Die Firma Direct Inkasso ist den K-Tipp-Leserinnen und -Lesern bekannt. Sie treibt Geld ein für Anzeigefirmen, die ihre Opfer mit dubiosen Methoden zur Unterschrift für Inserateverträge verleiten. Der K-Tipp berichtete darüber unter dem Titel «Inkasso für Betrügerbanden» (Ausgabe 19/2010).
Von solcher Kritik lässt sich die Direct Inkasso in Wohlen AG nicht beeindrucken. Jetzt macht sie das Inkasso für Firmen, die selbst aus der Sicht der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug betrügerisch vorgegangen sind, um bei Gewerblern zu Unterschriften zu kommen.
In einer Verfügung der Staatsanwaltschaft ist detailliert nachzulesen, mit welchem «Betrugskonstrukt» die Täter vorgingen: Sie riefen Gewerbler an und behaupteten fälschlicherweise, es bestehe ein aktueller Vertrag für eine Anzeigenwerbung in einer «Bürgerbroschüre». Diese Behauptung wurde durch ein Fax untermauert.
Gewerbler wurdengetäuscht
Dann sagten die Telefonverkäufer, der Empfänger müsse das Faxformular unterschreiben, um den laufenden Vertrag zu stoppen. Nur in «winziger Schrift» und «fast unleserlich» sei aus dem Papier hervorgegangen, dass es sich in Tat und Wahrheit um einen neuen Vertrag handelte. Zudem hätten die Anrufer zur Eile gemahnt.
Fazit der Staatsanwaltschaft: «Die Geschädigten befanden sich aufgrund der Täuschung in einem Irrtum darüber, was sie mit ihrer Unterschrift erklärten.» Es sei «verständlich», dass die Opfer auf diesen «gewerbsmässigen Betrug» hereingefallen seien.
Über die Täter kann die Staatsanwaltschaft nichts Genaues sagen. Die «unbekannten Hintermänner dieses Betrugsnetzes» würden sich meist in Deutschland aufhalten und seien Teil eines internationalen Netzwerks. Das Netzwerk hatte aber Helfershelfer in der Schweiz – insbesondere Robert Kaltenhofer aus Dierikon LU. Er sei als «Treuhänder und Domizilgeber» eingesprungen, sagt die Staatsanwaltschaft. Und er sass im Verwaltungsrat von Schweizer Firmen, mit denen die Täter operierten. Diese Firmen hiessen Mediaprint NT, Trend Media Regional sowie SM Swiss Motion. Sie sind inzwischen alle in Liquidation.
Dennoch wird sich Kaltenhofer nicht vor Gericht verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss, er habe «mutmasslich keine Entscheidungskompetenzen gehabt», es könne ihm nicht nachgewiesen werden, dass er am «Betrugskonstrukt» aktiv beteiligt war.
Direct Inkasso macht trotzdem weiter
Kaltenhofer hat die Fragen des K-Tipp nicht beantwortet. Sein Anwalt, Beat Widmer aus Reinach AG, verweigerte das Gespräch mit der Bemerkung, er sei kein Freund des K-Tipp. Widmer war früher Verwaltungsrat einer Firma, die ebenfalls Inserate an Gewerbler verkaufte – und über die beim K-Tipp ebenfalls Reklamationen eingingen.
Bleibt die Frage: Warum fordert die Direct Inkasso Geld von Leuten, die laut Staatsanwaltschaft mit «betrügerischen Handlungen» zur Unterschrift verleitet wurden? Auf diese Frage des K-Tipp kam vom verantwortlichen Deutschen Michael Blume aus Rüdesheim keine Antwort. Blume versucht aber weiterhin, von Opfern, die damals nicht zahlten, Geld zu bekommen – sogar mit Betreibungen.
«Kein taugliches Werbeobjekt»
Die Staatsanwaltschaft Zug äussert sich auch zur Qualität der Werbemedien. Denn zum Teil haben die Firmen SM Swiss Motion und Trend Media Regional tatsächlich Schweizer Landkarten produziert, auf denen getäuschte Gewerbler mit ihren Inseraten präsent waren (siehe Abbildung).
Die Staatsanwaltschaft Zug schreibt aber, die Karten seien «kein taugliches Werbeobjekt», denn sie machten einen «qualitativ schlechten Eindruck» und die Geschädigten hätten für ihr Geld «eine offensichtlich unbrauchbare Leistung» erhalten.