müssen der Barzahlungspreis, der tatsächlich zu bezahlende Preis sowie der effektive Jahreszins stehen. Zudem ist auf das siebentägige Widerrufsrecht hinzuweisen. Ansonsten ist der Vertrag ungültig.

Ausnahmen:

Es geht um weniger als 500 oder um mehr als 80 000 Franken.
Der Kaufpreis ist innert höchstens drei Monaten oder in nicht mehr als vier Raten innert höchstens zwölf Monaten zu zahlen.

Bitte aktivieren Sie Javascript um diese Seite optimal nutzen zu können.

Inhalt

Kostenpflichtiger Artikel

Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Medienrecht für die Praxis

Vorsorgepaket

So sind Sie richtig versichert